Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
Verhalten, das Sie von sich selbst ebenfalls kennen: Juckt es irgendwo, kratzen Sie sich, notfalls heimlich! Grundsätzlich ist es nicht schwer,
einem Hund mit verbalen Kommandos beizubringen, über seine Nase zu wischen, auch ohne die Firma Tesa zu bemühen. Dazu bedarf es aber eines Vorbereitungstrainings. Der Ansatz ist derselbe: Ich lege dem Hund ein Papierkügelchen ins Fell über der Nase und während er versucht, es wegzuwischen, sage ich »schämen« oder »kratzen« oder »Stirn« oder »Nase«, was immer mir an kurzen Kommandos einfällt. Damit unterlege ich das instinktive Verhalten des Hundes mit einem verbalen Kommando. In diesem Moment, und ich meine wirklich genau den Moment, in dem sich der Hund über die Nase wischt, bestätige ich ihn zudem mit Lob und einem außergewöhnlich guten Happen. Dieses Training sollte nicht länger als drei Minuten sein und in einer Umgebung stattfinden, in der sich der Hund auf diese Aufgabe konzentrieren kann. Ein Erfolgserlebnis am Ende eines jeden Trainings führt zur Lust auf das nächste Training und somit am Arbeiten. Jeden Tag kann die Übung einmal morgens und einmal abends durchgeführt werden, und schon sehr bald braucht es keine Papierschnipsel oder Klebestreifen mehr, dann reicht das Kommando.
Der Gänsemarsch der Blattschneideameisen
Mit Hunden ist ein erfolgreiches Tiertraining für die meisten ganz gut vorstellbar. Aber malen Sie sich aus, was es bedeuten würde, Ameisen davon zu überzeugen, in Reih und Glied von A nach B zu laufen. Für die Produktion »Verdammt verliebt« sollte genau das passieren, dafür aber konnte ich nur eines tun: Ich musste ausschließlich das instinktive Verhalten der Tierchen nutzen, nicht mehr und kein bisschen weniger. Die Ameisen sollten im Gänsemarsch, eine hinter der anderen, in einer Spur laufen. Das kennt der Tierfreund von Blattschneideameisen aus dem brasilianischen Urwald. Leider zeigen unsere gemeinen europäischen Ameisen dieses Verhalten nicht. Mit
ihrer Schwarmintelligenz, der Fähigkeit des Gruppengedächtnisses, bei der jeder ein Teil des Wissens mit sich trägt, stapfen sie im Pulk irgendwie hintereinander her, was zwar bei genauerer Betrachtung auch einer Ordnung entspricht, aber nicht der des Drehbuchs.
Um eine Alternative vorzuschlagen, züchtete ich die kleinste Art Mittelmeergrillen in Haus und Garten, was zur Folge hatte, dass ein Grillen-Streichorchester einen Sommer lang in meinen Ohren zirpte. Die Regie ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken – sie wollte Ameisen! Die Lösung nach ein paar schlaflosen Nächten waren nun doch die Ameisen aus dem Urwald. In diesem Fall aus einem zoologischen Garten in Baden-Württemberg, der sich erfolgreich mit der Zucht der Blattschneideameise beschäftigt. Vor Freude über den ungewohnten Freigang sind diese Ameisen, die sich sonst nur hinter Glas bewegen, voller Elan genau in die von mir vorgegebene Richtung gelaufen. Ich wusste, dass sie immer der Sonne entgegengehen, und hielt zudem eine Schale mit Zuckerlösung bereit. Das Beach-Volleyball-Feld, das für diesen Zweck als Sandweg fungierte, musste nur so ausgestattet werden, dass wir den Weg der kleinen Darsteller in Richtung Sonne zeigen konnten. Am Zieleinlauf erwartete ich das fleißige Völkchen mit einem Blätterfrühstück, das appetitlich in ihrer First-Class-Reiseunterkunft angerichtet war. Die Ameisen waren ahnungslos ob ihres Auftritts im Scheinwerferlicht. Sie mussten nichts neu erlernen, lediglich ihr instinktives Verhalten, nämlich im Gänsemarsch immer der Sonne entgegenzulaufen, machte sie – und nicht zuletzt mich – zu Helden.
Werden Sie zum Tier!
Ein weises indianisches Sprichwort sagt, dass man jemanden erst verstehen kann, wenn man tausend Schritte in seinen Schuhen gegangen ist. Wollen Sie sich in die Schuhe des tierischen Lieblings in Ihrer Familie stellen und mehr über ihn oder irgendein anderes Tier wissen? Dann werden Sie zu diesem Tier! Lassen Sie sich auf seine Ebene ein. Rufen Sie sich das Gefühl der Angst in Ihr Gedächtnis und seien Sie ein Tier mit evolutionären Ängsten. Jetzt passen Ihnen die vier Schuhe einer kleinen grauen Maus, Sie haben die Ebene gewechselt und können nachvollziehen, warum die Maus in engen, dunklen Löchern lebt. Maus ist nichts für Sie? »Ich wollt, ich wär ein Huhn«, haben die Comedian Harmonists einst gesungen. Wären Sie eines, würden Sie sich zum Eierlegen verstecken, um sich und das Gelege nicht zu gefährden. Mehr hätten Sie
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