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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Hände gelangt waren.
    »Treten Sie bitte näher, Mr. Lugowoj, und nehmen Sie Platz.«
    Er war durch den Prunk des Raumes so verblüfft, daß er die zarte Orientalin nicht bemerkt hatte, die in einem Rollstuhl saß.
    Vor ihr stand ein Ebenholzstuhl mit goldfarbenen Seidenkissen und ein kleiner Tisch mit einer Teekanne und Tassen.
    »Madame Bougainville«, grüßte er. »Endlich lernen wir einander kennen.«
    Die kleine, alte Matriarchin der Reederdynastie Bougainville war neunundachtzig Jahre alt und wog etwa ebenso viele Pfund.
    Ihr schimmerndes graues Haar war von ihren Schläfen straff zu einem Knoten im Nacken gezogen. Ihr Gesicht war merkwürdig faltenlos, doch ihr Körper wirkte alt und zerbrechlich. Ihre Augen waren es, die Lugowoj in den Bann schlugen.
    Sie waren leuchtend blau, und in ihnen glühte eine Grausamkeit, die ihn beunruhigte.
    »Sie sind pünktlich«, stellte sie fest. Ihre Stimme war leise und klar, ohne das im vorgeschrittenen Alter häufige Stocken.
    »Ich kam, sobald ich den verschlüsselten Telefonanruf erhielt.«
    »Sind Sie bereit, Ihr Projekt mit der Gehirnwäsche durchzuführen?«
    »Gehirnwäsche ist ein häßlicher Ausdruck. Ich ziehe den Ausdruck ›Denkeingriff‹ vor.«
    »Die akademische Terminologie ist unerheblich«, meinte sie gleichgültig.
    »Mein Stab ist seit Monaten versammelt. Mit den entsprechenden Einrichtungen können wir in zwei Tagen beginnen.«
    »Sie werden morgen früh beginnen.«
    Lugowoj zwang sich zu einer gelassenen Miene. »So früh?«
    »Ich erfuhr von meinem Enkel, daß sich ideale Bedingungen zu unseren Gunsten ergeben haben. Der Transfer wird heute abend erfolgen.«
    Instinktiv blickte Lugowoj auf seine Uhr. »Sie lassen mir nicht viel Zeit.«
    »Man muß die Gelegenheit wahrnehmen, wenn sie sich ergibt«, erklärte sie entschieden. »Ich habe mit Ihrer Regierung eine Abmachung getroffen und bin im Begriff, die erste Hälfte davon zu erfüllen. Alles hängt von der Schnelligkeit unseres Handelns ab. Sie und Ihr Stab haben zehn Tage, um Ihren Anteil am Projekt zu erledigen…«
    »Zehn Tage?« Er schnappte nach Luft.
    »Zehn Tage«, wiederholte sie. »Das ist Ihr Stichtag. Danach überlasse ich Sie Ihrem Schicksal.«
    Ein Schauer lief Lugowoj über den Rücken. Er brauchte keine näheren Hinweise. Wenn etwas schief ging, würden er und seine Leute günstigerweise vom Erdboden verschwinden…
    wahrscheinlich im Ozean.
    Stille breitete sich in dem riesigen Sitzungssaal aus. Dann beugte, sich Madame Bougainville in ihrem Rollstuhl vor.
    »Möchten Sie eine Tasse Tee?«
    Lugowoj haßte Tee, nickte jedoch. »Ja, bitte sehr.«
    »Die feinste Mischung chinesischer Teeblätter. Kostet über hundert Dollar das Pfund im Großhandel.«
    Er nahm die angebotene Tasse und trank höflichkeitshalber einen Schluck, bevor er sie auf den Tisch stellte. »Sie sind vermutlich darüber unterrichtet, daß meine Arbeit sich noch im Versuchsstadium befindet. Meine Experimente sind nur in elf von fünfzehn Fällen erfolgreich verlaufen. Ich kann innerha lb einer eng begrenzten Zeitspanne für keine perfekten Ergebnisse garantieren.«
    »Klügere Köpfe als Sie haben berechnet, wie lange Ratgeber des Weißen Hauses die Presse hinhalten können.«
    Lugowoj zog die Brauen hoch. »Ich hatte angenommen, daß meine Versuchsperson ein unbedeutender amerikanischer Kongreßabgeordneter sei, dessen vorübergehendes Verschwinden unbemerkt bleiben würde.«
    »Sie wurden irregeführt«, erklärte sie nüchtern. »Ihr Generalsekretär und Ministerpräsident hielt es für angeraten, die Identität ihrer Versuchsperson so lange geheimzuhalten, bis wir bereit waren.«
    »Wenn man mir Zeit gelassen hätte, die Charakterzüge seiner Person zu studieren, wäre ich auf das Experiment besser vorbereitet gewesen.«
    »Ich muß doch wohl einem Russen keine Vorlesung über Sicherheitsmaßnahmen halten!« Sie blickte ihn mit ihren stechenden blauen Augen an. »Warum, glauben Sie, hat es bis heute abend zwischen uns keinen Kontakt gegeben?«
    Lugowoj wußte nicht recht, was er darauf erwidern sollte, und nahm einen größeren Schluck Tee. Für seinen Bauerngeschmack war es, als würde er verwässertes Parfüm trinken.
    »Ich muß wissen, wer meine Versuchsperson ist«, forderte er schließlich, indem er seinen gesamten Mut zusammennahm und ihren starren Blick erwiderte.
    Ihre Antwort explodierte wie eine Bombe in dem höhlenartigen Raum, hallte in Lugowojs Gehirn wider und betäubte ihn. Er hatte das Gefühl,

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