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Tierarzt

Tierarzt

Titel: Tierarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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träufelte.
    Jeff genoß jede einzelne Minute dieser Prozedur. Er machte keinerlei Anstalten, das Anwesen zu verlassen, zog vielmehr eine Pfeife heraus und beobachtete uns, bequem an die Tür gelehnt und zufrieden paffend, bei unserem Tun. Es kümmerte ihn offensichtlich nicht im geringsten, daß er vergebens gekommen war, und als wir fertig waren, stieg er in seinen Wagen und winkte uns freundlich zu.
    »Ich komm morgen früh und hol sie ab, Willie«, rief er, und das meinte er nicht boshaft, da bin ich ganz sicher. »Gegen Lungenstauung ist kein Kraut gewachsen.«
     
    Ich dachte an seine Worte, als ich am nächsten Tag wieder hinfuhr. Für Jeff Mallock bestand kein Zweifel, daß sein Nachschub an Hundefutter lediglich um vierundzwanzig Stunden verschoben worden war, und vielleicht hatte er mit seiner Annahme sogar recht. Aber ich hatte wenigstens den Versuch gemacht, sagte ich mir, und da ich nichts erwartete, konnte ich auch nicht enttäuscht werden.
    Kaum daß ich auf dem Hof hielt, kam Mr. Clark schon angelaufen. »Sie brauchen gar nicht erst auszusteigen.« Er hatte eine grimmige Miene aufgesetzt.
    »So schlimm?« sagte ich, und mein Herz krampfte sich zusammen.
    »Kommen Sie und sehen Sie selbst.« Er wandte sich um, und ich folgte ihm zu dem alten Eisenbahnwagen. Mir war ziemlich elend zumute.
    Widerwillig blickte ich ins Innere.
    Vier der Kälber standen nebeneinander und sahen uns neugierig an. Vier struppige Geschöpfe, in rauhes Sackleinen gehüllt, helläugig und munter. Das fünfte lag auf dem Stroh und kaute auf einem Stück von der derben Schnur herum, mit der der Sack verschnürt war.
    Ein erfreutes Lächeln zog über das wettergegerbte Gesicht des Bauern. »Na, hatte ich nicht recht? Ich sagte ja, Sie hätten gar nicht auszusteigen brauchen. Meine Kälber sind wieder in Ordnung und brauchen keinen Tierarzt mehr.«
    Ich konnte kein Wort hervorbringen. Mein Verstand stand praktisch still. Während ich noch ungläubig auf die Tiere starrte, stand auch das fünfte Kalb vom Stroh auf und streckte sich wohlig.
    »Da, sehen Sie?« rief Mr. Clark. »Das tun sie nur, wenn sie sich wohl fühlen.«
    Der Reihe nach untersuchte ich die kleinen Tiere. Die Temperatur war normal, der Durchfall hatte aufgehört – es war kaum zu fassen. Und während ich noch mit den anderen beschäftigt war, begann das eine Kälbchen, das gestern praktisch in den letzten Zügen gelegen hatte, aus purem Übermut umherzuhüpfen und wie ein Mustang die Beine hochzuwerfen.
    »Schauen Sie sich das nur an!« rief der Bauer begeistert. »Ich wünschte, so gut wäre ich auch beieinander!«
    Ich packte das Thermometer ein und steckte es in die Tasche. »Ja, Mr. Clark«, sagte ich langsam. »So etwas habe ich noch nicht erlebt. Es ist wirklich kaum zu glauben.«
    »Ja, das grenzt an ein Wunder«, erwiderte der Bauer mit leuchtenden Augen, dann drehte er sich nach dem Wagen um, der gerade auf den Hof gefahren kam. Es war das vertraute, unheilschwangere Vehikel Jeff Mallocks.
    Der Abdecker zeigte keinerlei Gemütsbewegung, als er, die Pfeife im Mund, in den Waggon hineinblickte. Zwar konnte man sich nur schwer vorstellen, daß irgend etwas diese rosigen Wangen und heiterblickenden Augen in Unruhe versetzen könnte, aber mir kam es vor, als stiegen die kleinen blauen Rauchwölkchen heute ein wenig schneller in die Höhe, während er prüfend den Schauplatz überblickte.
    Nachdem er genügend gesehen hatte, wandte er sich ab und ging gemächlich zu seinem Wagen. Ehe er einstieg, sah er zu den dunklen Wolken empor, die sich am westlichen Himmel zusammenballten.
    »Ich glaub, wir kriegen heute noch Regen«, murmelte er.
    Ich wußte es damals noch nicht, aber ich hatte den Beginn eines entscheidenden Umschwungs miterlebt. Es war mein erster Einblick in den ungeheuren therapeutischen Durchbruch, der die alten Arzneimittel mit einem Schlag in Vergessenheit geraten lassen sollte. Die langen Reihen reichverzierter Flaschen mit den geschliffenen Stöpseln und den lateinisch beschrifteten Etiketten würden nicht mehr lange auf den Regalen der Apotheken stehen, und ihre seit Generationen so innig vertrauten Namen – Salpetergeist, Salmiak, Kampfertinktur – würden für immer verschwinden.
    Dies war der Anfang, und hinter der nächsten Ecke wartete schon ein neues Wunder – Penicillin und die anderen Antibiotika. Endlich waren uns wirksame Waffen in die Hand gegeben, endlich konnten wir Medikamente anwenden, von denen wir wußten, daß sie helfen

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