Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
Interaktionen durchzuführen, unabhängig von der Person des Schauspielers und seinem Verhalten. Ob ich für das Training eine Schaufensterpuppe oder einen Kartoffelsack benutze, ist dem Tier egal. Sage ich »Zerr«, wird der Hund dort zerren, wo ich mit dem Finger hinzeige. Sage ich »Küss«,
wird das Tier dort schlecken, wo ich hinzeige, das ist am Set meist das zuvor in der Maske sorgfältig geschminkte Gesicht eines Schauspielers.
Der Hund ist wohl das einzige Tier, das einen Fingerzeig mit einem Kommando verknüpfen kann. Aber natürlich muss ich auch die anderen Tiere vorbereiten. Um ein Huhn dazu zu bringen, auf Pfiff zu hören, trainiere ich das mit einem universal klingenden Pfiff, und dem folgt es – egal wer pfeift. Ich präge das Küken schon im Ei und pfeife in der Brutphase von draußen auch gern mal den Radetzkymarsch. Katzen motiviere ich während des Trainings mit Futter, und genau dieses Futter finden sie bei den Schauspielern wieder, wenn es am Set »um die Wurst« geht.
Bei manchen Schauspielern ist es für mich sogar Gold wert, wenn sie nicht mit dem Tier in Kommunikation treten, da sie durch den Umgang mit dem tierischen Kollegen den vielbesagten Wurm in meine Arbeit bringen würden. Ein dominantes »Nein« aus der geschulten Kehle des Schauspielers kann das Tier schnell verunsichern und deshalb seine Rolle verhaltener spielen lassen als von der Regie gewünscht. Manchmal ist es wiederum sehr hilfreich, wenn ein Schauspieler mit dem Tier agiert. Speziell in Szenen, in denen die Tiere enger mit dem Darsteller interagieren sollen, ist eine Kontaktaufnahme für alle Beteiligten hilfreich.
Ich könnte an dieser Stelle eine lange Liste an Schauspielern aufzählen, die wirkliche Tierfreunde sind und mit einer professionellen Natürlichkeit ihre Rolle zusammen mit dem Filmtier gespielt haben, sodass dieses noch stärker mit Feuer und Flamme bei der Arbeit war. Zu Freunden geworden waren beispielsweise Elvis, der weiße Riese, ein männlicher Pyrenäenberghund, und das komplette Ensemble der ARD-Vorabendserie »Powder Park«, allen voran Sebastian Ströbel, der mittlerweile die Hauptrolle in der RTL-Serie »Countdown«
spielt, Igor Jeftic, derzeit einer der beiden Cops der ZDF-Produktion »Die Rosenheim-Cops« und die Tochter des ewigen Lausbuben Hansi Kraus, Miriam Krause. Damit war eine zusätzliche Antriebsfeder für den großen, schweren Hund entstanden, seine zweibeinigen Schauspielerkollegen durch dick und dünn zu begleiten. Auch wenn dieser Herdenschutzhund nicht ganz an eine Kuh heranreicht, so fehlen ihm doch nur noch zwanzig Zentimeter, um die Schulterhöhe einer Hinterwälder Kuh zu erreichen – auch eine Tierart, die gern bereit ist, mit Schauspielern Freundschaft zu schließen, wobei sie ihnen allerdings manchmal im Eifer des Gefechts doch ein klein wenig zu nahe kommt.
Hinterwälder sind nicht gleich Hinterwäldler
Der Hinterwäldler ist uns allen bekannt, als Banause, Hohlkopf und Kulturbarbar. Die Hinterwälder dagegen kennt kaum jemand, doch ab heute wissen Sie Bescheid: Das eine kleine l nach dem d weggelassen, und schon wird ein Banause zu einer charmanten, klugen Kuh. Ich darf Sie bekannt machen mit Rehlein, meinem Rehlein, einer emanzipierten Kuh der Rasse Hinterwälder. Rehlein und ich haben zusammen Filmaufnahmen für die Vorabendserie »Die Rosenheim-Cops« bestritten. Rehlein kommt aus dem Hochschwarzwald und gehört einer der kleinsten Rinderrassen in Mitteleuropa an. Sie und die anderen Hinterwälder sind Relikte aus dem 19. Jahrhundert. Sie wurden damals ihrer Vielseitigkeit wegen gezüchtet. Da sich die Mehrzahl der Bauern in diesem Jahrhundert Ochsen und Pferde nicht leisten konnte, war ein pflegeleichtes Rundumsorglospaket gefragt: Milch- und Fleischlieferant, Traktor, Auto, Zentralheizung, Düngerproduzent und Landschaftsgärtner in einem! Die Attribute Widerstandsfähigkeit, Langlebigkeit (fünfzehn bis achtzehn Jahre, richtig gesund im
Vergleich zu der kurzen Lebenserwartung der heutigen hochspezialisierten Milchkühe), Gängigkeit, das heißt kooperatives Mitmachen, wenn sie am Strick oder Halfter geführt wird, Ausdauer, Zähigkeit und harte Klauen sind auch für mich auf der Suche nach einer Filmkuh sehr wichtig.
Die Ausbildung einer Filmkuh ist weit entfernt von der Ausbildung der Pfoten- und Tatzengänger. Auf dem Trainingsplan von Klauen- und Huftieren stehen das Gehen am Halfter, das Ziehen von Hängern und das Laufen im Gespann. Danach trainiere ich
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