Tiefschlag
Finger in die Kasse steckten oder überhaupt auf irgendeine Weise Scheiße bauten, dann waren es Ben und Gog, die sie sich vorknöpften. Oder wenn jemand, der nicht zur Organisation gehörte, vielleicht jemand aus einer anderen Organisation oder sogar ein Niemand, sagen wir mal, Franco auf irgendeine Weise verärgerte, oder Mama verärgerte, dann waren es ebenfalls Ben und Gog, die die Sache klären mußten.
Häufig war es jemand, der Mama geärgert hatte. Denn es lief so, daß Mama jemandem auf den Schlips trat, und dann ging sie zu Franco und sagte, sie sei verärgert, weil dieser Typ sie verärgert hätte, und dann rief Franco Ben und Gog.
In solchen Fällen ging es Franco darum, daß es dem Betreffenden wirklich richtig leid tat. Also lief es so, daß Ben oder Gog oder beide ihm ein paar Finger oder einen Arm oder ein Bein brachen. Für so was gab’s einen klar abgestuften Katalog. Es hing ganz vom Grad der Verärgerung ab. Manchmal mußte man überhaupt nichts brechen, vielleicht reichte schon eine kleine Verbrennung mit einer Zigarette, wenn’s eines der Mädchen war. Man mußte ihnen nicht das Gesicht verunstalten, nichts tun, was sie daran hindern könnte anzuschaffen. Einfach nur eine Nacht voller Schmerzen. Etwas, woran sie sich erinnern würde, wenn sie das nächste Mal daran dachte, sich was von den Einnahmen abzuzweigen.
Folterknechte. Eines Nachts, sie waren gerade damit beschäftigt, diesem Typen die beiden dicken Zehen zu brechen, war Ben dieses Wort in den Kopf gekommen. Er hatte es Gog gesagt. «Wir sind Folterknechte, Gog. Wie im Krieg. Oder im Kino. Wir foltern Leute.» Sie hatten über dem Kerl mit den Zehen gestanden, und er war ohnmächtig geworden, als sie ihm den zweiten brachen. Und Gog hatte gelächelt und sich einen Holzscheit und einen Hammer geholt. Und was sie dann machten, war folgendes, sie zogen dem Kerl die Hose runter, als er noch schlief, und sie legten seine Eier auf das Scheit. Und dann warteten sie, bis er aufwachte.
Und als der Kerl die Augen aufschlug, zeigte Gog ihm seine Eier auf dem Holzscheit, und dann zeigte er ihm den Hammer, und dann tat es dem Kerl wirklich ausgesprochen leid, daß er Mama geärgert hatte.
Die Lage im Fitneßcenter hatte sich beruhigt, als Ben zurückkehrte. Auf der Gasse warfen einige Typen Drogen ein. Normalerweise hätte Ben eingegriffen und sie vertrieben, aber er machte sich Sorgen um Gog, also ging er sofort hinein. Die Kids waren zwischen elf und achtzehn, und sie nahmen Anabolika, genau wie Ben und Gog, allerdings ohne ärztliche Überwachung. Durchaus möglich, daß sie das Fünf- bis Zehnfache der empfohlenen Dosis nahmen, und in der Regel mischten sie vier oder fünf verschiedene Produkte. Sie legten an Muskeln zu, gar keine Frage. Kurzfristig gesehen erreichten sie das gewünschte Ziel, aber langfristig betrachtet würden sie sich wahrscheinlich einen ganzen Rattenschwanz an Krankheiten einhandeln: Arterienverkalkung und eine vergrößerte Prostata. Außerdem brachten sie das Fitneßcenter in Verruf, wenn sie es auf der Straße konsumierten. Möglich, daß sich der eine oder andere Nachbar beschwerte, und dann würde die Polizei auftauchen. Ben mußte sich etwas einfallen lassen, damit sie abzwitscherten.
Gog sagte, die Kopfschmerzen seien weg. Aber die Weibertitten und die Akne hatte er immer noch, und er meinte auch, seine Eier würden schrumpeln. Er hatte einen irren Blick und Schwierigkeiten, den Speichel im Mund zu halten. Immer wieder tropfte ihm das Zeug übers Kinn, und er wischte es mit dem Handrücken weg.
Er folgte Ben überallhin, sagte nicht viel, sondern beobachtete alles, was Ben machte. Als Ben telefonierte, wurde Gog ganz aufgeregt und brummelte vor sich hin. Ben mußte ihn bitten, das Büro zu verlassen, damit er sich konzentrieren konnte.
Sobald das Telefon klingelte, kam Gog ins Büro galoppiert. Er nahm den Hörer nicht ab. Er ging nie ran, denn kein Mensch würde verstehen, was er sagte. Aber sobald es klingelte, kam er angelaufen. Er drückte sich in der Nähe herum, während Ben sich um den Anruf kümmerte, und später, als Ben im Trainingsraum war, um Handtücher zu wechseln, fand er Gog auf dem Stuhl im Büro vor, wo er den Telefonhörer schüttelte und hineinlauschte, als könnte womöglich jemand drinstecken.
«Was ist heute mit dir los?» frage Ben. «Du bist wie ’ne Katze auf einem heißen Blechdach.»
Gog sagte, er meinte, das Telefon hätte geklingelt.
«Wie kommst du drauf, daß das
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