Tiefsee
Suche erfolglos abgeschlossen haben, werden sie ihre Anstrengungen bei einer zweiten verdoppeln.«
»Hast du noch mehr blendende Zaubertricks auf Lager, Houdini?« fragte Giordino.
»Ja«, antwortete Pitt, ohne mit der Wimper zu zucken, »die habe ich tatsächlich.«
57
Der Zweite Ingenieur ging über einen Laufsteg zwischen den wuchtigen Treibstofftanks, die zwei Decks hoch über ihm aufragten. Er unternahm eine routinemäßige Wartungskontrolle nach undichten Stellen in den Rohren, die das Öl zu den Kesseln beförderten, mit deren Dampf die 27000 Pferdekräfte starken Turbinen der
Leonid Andrejew
angetrieben wurden.
Er pfiff leise vor sich hin, seine einzige Begleitung bildete das Summen der Turbogeneratoren jenseits des Vorschiffsschotts.
Er wischte immer wieder mit einem Lappen Rohrverbindungen oder Ventile ab und nickte befriedigt, wenn er sauber blieb.
Plötzlich blieb er stehen und horchte. Das Geräusch von Metall auf Metall kam von einem schmalen Laufsteg, der nach rechts abzweigte. Neugierig ging er langsam und ruhig den schwachbeleuchteten Steg entlang. An seinem Ende, wo der Laufsteg abbog und zwischen den Öltanks und der inneren Rumpfabdeckung hindurchführte, blieb er stehen und spähte in die Dunkelheit.
Eine Gestalt in Stewarduniform befestigte etwas an der Seite des Öltanks. Der Zweite Ingenieur trat auf leisen Sohlen näher, bis er nur noch drei Meter entfernt war.
»Was tun Sie da?« fragte er.
Der Steward drehte sich langsam um und richtete sich auf. Der Ingenieur sah, daß er Asiate war. Die weiße Uniform war mit Öl beschmutzt, und hinter ihm lag ein Seesack offen auf dem Laufsteg. Der Steward lächelte breit und traf keine Anstalten zu antworten.
Der Ingenieur trat noch ein paar Schritte näher. »Sie haben hier nichts zu suchen. Der Zutritt zu diesem Teil des Schiffs ist der Mannschaft vom Passagierdienst verboten.«
Noch immer kam keine Antwort.
Dann bemerkte der Ingenieur einen merkwürdigen, unförmigen Klumpen, der an der Seitenfläche des Öltanks befestigt war. Zwei Kupferdrähte führten von ihm zu einem Uhrmechanismus neben dem Seesack.
»Eine Bombe!« platzte er erschrocken heraus. »Verdammt, Sie legen ja eine Bombe!«
Er wirbelte herum und rannte wild schreiend über den Laufsteg. Er hatte noch keine fünf Schritte zurückgelegt, als zwischen den engen Stahlwänden ein Geräusch widerhallte, das wie zweimaliges rasch aufeinanderfolgendes Händeklatschen klang, und die Kugeln aus einer Automatik mit Schalldämpfer seinen Hinterkopf zerrissen.
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Die obligaten Trinksprüche wurden ausgebracht, die Gläser mit eiskaltem Wodka geleert und schnell wieder nachgefüllt.
Pokofsky spielte an der Hausbar in seiner Kabine den Wirt und wich dem eisigen, durchdringenden Blick des Mannes aus, der auf dem Ledersofa saß.
Gejdar Ombrikow, Chef des KGB in Havanna, war nicht gerade rosig gelaunt. »Ihr Bericht wird bei meinen Vorgesetzten nicht gut ankommen«, drohte er. »Ein in Ihrem Kommandobereich ermordeter Agent wird als eklatanter Fall von Nachlässigkeit betrachtet werden.«
»Das hier ist ein Kreuzfahrtschiff.« Pokofskys Gesicht rötete sich verärgert. »Es wurde zu dem Zweck entworfen und in Dienst gestellt, um dem sowjetischen Finanzministerium harte westliche Währung einzubringen. Wir sind also kein schwimmendes Hauptquartier des Komitees für Staatssicherheit.«
»Wie erklären Sie sich dann, daß unser Auslandsdirektorium zehn Agenten an Bord Ihres Schiffes entsendet hat, damit sie die Gespräche der Passagiere abhören?«
»Ich versuche, nicht darüber nachzudenken.«
»Sie sollten es aber schleunigst.« Ombrikows Ton war drohend.
»Ich habe genug damit zu tun, das Kommando für dieses Schiff zu führen«, sagt Pokofsky rasch. »Der Tag hat nicht genügend Stunden, als daß ich auch noch Spionagedienst leisten könnte.«
»Dennoch hätten Sie bessere Vorsichtsmaßnahmen treffen sollen. Wenn die amerikanischen Politiker entkommen und ihre Geschichte erzählen, werden die Auswirkungen katastrophale Folgen für unsere Auslandsbeziehungen haben.«
Pokofsky stellte seinen Wodka auf die Hausbar, ohne ihn anzurühren. »Es gibt keinen Winkel auf diesem Schiff, in dem sie sich lange verstecken können. Sie werden sich innerhalb einer Stunde wieder in unserer Gewalt befinden.«
»Das hoffe ich auch«, sagte Ombrikow scharf. »Die amerikanische Marine wird sich allmählich fragen, warum sich ein sowjetisches Kreuzfahrtschiff vor ihrer kostbaren kubanischen Basis
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