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Tierarzt

Tierarzt

Titel: Tierarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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um mich herum, als ich aufstand und mich auf den Weg zum Wagen und Mr. Dacres Tuberkulintest machte.
     
    »Mach Platz, Bill!« rief Mr. Dacre und zog den großen Bullen am Schwanz.
    Fast jeder Hof hatte damals einen Bullen, und sie hießen alle Billy oder Bill. Bei diesem hier hatte man, vermutlich wegen seiner ausgeprägten Geschlechtsmerkmale, auf die Diminutivform verzichtet. Da er ein fügsames Tier war, reagierte er auf die Aufforderung und bewegte den mächtigen Körper ein wenig zur Seite, so daß ich gerade genügend Platz hatte, mich zwischen ihn und die hölzerne Trennwand zu schieben, an die er angekettet war.
    Ich las einen Tuberkulintest ab und wollte lediglich die intrakutane Reaktion messen. Ich mußte meinen Greifzirkel sehr weit öffnen, um die Dicke der Haut an dem riesigen Hals ausmessen zu können.
    »Dreißig«, rief ich dem Bauern zu.
    Er schrieb die Zahl ins Testbuch und lachte.
    »So was von Haut, wie der hat. Nicht zu glauben.«
    »Ja, aber er ist ja auch ein ganz gewaltiger Kerl«, sagte ich und versuchte, mich hinauszuzwängen.
    Wie gewaltig der Bulle war, wurde mir gleich darauf zum Bewußtsein gebracht, als er sich plötzlich umdrehte und mich gegen die Trennwand preßte. Auch Kühe haben diese Angewohnheit, und ich stemmte mich in solchen Fällen einfach mit dem Rücken gegen die Wand und schob sie fort. Aber bei Bill gelang mir das nicht so ohne weiteres.
    Keuchend stieß ich mit aller Kraft gegen die Fettpolster an der riesigen, rotgrauen Flanke, aber ebensogut hätte ich versuchen können, ein Haus wegzuschieben.
    Der Bauer ließ das Buch fallen und griff wieder nach dem Schwanz, doch diesmal reagierte der Bulle nicht. Es lag keine Spur von Bösartigkeit in seinem Verhalten – er lehnte sich nur einfach bequem gegen die Bretter und bemerkte wohl nicht einmal das belanglose Menschenwesen, das sich verzweifelt an seinem Brustkasten wand.
    Doch ob mit Absicht oder ohne, das Resultat war das gleiche: Ich wurde zu Tode gequetscht. Ich spürte, wie mir die Adern aus der Stirn heraustraten, wie ich ganz außer Atem geriet, als ich mit aller Macht versuchte, mich zu befreien, aber ich konnte mich keinen Zoll breit rühren. Wenn ich jedoch geglaubt hatte, schlimmer könne es nicht kommen, so irrte ich mich, denn nun scheuerte sich Bill an der Trennwand. Das also war der Grund, weshalb er sich umgedreht hatte: es juckte ihn, und er wollte sich kratzen.
    Für mich hatte das verhängnisvolle Folgen. Ich hatte das Gefühl, jedes Organ in meinem Inneren würde einzeln zermalmt, und während ich in panischem Schrecken um mich schlug, lehnte sich das große Tier nur noch fester gegen die Wand.
    Ich will lieber nicht daran denken, wie die Sache geendet hätte, wenn das Holz hinter mir nicht alt und morsch gewesen wäre. Schon drohte ich das Bewußtsein zu verlieren, da ertönte ein Krachen und Splittern, und ich fiel rückwärts in die angrenzende Box. Perplex blickte ich zu Mr. Dacre empor und wartete, daß meine Lungen wieder zu arbeiten begannen.
    Schließlich stand ich auf, und es gelang mir, die Sache mit einem Achselzucken abzutun. Ich verabschiedete mich und fuhr los, aber nach ein paar Meilen hielt ich den Wagen an, stieg aus und tastete mich von Kopf bis Fuß ab. Die Rippen taten mir weh – ich hatte das Gefühl, als sei eine leichtere Straßenwalze über sie hinweggerollt –, und meine linke Gesäßhälfte schmerzte da ganz erheblich, wo ich auf dem Greifzirkel gelandet war, aber sonst schien die Sache glimpflich abgelaufen zu sein. Ich stieg wieder ein und warf einen Blick auf meine Besuchsliste.
    Die nächste Visite, die mir bevorstand, stimmte mich heiter. Die Eintragung lautete: »Mrs. Tompkin, Jasmine Terrace Nr. 14. Wellensittichschnabel beschneiden.«
    Gelobt sei die unendliche Vielfalt der tierärztlichen Praxis. Nach diesem Bullen brauchte ich unbedingt ein kleines, schwaches, unschuldiges Geschöpf, und was hätte ich mir Besseres wünschen können als einen Wellensittich.
    Das Haus Jasmine Terrace Nr. 14 war eines jener bescheidenen kleinen Reihenhäuser aus Backstein, wie sie nach dem Ersten Weltkrieg überall zu Dutzenden aus dem Boden geschossen waren. Ich nahm eine Schere aus dem Instrumentenkasten und ging über den schmalen, gepflasterten Weg, der die Haustür von der Straße trennte. Eine sympathisch aussehende rothaarige Frau ließ mich herein.
    »Ich bin Mrs. Dodds von nebenan«, sagte sie. »Ich kümmere mich ein bißchen um die alte Dame. Mrs. Tompkin ist über

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