Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
man ihr dieses Abenteuer antäte.
Würde ich diese Tatsachen missachten und die Katze trotzdem in den Fluss schicken, wäre die Konsequenz daraus, dass das Tier alles, was an diesem Drehtag vorfällt, negativ für sich verbuchen würde. Für den kleinen Tiger wäre der komplette Tag im Eimer! Nicht nur das Wasser an sich, sondern auch die Autofahrt an den Drehort, alle Utensilien dort, die Darstellerin, der Transportkorb und vermutlich auch mich selbst würde die Katze fortan ablehnen oder zumindest äußerst kritisch betrachten. Und wenn Katzen sich einmal etwas in den Kopf gesetzt haben, ist das nicht mehr so schnell zu ändern!
Ein gutes Gedächtnis ist in diesem Fall leider nicht von Vorteil. Es würde bedeuten, dass dieses Tier nie wieder mit hoch erhobenem Kopf ein Set betreten würde und die Film- und Fernsehkarriere somit ein jähes Ende fände. Denn auch für Tiere bedeutet der Einsatz vor der Kamera, telegen zu sein – und das geht nur mit einer freudig selbstbewussten Ausstrahlung. Neben all dem technischen Know-how ist bei der Arbeit mit Tieren wie so oft viel Gefühl gefragt, um die richtigen Entscheidungen »pro Tier« zu treffen. Und diesmal entschied ich klar: Die Katzen bleiben trocken.
Corinna Harfouch bringt übrigens sehr viel Gefühl und Geschick im Umgang mit ihren vierbeinigen Kollegen mit. Wenn sie am Set die Katzen entdeckte, kam sie mit leuchtenden Augen zum Schmusen vorbei.
Die Wasserszene absolvierte sie nun mit der Katzenpuppe. Vor dem Dreh regnete es vierundzwanzig Stunden am Stück wie aus Kübeln. Der bis dahin romantisch plätschernde Bach war schon zum reißenden Gebirgsbach angeschwollen, als sich Corinna im schweren Hexen-Kostüm in die Fluten stürzte. Und plötzlich passierte es: Die Darstellerin wurde von einem Strudel in die Tiefe gezogen. Ich stand mit den anderen starr vor Schreck am Ufer und musste zusehen, wie die Schauspielerin um sich schlagend gegen die Wassermassen um ihr Leben kämpfte. Der Aufnahmeleiter brüllte, dass niemand hinterherspringen sollte – es wäre auch sinnlos gewesen, jeder von uns hätte nur ein weiteres nach Rettung schreiendes Opfer abgegeben. Die Zeit schien stillzustehen! Sekunden wurden zu Stunden. Corinna war schon kopfüber im Wasser verschwunden, nur noch ihre Füße ragten aus dem aufgewirbelten Strudel, wild strampelnd – und mit einem Mal waren auch sie still. Sie war mit einem Seil gesichert, ohne dieses Seil wäre sie wahrscheinlich einfach davongetrieben und hätte sich ans Ufer retten können. Aber so hing sie fest, mit dem Kopf nach unten im Strudel, bewegungslos. Ein furchtbares Bild, das ich nie vergessen werde.
Der Stuntman, der bei dieser Szene assistieren sollte und im Neoprenanzug bereitstand, war sofort hinterhergesprungen und schaffte es, die leblose Corinna Harfouch aus den Fluten zu ziehen. Der tapfere Retter kam mit einem gebrochenen Fußgelenk davon.
Endlich setzte am Set wieder die Routine ein. Immer, wenn Stunts gedreht werden, steht ein Notarztwagen bereit. Sofort wurde die Hauptdarstellerin ins nächste Krankenhaus gefahren.
Corinnas Schutzengel war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Schon nach drei Tagen Intensivstation war die tapfere Darstellerin wieder am Set, ein Voll-Profi eben, absolut bewundernswert. Und schon wieder musste sie Wasser ertragen. Dieses Mal stand sie im Moor, in einem strömenden Filmregen, der aus Feuerwehrschläuchen auf sie herabprasselte. Im Gegensatz zu den Mitgliedern im Team, die live erleben mussten, wie die Hauptdarstellerin um ihr Leben kämpfte, hatte Corinna überhaupt keine Erinnerung an das dramatische Geschehen behalten. Vielleicht gehörte das auch zum gut ausgeführten Job des Schutzengels?
Natürlich wusste die Presse bereits einen Tag nach dem Unfall Bescheid, wenn sie auch wieder einmal nur die halbe Wahrheit verbreitete, nämlich dass die Hauptdarstellerin zusammen mit »ihrer« Katze fast ertrunken wäre. Einige Blätter berichteten sogar, dass die Katze mit dem Leben bezahlt hätte. In Wahrheit hat unsere Katzenpuppe die Wasserschlacht von allen Beteiligten am besten überstanden, sie ist einfach nur nass geworden. Nach einem Kurzprogramm »waschen, föhnen, legen« war sie wieder bis in die letzte Haarspitze gestylt und einsatzbereit. Ich war sehr glücklich, dass ich der Regisseurin gewissermaßen die Katze im Sack hatte verkaufen können.
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