Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
hat das Sozialverhalten zu seinen Artgenossen ganz oben auf der Liste, gefolgt von der Bewegung. Und nun denken Sie daran, wie die meisten Kaninchen gehalten werden: Kleine Käfige und Einzelhaft sind keine Seltenheit – sie sind jedoch das Letzte, was ein Kaninchen braucht. Wie fühlt sich so ein Tier, können wir uns das vorstellen? Es will nichts so sehr wie Artgenossen um sich – und lebt ganz allein. Es will sich bewegen – und sitzt fest, lebenslänglich, bis auf die kleinen Pausen vielleicht, in denen es in der Wohnung umherhoppeln kann. Sehr häufig sind so gehaltene Tiere abweisend, unkooperativ, ängstlich und scheu und manchmal sogar aggressiv. Kein Wunder, alles in ihnen schreit nach artgerechter Haltung. Doch trotz besseren Wissens ändern wir nichts an der ungeeigneten Haltung, denn Kaninchen können weder schreien noch weinen. Ihr Schrei ist zwar stumm, aber für uns durchaus vernehmbar: dann, wenn wir sie genau beobachten. Der Schrei sagt uns: »Gebt uns mehr Platz und lasst uns nicht allein dahinvegetieren!«
Für den ARD-Fernsehfilm »Patchwork« hat das Kaninchen Nala viele unterschiedliche Aufgaben erlernt. Da es in einer Gruppe von siebzehn Kaninchen artgerecht untergebracht ist, stehen ihm jeden Tag neue Impulse der Artgenossen zur Verfügung, die in Kombination mit dem Vertrauen zu mir die perfekte Voraussetzung für ein Miteinander im Alltag, aber auch beim Film sind.
Meerschweinchen teilen meist das Schicksal von Kaninchen. Vielleicht weil sich die witzigen Nager mit Quieken Aufmerksamkeit verschaffen können, dürfen sie manchmal in der privilegierten Gesellschaftshaltung leben. Am wohlsten fühlen sie sich, genau wie Kaninchen, in Gruppen, sie lernen dort ihr Sozialverhalten. Hat ein Tier die Schule des Sozialverhaltens nicht durchschritten, sendet es falsche Signale aus, die zu Auseinandersetzungen führen können. Nichts, was man nicht später noch lernen kann – mit etwas Nachhilfeunterricht ist jedes Meerschweinchen oder Kaninchen wieder in eine Sozialstruktur integrierbar.
Mein Meerschweinchen Cornetto spielte im Kinofilm »Verschwende deine Jugend« zusammen mit Jessica Schwarz, die wir in der »Romy«-Verfilmung als Romy Schneider bewundern konnten. Cornetto sollte unter anderem ein Stück Pizza durchs Zimmer ziehen. Nichts leichter als das! Die Pizza war mit Rucola dekoriert und Cornetto wusste, dass ich ihn mit Petersilie belohnen würde, wenn er auf Ruf zu mir kam. Meerschweinchen sind grundsätzlich verfressen und um den Rucola auf der Pizza nicht im Stich zu lassen, wenn ich rief, hat Cornetto kurzerhand das Stück mit zu mir gebracht, um auch noch die Petersilie zu ergattern und anschließend genüsslich den Rucola zu verspeisen.
Die eigene Ausstrahlung macht’s
Nach dem Beobachten folgt der nächste Schritt: die Kommunikation. Wir bedienen uns unentwegt körperlicher Signale, aber meist nicht bewusst. Manche scheinen zu denken, dass ihr Hund versteht, was sie von ihm wollen, wenn sie mit den Armen herumrudern wie ein Verkehrspolizist oder monoton auf ihn einreden: »Ich habe dir doch schon so oft gesagt, dass du das nicht machen sollst. Warum tust du es immer wieder? Das finde ich gar nicht schön …« Wenn sie das Tier einmal wirklich beobachten, werden sie merken, dass diese Art der Kommunikation wenig bringt. Klarheit und Eindeutigkeit sind nötig, damit sich ein Tier verlässlich orientieren kann.
Wir sind geneigt, kompetent und selbstsicher auftretenden Personen größeren Glauben zu schenken als einem verunsicherten, sich immer wieder auf die Fußspitzen blickenden verzagten Persönchen. Tieren geht es ebenso. Trete ich verunsichert auf, da ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe oder zum ersten Mal mit dieser Spezies arbeite und womöglich Angst zeige, verunsichere ich sofort auch das Tier. Mit seinen Sensoren erfasst es in Bruchteilen von Sekunden, in welchem Gemütszustand ich bin. Wenn ich hingegen voller Elan, Selbstbewusstsein und von einer fühlbaren Kompetenz durchdrungen bin, wird mir das Tier sehr viel schneller vertrauen und mir Zugang zu sich gewähren. Das klassische Beispiel ist der Hund, sofort spürt er die Führungsschwäche eines Menschen und wird sich nicht von ihm führen lassen. Eine Kuh wird bei einem hektischen Menschen sofort verunsichert sein und auf stur schalten, da ihr Gehirn bei hastigen Bewegungen, sprich schnellen Veränderungen, Alarm schlägt.
Eine Katze kann nicht wissen, wann Sie den verhassten Tierarztbesuch mit ihr
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