Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
Chemosynthese?
Bei der Fotosynthese, so wurde es uns in der Schule beigebracht, wird mit Hilfe von Lichtenergie aus einem energiearmen Stoff ein energiereicher Stoff erzeugt. Anders ausgedrückt: Ohne Licht kein Leben auf unserem Planeten. Soweit die Schulmeinung – die grundlegend falsch ist. Natürlich stimmt es, dass die Fotosynthese für die meisten Lebewesen unserer Heimat Erde das Überleben sichern. Aber eben nicht für alle. In der Tiefsee, wo bekanntlich kein Lichtstrahl mehr hinreicht, wird genommen, was grade da ist. In einigen Fällen auch Schwefel, der an manchen hydrothermalen Quellen aus dem Erdinneren transportiert wird. Bei diesem Lebenskreislauf spielen Bakterien eine entscheidende Rolle, die in symbiotischer Gemeinschaft mit einigen Tiefseelebewesen wie Röhrenwürmern oder Muscheln leben. Die autrophen (aus dem altgriechischen: sich selbst ernährend) Bakterien ernähren sich vom Schwefel der Schwarzen und Weißen Raucher und produzieren mittels Chemosynthese, dem chemischen Pendant der Fotosynthese, Energie und Nahrung für ihre Wirte.
Wie ernähren sich Tiere der Tiefsee?
Was das Nahrungsangebot angeht ist die Tiefsee nicht wirklich ein Paradies, soviel kann man auf jeden Fall mal sagen. Alles, was in diese Tiefen gelangt, wird auch auf die ein oder andere Art in Nahrung umgewandelt – sei es giftiges Methan, das aus dem Erdinneren strömt und von Bakterien in Energie umgewandelt wird, oder Walkadaver, die zum Grund treiben und hier ein wahres Biotop entstehen lassen. Ein besonders findiges Tier konnten Wissenschaftler allerdings in der Karibik, vor der Küste Portugals und vor der Insel Elba im Mittelmeer entdecken: den Gürtelwurm Olavius algarvensis, benannt nach seiner ersten Fundstelle, der Algarve. Zwar ist dieser Wurm ein Flachwasserbewohner und der werte Leser wird sich zu Recht fragen, was ein solcher in einem Buch über die Tiefsee zu suchen hat – aber eine genauere Betrachtung gibt hier Aufschluss.
Der weiße, vielfach gewundene Wurm besitzt nämlich keine Mundöffnung, sondern ernährt sich ausschließlich von Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff und seinen eigenen Ausscheidungen. Behilflich sind ihm dabei Bakterien, die aus den Gasen Kohlenhydrate produzieren. Forschern des Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie in Bremen gelang es vor Kurzem, die in Symbiose lebenden Bakterien zu entschlüsseln. Zwei Schwefelbakterien (Gammaproteo-Bakterien) und zwei Sulfatreduzierer (Deltaproteo-Bakterien) verrichten gemeinsam ihre Arbeit in dem nur maximal 2,5 cm großen Wurm. Die Sulfatreduzierer produzieren nach Erkenntnis der Forscher reduzierte Schwefelverbindungen, die wiederum von den Schwefeloxidierern als Energiequelle verwendet werden. Die vier Symbionten füttern sich also gegenseitig. Giftige Stoffwechselendprodukte wie Harnstoff und Ammonium werden im Anschluss durch die Bakterien zersetzt und der wertvolle Stickstoff recycelt.
Da es auch in der Tiefsee eine Vielzahl an ähnlichen Bakterien gibt, darf man getrost davon ausgehen, dass diese Art Würmer nicht nur im Flachwasserbereich, sondern auch in weiten Gebieten der Weltmeere zu finden sind. Aufgrund der geringen Größe konnten bisher allerdings noch keine Artverwandten in größeren Tiefen nachgewiesen werden. Dennoch wird an dem Wurm intensiv geforscht. Was die Forscher des Max-Planck-Instituts nämlich brennend interessiert, ist die durch diese Symbiose entstandene, sich nahezu selbst erhaltende Biosphäre. Ein solches Modell, natürlich im größeren Maßstab, könnte bei längeren interplanetaren Raumfahrten, wie der geplanten Reise zum Mars, wichtige Nahrung produzieren.
http://www.mpi-bremen.de/
Was ist ein Schwarzer Schlinger?
Der Name sagt eigentlich schon ziemlich viel über dieses wahrlich seltsame Tiefsee-Wesen aus: Schwarzer Schlinger. Die Besonderheit an diesen räuberischen, zwischen 3 und 26 cm großen Tiefseefischen liegt nämlich in ihrem riesigen Maul, das ausklappbare Zähne besitzt, mit denen sie sich in ihrer Beute verbeißen können. Dabei schrecken sie auch vor weitaus größeren Opfern, als sie selbst es sind, nicht zurück. Dass sie ihren Unterkiefer ähnlich wie eine Schlange ausklinken können, um die übergroße Beute in den Mund zu kriegen, kommt ihnen dabei sehr zugute. Zudem ist auch noch ihr Magen extrem dehnbar, und so steht einem wahren Festschmaus nichts mehr im Weg. Das letzte, das sein Opfer noch wahrgenommen haben wird, ist die dunkle Maulöffnung, der unser Schlinger auch
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