Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
ihren »Nachwuchs-Produzenten« direkt bei sich zu haben – und das muss nicht unbedingt nur einer sein. Bei einem gefundenen Exemplar eines Tiefsee-Anglerfisches wurden acht Männchen, die mit dem Weibchen verwachsen waren, festgestellt. Gruppensex in der Tiefsee, wer hätte das gedacht.
Wie funktioniert die Leucht-Angel eines Anglerfisches?
Wie bereits erwähnt, verwendet das Anglerfisch-Weibchen seine »Leucht-Angel« um Beutefische anzulocken. Doch um ihre »Angel« (Esca) auch zum Leuchten zu bringen, wenden sie einen kleinen Trick an. Das Innere der Esca besteht aus Bläschen, Muskelgewebe, Nerven, Blutgefäßen und noch so einigem an Gedöns. Und hier nisten sich Bakterien ein, die biolumineszent sind. Diese Bakterien sind es auch, die durch chemische Prozesse Energie erzeugen und diese in Form von Licht abgegeben. Nun würden diese Bakterien aber am liebsten immer leuchten – was manchmal auch nicht angebracht ist. Um das zu unterbinden, kann der Anglerfisch die Abgabe von Sauerstoff an die Bakterien regulieren. Dies ermöglicht es ihm (oder besser gesagt ihr, es geht ja um die Weibchen), die Leuchtbakterien »einzuschalten« bzw. zu »dimmen«. Manche Tiefsee-Anglerfische können ihre Rute auch ganz einziehen, um dadurch für komplette Dunkelheit zu sorgen.
Eine Besonderheit haben sich noch die Tiefseeangler der Gattung Linophryne ( Linophrynidae ) ausgedacht. Durch ein körpereigenes, fotogenes Granulat wird die Hyoid-Bartel am Zungenbein zum Leuchten gebracht. Linophryne weisen also zwei voneinander unabhängige Leuchtapparate auf – dies wurde noch bei keinem andern Tier weltweit festgestellt.
Gibt es Fledermäuse in der Tiefsee?
Die zu den Anglerfischen zählenden Seefledermäuse ( Ogcocephalidae ) leben, je nach Gattung, in allen Weltmeeren in Tiefen zwischen 50 bis weit über 400 Meter entlang des Kontinentalschelfs. Die sehr variantenreichen Tiere sind in 66 Arten und 10 Gattungen unterteilt. Ein wahrer Tiefenjäger ist etwa die rund 30 cm große Rote Seefledermaus ( Halieutaea stellata ), die im Ost-Indopazifik bis in Tiefen von 400 Meter zu finden ist. Aber auch die nur 10 cm große Halieutaea retifera und ihr Artgenosse Halieutaea nigra, wurden bis in über 400 Metern Tiefe noch gefunden.
Ihren Namen verdanken die oft sehr bunten Fische ihrem flachen, dreieckigen Körper, der zum Teil mit Knochenplatten geschützt wird – scheinbar ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten. Der erste Strahl der Rückenflosse hat sich im Lauf der Evolution zu einer Angel umgebildet, mit der die Tiere – wie alle Anglerfische – ihre Opfer anlocken.
Was sind biologische Brennstoffzellen?
Die Sonne ist der Brennstoff der Lebewesen an der Oberfläche unseres Planeten. Doch wie werden die Organismen in der Tiefsee, in die sich kein Lichtstrahl mehr verirrt, angetrieben? Forscher scheinen die Antwort in rund 3.000 Meter Tiefe in der Gegend des Mittelatlantischen Rückens entdeckt zu haben. Hier, auf halber Strecke zwischen der Karibik und den Kapverdischen Inseln, befindet sich das Logatchev-Hydrothermalfeld, in dem eine Ansammlung Schwarzer Raucher zahlreiche Materialien aus der Erdkruste bei über 400°Celsius Temperatur gelöst an die Umgebung abgibt. Ebenda wurden von den Wissenschaftlern auch die höchsten, jemals gemessenen, Konzentrationen an Wasserstoff entdeckt.
Dies macht sich die dort lebende Tiefseemuschel Bathymodiolus puteoserpentis zu Nutze, die aus diesem Wasserstoff Energie gewinnt. Das Prinzip dahinter ist uns Menschen schon länger bekannt, werden doch Brennstoffzellen auch so betrieben. Dass allerdings Lebewesen diese Energie als Antrieb nutzen, wurde hier, tief im Ozean, erstmals festgestellt.
Dass die Umgebung der Schwarzen Raucher den Muscheln als ideale Lebensumgebung dient, zeigt auch die immense Größe dieser Muschelstadt. Rund eine halbe Million Tiefseemuscheln hat es sich hier auf einigen hundert Quadratmetern gemütlich gemacht. Für ihren täglichen Energiebedarf oxidieren sie bis zu 5.000 Liter Wasserstoff pro Stunde. Dem Forscherteam gelang es zudem, das Schlüsselenzym, das für diesen Vorgang verantwortlich zeichnet, auch bei anderen an Hydrothermalquellen lebenden Tieren nachzuweisen. So nutzen etwa auch der Röhrenwurm Riftia pachyptila und die Garnele Rimicaris exoculata den reichlich vorhandenen Wasserstoff als Energiequelle. Man sieht also, die Lebensumgebung kann gar nicht so unwirtlich erscheinen, als dass dort kein Leben möglich wäre.
Was ist die
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