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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Mütze?«, wollte er wissen. Doch Giovanna war bereits die Stufen in den Gartensaal hinuntergegangen. Er lief ihr hinterher und holte sie am Tisch im Gartensaal ein.
    »Hab ich was Falsches gesagt?«, fragte er besorgt.
    Giovanna beeilte sich, das Essen und den Wein in einem Korb verschwinden zu lassen und die Pläne auf dem Tisch auszubreiten.
    »No, Sie haben nichts Falsches gesagt. Aber Sie müssen jetzt gehen. Ich habe noch viel zu tun.«
    Kilian wollte sich nicht damit zufrieden geben und setzte erneut an, doch Giovanna kam ihm zuvor. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    »Es tut mir Leid, commissario. Bald beginnt das Fest, und ich muss noch viel arbeiten.«
    »Ja, ich weiß, aber …«
    Doch Giovanna ließ nicht mit sich reden. Sie führte ihn an der Hand zum Eingangstor.
    »Vielleicht in ein paar Tagen. Wenn Sie Lust und Zeit haben, dann dürfen Sie mich zum Essen einladen. Buona notte.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, schloss sie die Tür hinter ihm.
    Kilian stand wie ein begossener Pudel auf dem Residenzplatz und fragte sich, was er Falsches gesagt haben könnte. Er hob die Hand, um zu klopfen, doch er ließ schließlich davon ab.
    Er ging die Hofstraße hinunter, über die Domstraße am Main entlang Richtung Hotel Maritim. Im Biergarten am Alten Kranen, der bereits geschlossen war, setzte er sich auf die Kaimauer. Von oben strahlten das Käppele und die Festung auf ihn herunter.
    Kilian griff in die Innentasche seines Jacketts, nahm eine kleine Flasche Brandy heraus, die er aus der Hotelbar vorsorglich mitgenommen hatte.
    »Auf dich, du Idiot. Das nächste Mal hörst du einfach nur zu.«
    Er leerte sie in einem Zug. Dann warf er sie hinter sich auf die Uferpromenade, wo sie in tausend kleine Scherben zerbrach.
    Nur ein paar hundert Meter weiter ging Heinlein auf den Gleisen entlang. Ein Zug verkehrte um diese Uhrzeit nicht mehr. Nur ein paar Waggons wurden auf einem Abstellgleis rangiert. Auch er hatte eine Flasche in der Hand, die er mehrmals ansetzte und schließlich auf den Gleisen zerschellen ließ.
    Er ging torkelnd weiter und stürzte zu Boden. Er machte keine Anstalten aufzustehen, sondern legte sein Ohr auf das Gleis und summte eine Melodie. Dann drehte er sich auf den Rücken und blickte in den schwarzen Nachthimmel.
    In der Residenz erlosch das Licht. Eine Tür öffnete sich und fiel gleich daraufhin ins Schloss. Mit zwei Umdrehungen eines Schlüssels wurde sie verriegelt. Giovanna trat aus dem Dunkel und ging über den Platz.

10
    Kilian parkte den Wagen vor dem Haus mit der Nummer acht. München, Müllerstraße. Er stieg aus und sah vor sich eine Fensterauslage mit der Aufschrift Korrassow, Künstler- und Malerbedarf.
    Das Bildnis des Tänzers Alexander Sacharoff, ein paar Pinsel und Farbtuben lagen auf der Staffelei. Dahinter schnitt ein Vorhang weitere Blicke ins Innere ab. Kilian trat näher heran und betrachtete neugierig das Bild. Wie kommt ein Jawlensky in eine Schaufensterauslage, fragte er sich. Hing er nicht im Lenbachhaus, in der Ausstellung des Blauen Reiters?
    Unten rechts entdeckte er ein Kürzel, das er als Kujau las. Kilian rümpfte die Nase. Ein echter Kujau war auf dem besten Weg, ebenso viel einzubringen wie das Original. So weit es nicht die Fälschung der Fälschung war. Aber selbst das war mittlerweile egal. Der Preis entschied und nicht das Werk – wenn es das Original überhaupt noch gab. Mehr als die Hälfte aller »Originale« weltweit waren Fälschungen. Ein Freund von William Gaddis, den er in New York kennen gelernt hatte, hatte ihm einige Fälschungen gezeigt, die aber als echt durchgegangen waren. Die Experten hatten sich bereits an einer Fälschung orientiert.
    Kilian betrat den Laden. Eine kleine Glocke, die am Türrahmen festgemacht war, wurde angestoßen und erzeugte ein Bimmeln, das Kilian noch aus alten Tante-Emma-Läden kannte.
    Der Verkaufsraum war vergleichsweise üppig gehalten. Ein Panoptikum aus skurrilen Bildern, Skulpturen, Farbskalen und Werkzeugen zog sich an den Wänden entlang. An der Decke erstreckte sich der Fingerzeig Michelangelos über den gesamten Raum. Kilian drehte sich im Kreis, mit dem Kopf nach oben gestreckt, damit er das falsche Fresko einsehen konnte.
    »Nicht gerade originell, aber es tut seinen Zweck«, sagte Korrassow, der lautlos durch einen Rundbogen in den Raum trat. Er war ein untersetzter, beleibter Mann, Ende sechzig. Er trug einem khakifarbenen Leinenanzug. Das graue Haar war gewellt und mit Gel nach hinten gekämmt. Aus

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