Tierarzt
folgte ihm durchs Haus in den Garten dahinter, in dem ein langgestreckter Schuppen mit einer verwirrenden Vielfalt von Vögeln stand.
Voller Stolz blickte Mr. Almond auf die Tiere und öffnete den Mund, als wolle er einen gelehrten Vortrag vom Stapel lassen, dann schien ihm einzufallen, daß er es mit einem ungeduldigen Kunden zu tun hatte, und er kehrte, wenn auch leicht widerwillig, zur Sache zurück.
»Hier ist ein hübscher grüner Sittich. Aber er ist leider schon etwas älter als die andern, und ich habe ihm auch schon das Sprechen beigebracht.«
»Um so besser. Der ist genau der richtige. Was kostet er?«
»Aber... ich hab noch ein paar sehr hübsche da hinten in der Ecke. Vielleicht wären...«
Ich legte die Hand auf seinen Arm. »Ich will diesen hier. Wieviel?«
Er spitzte enttäuscht den Mund, dann zuckte er die Achseln. »Zehn Shilling.«
»Gut. Tun Sie ihn bitte in diesen Käfig.«
Mrs. Dodds wartete bereits an der Haustür auf mich.
»Glauben Sie, daß ich das Richtige tue?« fragte ich sie flüsternd.
»Bestimmt«, erwiderte sie. »Die arme alte Frau hat nicht viel, womit sie sich ablenken kann, und ich bin sicher, sie würde sich sehr um Peter grämen.«
»Ja, das glaube ich auch.« Ich ging ins Wohnzimmer.
Mrs. Tompkin lächelte mir zu, als ich eintrat. »Das ging ja sehr schnell, Mr. Herriot.«
»Ja«, sagte ich und hängte den Käfig mit dem neuen Vogel an seinen Platz neben dem Fenster. »Sie werden sehen, daß jetzt alles in bester Ordnung ist.«
Es dauerte Monate, bis ich erneut den Mut aufbrachte, meine Hand in einen Wellensittichkäfig zu stecken. Bis zum heutigen Tage ziehe ich es vor, daß die Besitzer das Tier für mich herausholen, auch wenn die Leute mich wegen dieser Bitte immer erstaunt ansehen. Vermutlich denken sie, ich hätte Angst, der kleine Vogel könnte mich beißen.
Es dauerte ebenfalls lange, ehe ich es wagte, Mrs. Tompkin wieder zu begegnen, aber eines Tages fuhr ich durch die Jasmine Terrace und hielt, einer plötzlichen Regung folgend, vor dem Haus Nr. 14.
Die alte Dame kam selbst zur Tür.
»Wie...« fragte ich, »wie geht es... hm...?«
Sie näherte ihr Gesicht dem meinen und sah mich einen Augenblick prüfend an, dann lachte sie. »Oh, jetzt sehe ich, wer es ist. Sie meinen Peter, nicht wahr, Mr. Herriot? Oh, es geht ihm wundervoll. Kommen Sie herein und überzeugen Sie sich selbst.«
Der Käfig hing noch immer im Wohnzimmer neben dem Fenster, und nachdem Peter der Zweite mich einen Augenblick neugierig gemustert hatte, veranstaltete er eine kleine Vorstellung für mich: Er hüpfte an den Stäben des Käfigs entlang, lief die Leiter auf und ab und läutete ein paarmal seine kleine Glocke, dann kehrte er zu seinem Sitz zurück.
Seine Herrin streckte die Hand aus, klopfte an die Stäbe und sah ihn liebevoll an.
»Was das ausmacht, den Schnabel beschneiden«, sagte sie. »Er ist wie umgewandelt.«
Ich schluckte. »Ach wirklich? In welcher Beziehung?«
»Oh, er ist so rührig. Früher war er immer stumm. Jetzt schwätzt mein Peter den lieben langen Tag. Es ist kaum zu glauben.«
Kapitel 20
»In dieser Form äußert sich das also?« fragte ich. »Sie erzählten mir ja bereits davon.«
Mr. Wilkin nickte. »Ja, genau. Es ist jedesmal das gleiche.«
Ich sah auf den hilflos zuckenden großen Hund, der zu meinen Füßen lag; sah den starren Blick und die verkrampften Gliedmaßen. Der Bauer hatte mir von den periodisch auftretenden Anfällen erzählt, unter denen sein Schottischer Schäferhund Gyp seit einiger Zeit litt, und zufällig war ich gerade auf dem Hof, als er einen solchen Anfall hatte.
»Und hinterher geht es ihm wieder gut, sagen Sie?«
»Ja, unverändert. Ist vielleicht ’ne Stunde lang noch ein bißchen benommen, aber dann ist er wieder ganz normal.« Der Bauer zuckte mit den Schultern. »Sie wissen, ich habe schon viele Hunde großgezogen, und es gab darunter auch welche, die Anfälle hatten. Ich dachte, ich kennte die Ursache – Würmer, falsche Ernährung, Staupe –, aber das hier ist mir ein Rätsel. Ich hab schon alles versucht.«
»Ich fürchte, das hilft alles nichts, Mr. Wilkin«, sagte ich. »Gyp leidet an Epilepsie.«
»An Epilepsie? Aber er ist doch die meiste Zeit ein großartiger, ausgesprochen normaler Hund.«
»Ja, ich weiß. Das ist immer so. Sein Gehirn ist im Grunde völlig in Ordnung – es ist eine ganz rätselhafte Krankheit. Die Ursache ist unbekannt, aber sie ist fast mit Sicherheit erblich.«
Mr.
Weitere Kostenlose Bücher