Tiefsee
bereits, wie die Zahnräder in Ihrem Kopf ineinandergreifen, Martin. Was für eine undurchsichtige Intrige hat die CIA jetzt auf Lager?«
»Wir haben die Möglichkeit, Edgely einen Vorteil zu verschaffen«, antwortete Brogan mit verschlagenem Grinsen.
»Eine ganz besondere Kleinigkeit.«
61
Auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews wartete eine Limousine, als Pitt langsam die Gangway eines Passagier-Düsenflugzeugs der Navy nach unten stieg. Hinter den getönten Fenstern verborgen, saß Admiral Sandecker in dem Wagen.
Er öffnete die Tür und half Pitt beim Einsteigen. »Wie war der Flug?«
»Zum Glück ruhig.«
»Haben Sie Gepäck?«
»Ich trage alles am Leib.« Pitt zuckte zusammen und biß die Zähne zusammen, während er auf den Sitz neben dem Admiral glitt.
»Sie haben große Schmerzen?«
»Ich bin ein wenig steif. Man verklebt gebrochene Rippen nicht mehr mit Heftpflaster wie früher einmal. Man läßt sie heute einfach von selbst heilen.«
»Tut mir leid, daß ich auf Ihrer sofortigen Rückkehr bestanden habe, aber in Washington braut sich ein Sturm zusammen, und Doug Oates hofft, daß Sie im Besitz von Informationen sind, die zumindest einige Unklarheiten beseitigen können.«
»Ich verstehe schon. Liegen inzwischen Nachrichten von Loren vor?«
»Leider nicht.«
»Sie lebt.« Pitt starrte aus dem Fenster.
»Ich zweifle nicht daran«, stimmte Sandecker zu.
»Wahrscheinlich ein Versehen, daß ihr Name nicht auf der Liste der Überlebenden erscheint. Vielleicht wollte sie nicht genannt werden, um der Presse zu entgehen.«
»Loren hat keinen Grund, sich zu verstecken.«
»Sie wird gewiß auftauchen«, tröstete ihn Sandecker.
»Würden Sie mir jetzt bitte erzählen, wie Sie es geschafft haben, in die schlimmste Tragödie auf See der letzten fünfzig Jahre zu geraten?«
Pitt bewunderte den Admiral, der einem Gespräch so plötzlich eine andere Wendung gab, als springe er aus einer Sauna in den Schnee.
»In der kurzen Zeit, in der wir an Bord der
Leonid Andrejew
beisammen waren«, begann Pitt, »berichtete mir Loren, sie sei in der ersten Nacht der Kreuzfahrt auf dem Deck herumgeschlendert, als die Lampen an der Außenseite des Schiffes ausgingen und kurz danach ein Hubschrauber landete.
Drei Passagiere wurden ausgeladen, von denen zwei ziemlich grob behandelt wurden. In dem schwachen Licht hatte Loren den Eindruck, daß einer von ihnen Alan Moran war. Da sie aber nicht sicher war, ob ihre Augen ihr einen Streich gespielt hätten, rief sie über das Bord-Land-Telefon ihre Sekretärin Sally Lindemann an und ersuchte sie, herauszufinden, wo sich Moran befand. Sally stieß auf falsche Spuren, die nur durch vage Berichte gedeckt waren, und Moran fand sie nirgends. Sie stellte auch fest, daß er und Marcus Larimer angeblich beisammen waren. Dann berichtete sie Loren von den negativen Resultaten ihrer Suche, die ihr auftrug, sich an mich zu wenden. Die Telefonverbindung wurde daraufhin unterbrochen. Die Russen hatten ihre Gespräche wohl abgehört und begriffen, daß sie zufällig mitten in eine heikle Operation gestolpert war.«
»Sie haben sie also gefangengenommen, genau wie ihre Kongreßkollegen, die sich auf einer Reise ohne Wiederkehr nach Moskau befanden.«
»Nur, daß Loren eher ein Risiko darstellte als einen Vorteil.
Sie sollte zweckdienlicherweise über Bord gehen.«
»Und nachdem Miß Lindemann Sie erreicht hatte?« fragte Sandecker.
»Al Giordino und ich entwarfen einen Plan, flogen nach Süden, erreichten das Schiff in San Salvador und gingen dort an Bord.«
Ȇber zweihundert Menschen starben auf der
Leonid Andrejew
. Daß sie noch am Leben sind, ist nur ein glücklicher Zufall.«
»Ja«, gab Pitt nachdenklich zu. »Es war auch recht knapp.«
Er schwieg und sah im Geist nur ein Gesicht vor sich – das Gesicht des Stewards, der im Rettungsboot stand und mit dem Blick eines Mannes, dem seine Arbeit Vergnügen bereitete, auf ihn hinunterstarrte: ein Mörder ohne eine Spur von Gewissen.
»Falls es Sie interessiert«, schaltete sich Sandecker ein, die Pause unterbrechend, »wir fahren von hier direkt ins Ministerium zu einer Besprechung mit Außenminister Oates.«
»Machen Sie einen Umweg über die
Washington Post
«, bat Pitt plötzlich.
Sandecker schüttelte den Kopf. »Wir können keine Zeit vergeuden, um eine Zeitung zu kaufen.«
»Wenn Oates wissen will, was ich zu berichten habe, wird er eben ein wenig warten müssen.«
Sandecker zog ein schiefes Gesicht, gab aber nach.
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