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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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verließ das Büro.
    Er trat aus dem Fahrstuhl in die Hauptvorhalle und ging an einer von Marc Chagall stammenden Glastafel vorbei, die das Streben der Menschen nach Frieden symbolisierte. Wie gewohnheitsmäßig ignorierte er sie.
    Der Taxistand vor dem Gebäude war leer, also winkte er einem Wagen auf der First-Avenue.
    Er gab dem Chauffeur eine Adresse an und setzte sich steif auf den Rücksitz, innerlich zu verkrampft, um sich entspannen zu können.
    Lugowoj machte sich keine Sorgen darüber, daß man ihm folgen könnte. Er war ein angesehener Psychologe, der durch seine Arbeiten über geistige Gesundheit in den unterentwickelten Ländern berühmt geworden war. Seine Abhandlungen über Denkvorgänge und seelische Reaktionen fanden weit und breit Beachtung. Während der sechs Monate, die er in New York bei den Vereinten Nationen tätig war, hatte er sich aus allen zweideutigen Aktivitäten herausgehalten. Er befaßte sich weder mit Spionage noch unterhielt er direkte Beziehungen zu den Geheimagenten des KGB. Er erfuhr diskret von einem Freund in der Gesandtschaft in Washington, daß das FBI in ihm nur ein geringes Sicherheitsrisiko sah und ihn nur gelegentlich, fast gewohnheitsmäßig beobachtete. Lugowoj war nicht in den Vereinigten Staaten, um Geheimnisse zu stehlen.
    Sein Vorhaben ging weit über alles hinaus, was sich die Fahnder der amerikanischen Spionageabwehr träumen ließen. Der Telefonanruf bedeutete, daß der Plan, der vor sieben Jahren ausgearbeitet worden war, in Gang gesetzt worden war.
    Das Taxi hielt an der Ecke West- und Liberty-Street vor dem Vista International Hotel.
    Lugowoj bezahlte den Chauffeur und ging durch die reich dekorierte Empfangshalle auf die Promenade hinaus. Er blieb stehen und starrte den mächtigen Bau des World Trade Centers hinauf. Die beiden riesigen Türme schienen bis in den Himmel zu reichen, ihre Größe war einfach überwältigend.
    Lugowoj fragte sich oft, was er hier, in diesem Land der Glasgebäude, der unzähligen Automobile, der immerfort hastenden Menschen, der Restaurants und Supermärkte in jedem Block, zu suchen hatte. Es war nicht seine Art von Welt.
    Er zeigte einem Wächter, der neben einem privaten Expreßfahrstuhl stand, seinen Ausweis und fuhr mit ihm ins hundertste Stockwerk. Die Türen gingen auf, und er betrat die offene Vorhalle der Bougainville Maritime Lines, Inc., deren Büros das gesamte Stockwerk einnahmen. Seine Schuhe versanken in einem dicken weißen Teppich. Die Wände waren mit glänzendem, handpoliertem Rosenholz getäfelt, und der Raum war reich mit orientalischen Antiquitäten geschmückt. In den Ecken standen Glasvitrinen mit Raritäten, die erlesene Keramikpferde enthielten, während von der Decke seltene, nach Lugowojs Ansicht von Japanern entworfene Textilien herabhingen.
    Eine attraktive Frau mit großen schwarzen Augen, zartem, ovalem, asiatischem Gesichtsschnitt und glatter, bernsteinfarbener Haut lächelte, als er näherkam. »Kann ich Ihnen helfen, Sir?«
    »Mein Name ist Lugowoj.«
    »Ja, Mr. Lugowoj.« Sie sprach seinen Namen richtig aus.
    »Madame Bougainville erwartet Sie.«
    Sie sprach leise in eine Gegensprechanlage, und eine hochgewachsene Frau mit rabenschwarzem Haar und eurasischen Zügen erschien in einer bogenförmigen Türöffnung.
    »Würden Sie mir bitte folgen, Mr. Lugowoj.«
    Lugowoj war beeindruckt. Wie so viele Russen, denen westliche Geschäftsmethoden fremd sind, nahm er irrtümlich an, daß die Büroangestellten ihm zuliebe länger im Büro blieben. Er folgte der Frau durch einen langen Korridor, in dem Gemälde von Frachtschiffen mit der Fahne von Bougainville Maritime hingen, deren Bug türkisgrüne Meere durchfurchten. Seine Begleiterin klopfte leise an eine bogenförmige Tür, öffnete sie und trat zur Seite.
    Lugowoj trat über die Schwelle und erstarrte voller Überraschung. Der Raum war groß, der Mosaikboden war in Blau und Gold gehalten und zeigte Blumenmuster, ein massiver Konferenztisch ruhte auf zehn geschnitzten Drachen, die sich ins Unendliche zu erstrecken schienen. Was ihn jedoch am meisten beeindruckte, waren die Terrakottakrieger in Lebensgröße, in Rüstung, auf stolzen Pferden, die in stummer Pracht, von gefiltertem Scheinwerferlicht angestrahlt, in Alkoven standen.
    Er erkannte in ihnen sofort die Grabwächter von Chinas erstem Kaiser, Ch’in Shihhuangti.
    Die Wirkung war überwältigend. Er wunderte sich, daß diese Kostbarkeiten durch die Finger der chinesischen Regierung in private

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