Tierarzt
Kehlkopfkatarrh?«
Ich drehte mich um und sah mich der großen, kahlköpfigen Gestalt Dr. Allinsons gegenüber, meines ärztlichen Ratgebers und Freundes. »Hallo, Harry«, rief ich. »Wie schön, Sie zu sehen!« Sofort hielt ich erschrocken inne.
Aber es war zu spät. Wütendes Gekläff drang aus dem Büro des Geschäftsführers. Es war laut und durchdringend und schien überhaupt nicht mehr aufhören zu wollen.
»Verdammt!« sagte ich mißmutig. »Wie konnte ich bloß nicht daran denken. Das ist Magnus, der mal wieder keine Ruhe gibt.«
»Magnus? Wer ist denn das?«
»Oh, das ist eine lange Geschichte.« Ich griff wieder nach meinem Glas. Das Gekläff dauerte unvermindert an und störte merklich den Frieden der behaglichen kleinen Bar.
Wollte der kleine Hund denn niemals vergessen? Es war lange her, daß Mr. Beckwith, der neue Geschäftsführer von den ›Drovers’‹, mit Magnus in die Sprechstunde gekommen war. Er hatte etwas ängstlich gewirkt.
»Sie müssen sehr achtgeben, Mr. Herriot.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Nun, daß Sie vorsichtig sein sollten. Er ist sehr bösartig.«
Ich blickte auf das kleine Tier, das nach meiner Schätzung kaum mehr als sechs Pfund wog, und unterdrückte ein Lächeln.
»Bösartig? Aber er ist doch ein so kleines Tier.«
»Warten Sie’s ab! In Bradford, wo ich früher gearbeitet habe, hat er den dortigen Tierarzt in den Finger gebissen.«
»Ach?« Nun, es war ganz gut, vorher auf die Möglichkeit hingewiesen zu werden und nicht hinterher. »Ja, und weshalb? Muß ja wohl eine besonders unangenehme Sache gewesen sein, um die es sich handelte.«
»Aber nein, keineswegs. Der Tierarzt sollte ihm nur die Krallen schneiden.«
»Weiter nichts? Und um was geht es heute?«
»Um dasselbe.«
»Nun, offengestanden, Mr. Beckwith, mit vereinten Kräften müßte es doch möglich sein, einen Zwergdackel im Zaum zu halten, meinen Sie nicht?«
Mr. Beckwith schüttelte den Kopf. »Bitte, lassen Sie mich aus dem Spiel. Tut mir leid, aber wenn’s geht, möchte ich ihn lieber nicht festhalten.«
»Weshalb denn nicht?«
»Oh, er würde es mir nie verzeihen. Er ist ein komischer kleiner Hund.«
Ich rieb mir das Kinn. »Ja, aber was haben Sie sich gedacht, wie ich’s anstellen soll?«
»Ich weiß auch nicht... vielleicht können Sie ihm irgend etwas geben... ihn betäuben?«
»Sie meinen, eine Vollnarkose? Um ihm die Nägel zu schneiden...?«
»Ich fürchte, das ist die einzige Möglichkeit.« Mr. Beckwith blickte düster auf das winzige Tier. »Sie kennen ihn nicht.«
Es war schwer zu glauben, aber offensichtlich war dieses kleine Bündel der Herr im Hause Beckwith. Ich hatte das schon öfter erlebt, aber noch nie bei einem so kleinen Hund wie diesem. Doch wie dem auch sei, ich konnte nicht noch mehr Zeit mit diesem Unsinn verlieren.
»Passen Sie auf«, sagte ich. »Ich werde ihm die Schnauze zubinden, und in ein paar Minuten ist die ganze Sache erledigt.« Ich holte die Nagelzange aus dem Instrumentenschrank und legte sie auf den Tisch, dann rollte ich eine Mullbinde ab und machte eine Schlinge.
»Jaja, ich weiß, du bist ein braver kleiner Hund«, murmelte ich mit einschmeichelnder Stimme, als ich mich ihm näherte.
Der kleine Hund starrte unverwandt auf die Binde, bis sie dicht vor seiner Nase war, dann schnappte er plötzlich wie wild nach meiner Hand. Die scharfen kleinen Zähne verfehlten ihr Ziel nur um wenige Zentimeter, und als er sich zu einem erneuten Versuch anschickte, packte ich ihn energisch beim Genick.
»Ich habe ihn jetzt, Mr. Beckwith«, sagte ich ruhig. »Wenn Sie mir nur bitte die Binde reichen wollen, alles andere schaff ich schon.«
Aber der junge Mann hatte genug. »Nein!« stieß er keuchend hervor. »Ich warte lieber draußen!« Und schon hörte ich seine Schritte vor der Tür auf dem Gang.
Na schön, sagte ich mir, ist vielleicht sogar am besten so. Bei widerspenstigen Hunden versuchte ich für gewöhnlich als erstes, den dazugehörigen Herrn aus dem Weg zu schaffen, denn diese halsstarrigen kleinen Burschen beruhigten sich überraschend schnell, sobald sie sich allein mit einem Fremden wußten, der nicht mit sich spaßen ließ und sie zu nehmen wußte. Ich könnte eine ganze Reihe von Hunden nennen, die sich bei sich zu Hause aufs ungebärdigste benahmen, aber hier in der Praxis sanft und demütig mit dem Schwanz wedelten. Und sie waren alle größer als Magnus.
Während er wütend knurrte und sich zähnefletschend zur Wehr setzte, nahm
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