Tiefseeperle
kommst!“, befahl er ihr, und Victorias Körper zuckte, ihre Muskeln krampften, als sich der Orgasmus auf dieses Kommando hin mit einem leisen, aber inbrünstigen Stöhnen, entlud.
Ein wenig verschämt setzte sie sich sofort, nachdem dieses Gefühl abgeklungen war, auf die Tischkante, schloss die Beine und schaute, wie ein kleines Mädchen, geniert auf den Boden. Ihr Atem ging schnell, das Herz raste. Was in aller Welt war da gerade mit ihr passiert?
„Das war für das erste Mal schon recht gut!“
War das wieder seine Ironie? Unter normalen Umständen wäre ihr bestimmt eine passende Antwort eingefallen, doch das hier war alles andere als normal. Ihr fiel nichts ein. Aber trotz allem, es fühlte sich gut an - herrlich überrumpelt, aber nicht benutzt. Er stand ganz nah bei ihr, und sie konnte nun, da sie sich traute ihn anzuschauen, die feuchten Stellen, ihre Säfte, auf seiner Maske erkennen - und seine Augen verrieten, dass er lächelte.
Sanft strich er ihr über ihre Wange, harrte noch einen Moment schweigend aus, um dann mit seinem leicht wehenden Umhang die Bühne seiner Inszenierung zu verlassen. Genauso leise wie er kam, entschwand er wieder. Das Phantom der Lust … Erst jetzt stellte Victoria fest, dass die Geräusche der Feierenden wieder zu hören waren und der Song „Sweet Dreams“ von den Eurythmics verheißungsvoll durch die Nacht wehte. Er hatte wohl während seines kleinen Überfalls die Tür verschlossen.
Sie schluckte, kaute nervös auf ihren Lippen, spürte den Schweiß unter ihrem Latexanzug in kleinen Bächen an ihrem Körper herunterlaufen - war völlig überwältigt von diesem durchdringenden Erlebnis. Einfach so, aus dem Nichts heraus, hatte er sie zu einem solch intensiven Orgasmus gebracht. Manchmal war sie nämlich nah daran zu glauben, ihre Libido verloren zu haben … doch nicht der Orgasmus war so aufwühlend – nein, eine andere Empfindung war es, was ihr Angst machte. Das, was sie da spürte, wollte sie unter keinen Umständen zulassen! Nein – nie wieder, das hatte sie sich vor Jahren geschworen!
In ihre Gedanken hinein fragte plötzlich eine Frauenstimme:
„Hast du Feuer?“
Victoria nickte geistesabwesend.
„War das der Graf, der mir gerade entgegengekommen ist?“, fragte die Frau, die ein Lackkleid trug, aber keine Strümpfe und Schuhe. Ihr Gesicht, welches nur mit einer knappen Augenmaske verdeckt war, glänzte rötlich, sie wirkte gerade lustvoll befriedigt.
„Ja ich glaube es“, murmelte Victoria und steckte sich ebenfalls eine Zigarette an. Sie nahm einen kräftigen Zug und hörte, wie die Lackfrau sagte: „Schade, er spielt nicht mehr … früher war ich auch oft seine Gespielin.“ Es klang wehmütig.
„Er ist ein wahrer Meister!“
„Oh ja, das glaube ich gern!“, flüsterte Victoria mit einem leicht nachdenklichen Lächeln im Gesicht.
Kapitel 2
Victoria blinzelte durch ihre Sonnenbrille in die Maisonne. Die Sonne prickelte ein wenig auf ihrem perfekt geschminkten Gesicht. Wie immer hatte sie ihre schwarzen langen Haare zu einem Zopf gestylt, das gab ihrem schmalen Gesicht eine gewisse Strenge. Sie trug ihr Haar nie offen.
Entspannt lehnte sie sich zurück, klappte den Laptop auf und nippte an ihrem Milchkaffee. Endlich wurde es warm, und die Stadt erwachte.
Sie saß gern in diesem Café am Savignyplatz in der Nähe des Ku‘Damms. Sie liebte diese Atmosphäre, ein Hauch Altberliner Flair vermischt mit dem modernen und hippen der Hauptstadt. Ganz in der Nähe hatte sie schon seit Jahren auf über 250m2 Belle-Etage ihr Studio, und im selben Haus eine Wohnung. Es war ihr Kiez. Alles war vertraut, die Geschäfte, die Menschen, die dort arbeiteten: Jana, die ewige Studentin, die schon seit Jahren in dem Café jobbte; der schwule Friseur, der ihr unbedingt einen neuen Stufenschnitt verpassen wollte, sogar derselbe Obdachlose, der schon seit Jahr und Tag seinen alten, geschundenen Körper in der Unterführung Richtung S-Bahn ausruhte.
Die Sonne wärmte so intensiv, dass sie sich entschloss, ihre schwarze Lederjacke auszuziehen. Ein sommerliches Gefühl, nur in einem T-Shirt, ohne Jacke, wenngleich auch ohne BH (auf den hatte sie heute einfach mal verzichtet) – wie herrlich! Sie loggte sich in ihren Mailaccount, dann in ihr Blog ein. Lady Du Mont nutzte alle medialen Mittel, um sich zu präsentieren. Neuigkeiten wurden über einen Newsletter an ihre mittlerweile beachtliche Fangemeinde verschickt, Twitter gab Auskunft über ihr
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