Tiefschlag
ich ihn manchmal am Zaun der Schule gegenüber vom Minster stehen, und ich lese über ihn im hiesigen Käseblatt, wenn er wieder mal Geld für irgendeine löbliche Sache gespendet hat. Anscheinend liegt die Zeit in Manchester heute weit hinter ihm, er hat ein Vermögen verdient und ist so was wie ein Lokalmatador geworden. Aber die Katze läßt das Mausen nicht. Und jedesmal, wenn ich Franco sehe, denke ich an Cookie, und ich denke an Kitty. Und wenn ich in der Zeitung was über ihn lese, dann sehe ich in ihm alles andere als den ortsansässigen Wohltäter. Für mich ist er jemand, dem Kinder lieber sind als Frauen, und jemand, der ein grausamer Bastard ist.»
Eine ganze Weile schwieg Sam dann, und Geordie öffnete die Augen und setzte sich auf. «Hast du sie nicht gesucht?» fragte er. «Kitty. Sie kann sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben.»
Sam schüttelte den Kopf. «So was macht der Suff mit einem. Sie war nicht die einzige, die ich verloren habe. Ich habe immer weiter gesoffen, bis ich keinen einzigen Freund mehr auf dieser Welt hatte.»
«Mein Gott, Sam.»
«Da ist noch etwas, das ich gehört habe. Als ich sie suchte, hat mir eines der anderen Mädchen erzählt, daß Franco mit ihr einen Bullen erpreßt hatte. Einen Inspektor. Damals hieß es, es gebe keinen einzigen Bullen in der Stadt, der kein Geld von Franco nahm. Aber sie bekamen auch noch andere Vergünstigungen. Kitty war eine davon.» Er schwieg kurz, und als er fortfuhr, war seine Stimme leiser. «Die Sechziger hatten’s ihr angetan. Sie mochte Sex, aber der Sex mochte sie nicht. Sie wollte Zärtlichkeit, die sie jedoch nie bekommen hat.»
«Und Franco», sagte Geordie, «hat man ihm nie einen Riegel vorgeschoben? Hat er mal gesessen?»
Sam schüttelte den Kopf. «Er war unberührbar. Ist er anscheinend immer noch.»
«Hat er hier irgendwas laufen?»
«Die ersten Clubs hatte er hier. Aber keiner hielt sonderlich lange durch. Ich glaube nicht, daß er seitdem irgendwas Illegales gemacht hat. Er hält York sauber, will nicht, daß irgend etwas diesen Ort verschmutzt. In anderen Städten macht er alle mögliche Scheiße, aber nicht vor seiner eigenen Haustür. Franco ist ein waschechter Gangster. Da, wo er heute steht, ist er nicht hingekommen, weil er Tamburin gespielt hat.»
«Das ist eine Nummer zu groß für uns, Sam», sagte Geordie. «Der Typ ist so was wie der beschissene Pate. Wahrscheinlich ist er nicht mal vorbestraft, er hat seine Leute, die sich um alles kümmern, und wenn die in Drogen und Mädchen verwickelt sind, dann haben die ihre Schläger. Ich meine, bislang haben wir ihnen noch keinen echten Ärger gemacht, und schon haben sie unser Büro zu Kleinholz verarbeitet und dich zusammengeschlagen, sie haben den Volvo in den Fluß gesetzt und Marie und Celia bedroht. Sie haben sogar mich und Barney bedroht. Was werden die erst tun, wenn wir anfangen, ihnen wirklich in die Quere zu kommen?»
Sam schüttelte den Kopf. «Keine Ahnung», sagte er. «Aber ich schätze, wir werden’s herausfinden.»
«Scheiße, Sam. Soll das heißen, du machst weiter?»
«Ja. Ich kenne Frank, vergiß das nicht. Er hält sich ja vielleicht für ’ne große Nummer, und die Leute um ihn herum glauben wahrscheinlich, die Organisation sei unbesiegbar. Aber er ist Abschaum. Ich hätte ihm schon ein Ende machen sollen, als wir noch jünger waren. Hätte einer Menge Leute viel Kummer erspart. Aber es ist nie zu spät, etwas in Ordnung zu bringen.»
Nachdem Geordie in seine Wohnung gegangen war, spielte Sam auf seinem Tapedeck leise «Lay, Lady, Lay» und versuchte, über die Schottische Witwe nachzudenken. Aber Frank ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Der Typ wollte ein Italiener sein. Er hatte dunkles Haar und eine dunkle, ölige Haut, die einen an den Mittelmeerraum erinnerte, und der Namenswechsel von Frank zu Franco war nachvollziehbar. Es war Affektiertheit, klar, aber man konnte es verstehen, wenn man den Kerl kannte.
Ein größerer Sprung war der Namenswechsel von Squires zu Tampon. Sam wußte nicht, ob Tampon ein italienischer Familienname sein sollte. Falls dem so war, dann war es mit Sicherheit kein Name, den Sam schon mal irgendwo gehört hatte. Der einzige Tampon, den Sam kannte, war ein Hygieneprodukt für Frauen.
Vielleicht schämte er sich wegen dem Namen Squires. Sam zog vorbeitreibende Informationsfetzen aus der Vergangenheit an Land, Splitter und Bruchstücke. Da war irgendwas, daß Franks Vater Konkurs anmelden
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