Tiefschlag
Telefon geklingelt hat?» fragte Ben. «Entweder es klingelt, oder es klingelt nicht. Wenn’s geklingelt hätte, wäre ich rangegangen. Du gehst doch sowieso nie ans Telefon, weil kein Mensch Gogsprak versteht. Deshalb weiß ich ja auch, daß hier irgendwas nicht stimmt, Gog. Denn du hockst hier im Büro und schüttelst das Scheißtelefon, spielst verrückt und führst dich komisch auf und gehst mir gottverdammt auf die Eier.»
Gog ließ den Kopf hängen und fragte, was Ben dazu sagen würde, wenn er Flecken bekäme.
Aber Ben hatte die Schnauze voll. Der Tag war auch so schon beschissen genug gewesen. Es gab einfach zu vieles, worum er sich kümmern mußte. «Ich will nicht, daß du dich selbst bemitleidest, Gog. Ich will nicht, daß du mir die ganze verdammte Zeit nachrennst. Außerdem will ich nicht hier reinkommen und sehen, daß du das Scheißtelefon durchschüttelst und rumjammerst. Wir haben hier eine Menge Sachen zu erledigen, und du weißt genau, was das für Sachen sind. Setz jetzt sofort deinen Arsch in Bewegung und kümmere dich um diese Sachen, während ich mich um die Sachen kümmere, die ich hier drinnen im Büro zu erledigen habe. Okay?»
Gog sagte ja, das wäre schon okay. Und es täte ihm leid. Er ging in den Trainingsraum und erledigte seine Aufgaben. Als das Telefon klingelte, kam er nicht ins Büro. Er blieb im Trainingsraum. Er polierte die Geräte. Er sortierte die Gewichte. Als er alles getan hatte, was getan werden mußte, trainierte er ein bißchen auf der Bank, stemmte bis zu hundertdreizehn Kilo.
«Okay», sagte Ben. «Ich werd jetzt diesen Sam Turner anrufen. Willst du reinkommen und zuhören?»
Gog trocknete sich ab und folgte Ben ins Büro. Ben tippte die Nummer und hielt sich das Handy ans Ohr. Er lächelte Gog an, während er wartete, und Gog lächelte zurück. Sie hatten ihre Meinungsverschiedenheiten, aber sie waren Brüder. Sie liebten sich.
Die alte Lady nahm den Hörer ab. Ben hatte sie im Büro ein und aus gehen sehen. Er und Gog kannten jeden, der dieses Büro betrat oder verließ. Auch, wo sie wohnten. Detektive bespitzeln, nannten sie es.
«Geben Sie mir Sam Turner.»
«Wen darf ich bitte melden?» fragte die alte Dame.
«Such dir einen aus!» sagte Ben und zahlte es ihr heim, die gute Kinderstube in ihrem Ton, die kultivierte Stimme. Die Selbstgefälligkeit, die Arroganz, die Schwäche, die Dekadenz. «Gib ihn mir einfach.»
Sie tat es nicht sofort. Sie zögerte. Ben sah sie genau vor sich, wie sie am anderen Ende der Leitung ihre geschminkten Lippen schürzte und nach einer passenden Antwort suchte. Wahrscheinlich würde sie gleich sagen, daß er seine Manieren nicht vergessen sollte, irgend so ein Scheiß. Seien Sie nicht unverschämt, junger Mann.
Er kam ihr zuvor. «Laber keinen Scheiß, Lady. Wenn ich mit dir quatschen wollte, hätte ich den Friedhof angerufen. Stell mich jetzt zu Turner durch, und zwar sofort, andernfalls komm ich vorbei und zeig dir die Arschkarte.»
Das war’s dann. Sie legte den Hörer auf den Schreibtisch, und er hörte, wie sie Sam Turner etwas zurief. Man mußte ihnen nur kurz mit der Arschkarte drohen, und schon wurden diese Leute vernünftig.
«Sam Turner», meldete sich der Typ. Er hatte so eine Telefonstimme, die man immer wiedererkannte, wenn man sie einmal gehört hatte. Ben gefiel die Stimme nicht. Mochte überhaupt nichts an ihm. Ganz besonders gefiel ihm nicht, daß der Typ einfach den Hörer in die Hand nahm und sagte: Sam Turner.
«Wenn du in einem Büro arbeitest», sagte Ben, «wenn du in einem Büro arbeitest, solltest du eigentlich wissen, wie man telefoniert. Man sagt nicht einfach: Sam Turner, als wärst du die Queen oder die verfickte Königinmutter. Sam Turner am Apparat. Das könntest du sagen. Oder sonst irgendwas, es gibt da keine starren Regeln. Aber man sagt nicht einfach nur seinen Namen, wie der beschissene Jesus, Gott oder irgendwer.»
«Sam Turner am Apparat», sagte der Kerl und machte auf witzig. «Spreche ich mit dem Beratungsdienst der Handelskammer?»
«Hör zu, du Flachwichser. Du kümmerst dich um Sachen, die dich einen Scheißdreck angehen. Du stellst die falschen Fragen, und du stellst sie an den falschen Stellen. Ich weiß nicht, ob du weißt, was du machst, aber ich rate dir: Vergiß es wieder. Falls dir gefallen hat, was mit deinem Büro passiert ist... läßt sich durchaus arrangieren, daß es mit deinem Haus genauso läuft.»
«Mir war nicht klar, daß wir uns schon so nahe gekommen
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