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Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Titel: Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Kappel
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ohnehin nicht zu tun. Oder: Fluchttier gefällig? Schön, schnell und immer bereit loszurennen. Stellen Sie sich das vor, was Tiere bedroht und bestimmte Reaktionen auslöst. Die Angst vor Isolation zum Beispiel ist eine der angeborenen Ängste von Tieren, aber auch von uns Menschen.
    Mit den Fakten und »gefühlten« Zuständen aus der Recherche über Ihr Tier verstehen Sie allmählich sein Verhalten – eine Mischung aus seiner Sichtweise der Welt, seinen Grundbedürfnissen und seinem instinktiven Verhalten. Haben Sie schon einmal bei Ihrem Nachbarn die Katze gehütet? Während dieser an der Strandbar die dritte Margarita trinkt, sitzt seine Katze unter dem Sofa, sobald Sie die Wohnung betreten. Sie kommt auch nicht wieder hervor, solange Sie da sind, da können Sie noch so viele zärtliche Schmatzlaute von sich geben. Aber die Mieze reagiert nicht etwa beleidigt auf das mittlerweile angeheiterte Herrchen oder Frauchen, sie ist total verunsichert und
versteht das Durcheinander in ihrer kleinen, heilen Welt nicht mehr. Das unwissende Kätzchen wartet in seiner sicheren Deckung ab, was geschieht. In dem Moment, in dem Sie sich auf die Ebene des Tieres einlassen, die Unsicherheit im Kern der Sache sehen und dem zurückgebliebenen Urlaubswaisen Signale geben, dass Sie eine würdige Vertretung des abtrünnigen Herrchens sind, wird das Tier Ihre Unterstützung annehmen.
    Wer frisst am schnellsten?
    Ingrid van Bergen ist ein Schaf, Katy Karrenbauer ein Esel und Olivia Jones ein Kamel – genau das war die Vorgabe für die Promis, die für die RTLII-Produktion »Das Tier in mir« zum Tier werden sollten. Ich als Tierexperte hatte die Aufgabe, den bekannten Zweibeinern vor der Kamera den Weg zur Aufnahme als anerkanntes Mitglied in einer Tiergruppe, einer Herde oder einem Rudel zu ebnen. Diese Mitgliedschaft ist bedeutend preiswerter als der Jahresbeitrag für den Golfclub, sie kostet nichts, außer der Überwindung, sich komplett auf die Tiere einzulassen. Ross Antony und seine prominenten Kolleginnen haben sich dieser Herausforderung gestellt und waren mehrere Tage ausschließlich mit der für sie auserwählten Spezies in deren gewohntem Terrain zusammen. Sie sollten leben und schlafen wie die Tiere, sie sollten essen wie die Tiere – es durfte gefressen werden!
    Die Voraussetzung dafür, Kontakt im Revier einer zusammengeschweißten Tiergemeinde aufzunehmen, ist, sich auf die Ebene der Tiere zu begeben, auch wenn diese sich um einen Schweinetrog scharen oder gemeinsam – wie die Erdmännchen – ein Insektenmenü zu sich nehmen. Ich konnte den Promis nur raten, möglichst viel Menschliches abzulegen und dafür Tierisches anzunehmen. Und genau das rate ich auch allen, die Tieren wirklich nahe kommen wollen. Dafür ist die Bereitschaft,
sich wirklich auf die Art und die Lebensweise der Tiere einzulassen, notwendig. In dem Moment, in dem ich mich in ihre Bedürfnisse hineinversetze, auf gleicher Augenhöhe bin, ihre Sorgen und Überlebensängste beobachte und den Sinn des Verhaltens zu verstehen versuche, kann ich mir vorstellen und fühlen, wie das Tier auf verschiedene Umwelteinflüsse, auf die eigenen Artgenossen und auf uns Menschen reagiert. Vor der Kamera war bei dieser Produktion nur Spaß angesagt, die Mitstreiter aus der Unterhaltungsbranche haben sich selbst, ihre Arbeit und ihr Label verkörpert, um weiter im Gespräch zu bleiben, das Medieninteresse hochzuhalten. Sobald jedoch die Scheinwerfer aus waren und ein intimerer Moment zwischen den Prominenten und den Tieren Platz finden konnte, entwickelte sich eine Verbindung, die mit dem Interesse füreinander begann. Während die Tiere sich für den neuen Menschen interessierten und näher und näher kamen, wuchs das Interesse der Promis am Tier. Ich kam mir vor wie ein Tierlexikon, denn plötzlich wurde ich mit Fragen überhäuft, und aus den oft eher lauten und auffällig lustigen Menschen wurden ruhige, in sich gekehrte Beobachter, die zusammen mit den Tieren im Dreck saßen und das erste Mal in ihrem Leben darüber nachdachten: Welche Art von Sorgen sind die eines Kameles im Umgang mit seinen Artgenossen? Wie könnte sich ein Affe fühlen, wenn er den ganzen lieben langen Tag von Zoobesuchern angestarrt wird? Was wohl ist der Lebensmittelpunkt einer Gruppe Erdmännchen ? Und warum heult ein Rudel Wölfe gemeinsam und nicht jeder für sich? Ross Antony jedenfalls hat gelernt, mit den Wölfen zu heulen, im wahrsten Sinn des Wortes. Singen kann er ja ohnehin, und

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