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Tiefschlag

Tiefschlag

Titel: Tiefschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Himmel geöffnet hätte und die Hand Gottes oder des Teufels oder von einem seiner Jungs wäre zur Erde herabgekommen und hätte sie sich gegriffen und mitgenommen, aus seinem Fitneßcenter entfernt. Doch das passierte leider nicht, und was mußte Ben tun, Ben mußte sie anlächeln, denn sie war die Mutter vom Chef. Und er mußte ihr zuhören. Und er mußte so tun, als machte es ihm überhaupt nichts aus.
    «Nein, so was», sagte sie. Und sie nannte ihn Benjamin, was weder sein Name war, noch war er auf ihn getauft. Aber es hatte keinen Sinn, ihr das zu erzählen. «Nein, so was, Benjamin. Ich bin ja so froh, daß du hier bist. Ich habe da draußen schon eine Krise gekriegt, mit all diesen Päckchen, hab mich gefragt, wie ich die nur zu meinem Wagen schaffen soll. Dann dachte ich: Benjamin! Das Fitneßcenter! Und hier bin ich.» An dieser Stelle unterbrach sie sich, um ihm ein strahlendes Lächeln zu schenken, und sie drehte sich halb fort und schenkte das gleiche Lächeln kollektiv allen schweißglänzenden Kunden, die eigentlich an den Geräten trainieren sollten, aber aufgehört hatten, um diese sagenhafte Frau anzugaffen.
    Ben vermied es, jemanden anderen als sie anzusehen. Sie demütigte ihn. Seine Kunden wußten alle, daß er sie kannte und daß er ein Arschloch war. Er schaute auf, aber der Himmel blieb unempfänglich für sein Elend.
    «Ich habe ein riesiges Problem, Benjamin», fuhr Mama munter fort. «Ich bin jetzt hier, aber vor ungefähr zehn Minuten mußte ich eigentlich schon woanders gewesen sein. Deshalb würde ich jetzt gern, sofern es dir nicht zu viele Umstände macht, all diese Pakete hier bei dir lassen und dich dann bitten, wenn du nichts dagegen hast, sie mir später zu Hause vorbeizubringen. Es hat aber wirklich keine Eile, irgendwann die nächsten zwei Stunden.» Strahlendes Lächeln. «Ich wußte doch, daß es dir nichts ausmacht. Du bist ein echter Schatz.»
    Und sie ließ alle Päckchen und Tüten vor seine Füße fallen, machte auf dem Absatz kehrt und ging.
    Und Ben haßte sie.
    Sie redete und kleidete sich wie ein Mädchen, aber sie war keines. Sie war eine alte Braut. Die Jugend war ihr schon so lange eine Gewohnheit, daß sie es nicht ertragen konnte, sich von ihr zu trennen.
    Die Kunden warfen ihm schräge Blicke zu, aber den schlimmsten Teil dieses Morgens hatte er hinter sich. Die Heizung wurde repariert, und schließlich schien auch der Bursche an der Kasse dahinterzukommen, was er tun mußte, ohne jeden stocksauer zu machen. Tatsächlich wurde er sogar so gut, daß Ben sich schon fragte, ob er ihn nicht behalten und den anderen Burschen feuern sollte, der alle paar Wochen «persönliche Probleme» bekam.
    Vor dem Mittagessen holte er Gog aus dem Bett und überließ ihm die Verantwortung über den Laden, während er Mamas Pakete in den Wagen lud und zu Francos Haus fuhr. Sie war nicht da, also lieferte er sie bei Doc Squires ab, der im gleichen Haus wohnte, aber seine eigenen Zimmer hatte.
    Ben war froh, daß sie nicht da war. Er kam einfach nicht mit dieser Frau zurecht. Er mußte mit ihr zurechtkommen, weil sie die Mutter vom Chef war. Aber es war immer wieder ein Problem. Zum Beispiel mußte sie permanent auch noch den letzten Furz wissen. Sie mußte sich einfach in alles einmischen. Es war eher, als wäre Franco ihr Mann und nicht ihr Sohn. Sie war wie eine Ehefrau, die ständig um ihn herumflatterte. Sie kümmerte sich um die Bücher, erledigte die Buchführung tadellos. Sie sagte, Franco würde niemals überführt wie A1 Capone, würde nicht wegen Steuerbetrug hinter Gittern landen. Das konnte nicht passieren, weil sie für jeden einzelnen Penny Rechenschaft ablegen konnte, der hereinkam, und auch für jeden Penny, der hinausging.
    Wie Franco es mit ihr aushielt, das war es, was Ben einfach nicht kapierte. Einmal wollte Franco ausgehen, Ben konnte sich nicht mehr erinnern, wohin, aber da waren Franco und Ben und Gog und noch jemand, und sie standen im Flur von Francos Haus, wollten gerade durch die Tür. Und sie kam die Treppe runter. «Franco, Liebling. Du willst doch wohl nicht in diesem Hemd unter Menschen gehen.»
    Es war keine Frage gewesen. Es war keine Frage, die sie ihm stellte. Sie konstatierte es. Ben hätte jede Frau, überhaupt jeden, der so was zu ihm sagte, auf der Stelle erwürgt. Gar keine Frage. Aber was machte Franco? Er sagte: «Okay, meine Liebe. Wie konnte ich das nur vergessen.» Und er ging die Treppe rauf in sein Zimmer und zog sich ein frisches Hemd

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