Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
berechtigten Forderung nach einer artgerechten Tierhaltung überhaupt gerecht werden? Mit unseren Haus- und Nutztieren fällt uns das bekanntermaßen sehr schwer. Aber auch die Wildtiere beeinflussen wir mehr, als uns oft bewusst ist. Wir verknappen ihren Lebensraum, und das nicht allein durch Industrie und Besiedelung.
Die Axt im Walde
Gern tummeln wir Zweibeiner uns in den Bergen, selbst im tiefsten Winter ist die Natur nicht sicher vor uns. Mit polarfesten Winterjacken und Schuhen stapfen wir durch sämtliche Bergketten und Gebirge dieser Erde. Es kommt uns nicht in den Sinn, dass dies der Lebensraum unzähliger Tiere ist, die wir durch unsere laute Anwesenheit und unser unsensibles Eindringen in ihre Reviere nicht nur in Habachtstellung versetzen, sondern oft regelrecht in Panik. Die Herde Rotwild, die wir völlig unnötig aufschrecken, sehen wir meist gar nicht
und wenn, sind wir fasziniert von der Schönheit und ursprünglichen Wildheit, die uns da begegnet. Dass die Tiere durch die Flucht vor der vermeintlichen Gefahr Mensch in der mit Schnee überzogenen, rauen Berglandschaft wichtige Energie verlieren, die sie zum Überleben dringend benötigen, und dass dadurch die Schwächsten der Herde in Lebensgefahr geraten, fällt uns dabei nicht auf und auch nicht ein. Nein, wir verbrauchen die letzten Kraftreserven der Tiere, indem wir uns wie die sprichwörtliche Axt im Walde benehmen.
Und warum tun wir das? Wir haben zu viel Energie, die nirgends mehr in unserem Alltag abgefragt wird. Wir haben zu wenig Verwendung für unsere Abenteuer- und Actionhormone. Also quält uns die Frage: Wie werden wir bloß unsere überschüssige Energie los, wir unbeschäftigten Menschen, damit wir uns mal wieder ausgeglichen und entspannt fühlen können? Da wir weder frieren noch hungern müssen und zu jeder Tages- und Nachtzeit mit hochwertiger Nahrung versorgt sind, brauchen wir einen sportlichen Ausgleich, sonst werden wir unzufrieden, nörgelig und nicht zuletzt fett.
Wir befinden uns in einem Teufelskreis, der unser grundsätzliches Streben nach mehr – mehr Ansehen, mehr Besitz, mehr Jugendlichkeit, mehr Erlebnis – unterstützt. Doch werden wir satt dabei? Wirklich ausgeglichen? Wirklich glücklich? Viele propagieren mittlerweile einen anderen Weg als den, wie ein Wahnsinniger einer gelben Filzkugel nachzujagen oder das Höher-Schneller-Weiter in die letzten versteckten Winkel der Bergwelten zu tragen. Langsamer, ruhiger, achtsamer – so könnte es eher etwas werden mit der Ausgeglichenheit. Wenn wir uns ab und an die Zeit nehmen, die eigene Umgebung bewusst zu beobachten, die Schönheit des eigenen Lebensraumes wahrzunehmen, setzen wir unserem vollgepackten Alltag etwas entgegen. Aus einer solchen Ruhe heraus finden wir dann auch viel leichter die Aktivitäten, die wirklich zu uns passen
und uns erfüllen. Wie wäre es mit mehr Zuwendung für die Familie und/oder die Tierfamilie? Wir könnten eigene Talente, die der Mitmenschen oder die unserer Tiere entdecken und fördern. Das wiederum wird uns dann vielleicht auch zu einem immer verständnis- und achtungsvolleren Umgang mit der Tierwelt und der Natur führen. Wir erkennen, was uns zuvor verwehrt blieb: Wir sind ein Teil der Natur.
Regisseur und Tiertrainer: Ein Fachidiot trifft auf den anderen
Am Set liegt es an jedem Trainer, wie er mit seinen Tieren umgeht. Ich verstehe mich selbstverständlich auch als Beschützer der Tiere. Ich werde nicht nur engagiert, um die Tiere für die Aufgaben des Drehbuchs vorzubereiten, sondern auch, um verwegene Ideen der Regie im Sinne des Tieres und seiner realen Möglichkeiten umzusetzen. Ich kann nicht voraussetzen, dass die Regie weiß, was für den tierischen Darsteller zumutbar ist. Ich bin es, der wissen muss, was das Tier freiwillig zu geben bereit ist, und muss seine Leistungen dem Talent entsprechend abrufen. Ein Gewichtheber wird trotz intensivem Sprintertraining immer als Letzter seinen schweren Körper über die Ziellinie wuchten. Der Kugelstoßer wird nie als Hochspringer erfolgreich sein. Ein russischer Windhund wird mit Sicherheit das Rennen gegen einen kurzbeinigen Vertreter der Rasse Dackel gewinnen. Und ich als Tiertrainer werde mich nie bei der Regieführung und dem anschließenden Schnitt des Filmes einmischen.
Bühne frei für die Regiebesprechung! Der Regisseur schildert seine Vorstellungen: Das Pferd hat tot zu sein, während es nach einer Explosion in einem Tunnel auf dem Asphalt liegt – Ideen der Regie
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