Tiefsee
Kongreßabgeordneten gefunden worden waren.
Er verließ die Reling, mischte sich unter die übrigen Passagiere, die bald zu ihren Liegestühlen und Tischen um die Swimmingpools und an den Cocktailbars zurückkehrten, und fuhr mit dem Fahrstuhl zu seinem Deck. Als sich die Türen öffneten und er auf den Korridor hinaustrat, streifte er einen Steward, der den Lift betrat.
Pitt bemerkte flüchtig, daß der Steward Asiate war, vermutlich Mongole, wenn er auf einem russischen Schiff diente. Er ging an ihm vorbei und zu seiner Kabine.
Der Steward starrte Pitt neugierig an. Dann wechselte sein Gesichtsausdruck zu offenem Staunen, während er Pitt nachsah.
Er glotzte noch immer verdutzt, als sich die Tür schloß und der Fahrstuhl ohne ihn nach oben fuhr.
Pitt bog um die Ecke des Korridors und erblickte einen Schiffsoffizier mit mehreren Matrosen, die vor einer Kabine auf der gegenüberliegenden Seite, drei Türen von der seinen entfernt, warteten. Keiner von ihnen zeigte die an Bord sonst übliche Fröhlichkeit. Ihr Gesichtsausdruck war vielmehr todernst. Er fischte in seiner Tasche nach dem Schlüssel für seine Kabine, während er sie aus dem Augenwinkel beobachtete. Kurz darauf kam eine Stewardeß aus jener Kabine, richtete einige russische Worte an den Offizier und schüttelte den Kopf. Dann gingen sie zur nächsten Kabine weiter und klopften an.
Pitt trat schnell ein und schloß die Tür. Der kleine Raum sah aus wie eine Szene aus einem Marx-Brothers-Film. Loren saß auf dem oberen Pullmanbett, während Moran und Larimer sich das untere teilten. Alle drei machten sich heißhungrig über ein Tablett mit Hors d’œuvres her, das Giordino vom Büffet im Speisesaal herausgeschmuggelt hatte.
Giordino saß auf einem Hocker, der halb im Badezimmer stand, und winkte ihm lässig zu.
»Hast du etwas Interessantes gesehen?«
»Die kubanischen Verbindungsleute sind eingetroffen«, antwortete Pitt. »Sie treiben längsseits und warten auf einen Passagieraustausch.«
»Die Gauner werden lang warten müssen«, knurrte Giordino.
»Ich schätze, ungefähr vier Minuten. So lang wird es dauern, bis wir alle in Ketten auf ein Boot mit Kurs auf Havanna geworfen werden.«
»Sie müssen uns finden«, äußerte Larimer mit dumpfer Stimme.
Pitt hatte schon viele solcher Männer gesehen: die wachsbleiche Haut; die Augen, die einst vor Autorität gefunkelt hatten, aber nun leer waren; die abschweifenden Gedanken.
Trotz seines Alters und der langen Jahre zügellosen Lebens inmitten der politischen Arena war Larimer noch immer ein kräftiger Mann. Aber sein Herz und der Kreislauf waren dem Streß und dem Bangen ums Überleben in einer bedrohlichen Situation nicht mehr gewachsen. Pitt mußte nicht Arzt sein, um zu wissen, daß der Mann dringend ärztliche Behandlung benötigte.
»Ein russischer Suchtrupp befindet sich soeben auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors«, erklärte er.
»Wir können uns doch nicht wieder von ihnen einsperren lassen«, schrie Moran, sprang auf und blickte wild um sich.
»Wir müssen fliehen.«
»Sie würden nicht einmal bis zum Fahrstuhl kommen«, fuhr Pitt ihn an und packte ihn am Arm wie ein Kind, das einen Wutanfall hat. Er hatte für Moran nicht viel übrig, denn der Sprecher des Repräsentantenhauses kam ihm wie ein hinterhältiger Schleicher vor.
»Es gibt keinen Unterschlupf, in dem wir uns verstecken können.« Lorens Stimme klang nicht ganz beherrscht.
Pitt antwortete ihr nicht, sondern ging an Giordino vorbei ins Badezimmer. Er schob den Duschvorhang zurück und drehte das heiße Wasser auf. Kaum eine Minute später wallten Dampf wölken aus dem engen Raum.
»Okay«, verfügte Pitt, »alle zusammen in die Dusche!«
Niemand rührte sich. Alle starrten ihn an, während er wie ein Gespenst in der von Dampf erfüllten Türöffnung stand, als stamme er aus einer anderen Welt.
»Ja aber nun ein bißchen plötzlich!« befahl er scharf. »Sie können jede Sekunde hier sein.«
Giordino schüttelte verwirrt den Kopf. »Wie willst du drei Menschen in diese Duschkabine bekommen? Sie bietet kaum genügend Platz für einen einzigen.«
»Setz deine Perücke auf! Du gehst auch hinein.«
»Alle vier?« murmelte Loren ungläubig.
»Entweder ihr schafft es oder ihr bekommt eine kostenlose Reise nach Moskau. Übrigens quetschen Studenten immer wieder ganze Heerscharen ihrer Freunde als Happening in Telefonzellen.«
Giordino stülpte sich die Perücke über den Kopf, während Pitt wieder ins
Weitere Kostenlose Bücher