Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
von achtundsiebzig Zentimetern auch eine erfolgreich absolvierte Schutzhundausbildung vorweisen kann, war ich Woche für Woche auf Abruf, um seine Bilder zu drehen, die ununterbrochen buchstäblich ins Wasser fielen. Zorro fand es großartig, während der Wartezeiten durch Pfützen zu rasen und alles um sich herum noch nasser zu machen, soweit das überhaupt möglich war.
Die ersten Wochen sind wir nicht über das Warten hinausgekommen. Das geflügelte Wort in dieser Branche ist, dass Schauspieler, auch die tierischen, ihre Gage fürs Warten bekommen, den Rest machen sie umsonst. Das stimmt natürlich nicht ganz, und auch dieses Warten ist nicht immer so einfach. Ich habe dabei wirklich gut zu tun. Denn die große Kunst für mich als Trainer in diesen Warteschleifen ist das Entertainment
für die Tiere. Die Wartezeit muss möglichst kurzweilig und trotzdem entspannend für die tierischen Filmstars sein. Während sich die zweibeinigen Stars in ihre gemütlichen Wohnwagen zurückziehen, Musik hören, Bücher lesen, im Internet surfen, vom leckeren Catering naschen oder ganz einfach schlafen, verfolge ich unentwegt in Hab-Acht-Stellung jede Regung des wartenden Tieres, um sofort die kleinste Änderung seiner Gemütsverfassung zu erkennen und darauf zu reagieren. Damit das Tier auch wirklich zur Ruhe kommt, muss ich mir, ob ich will oder nicht, in dieser Wartezeit die Ausstrahlung einer Schlaftablette aneignen, alle Antennen bleiben dennoch in Richtung Tier ausgefahren. Irgendwann geht es dann tatsächlich mal zum Dreh – und dann muss das Tier ausgeschlafen und bester Laune sein.
Wenn Zorro und ich am Set auftreten, erstarren alle vor Ehrfurcht. Es wird mucksmäuschenstill, um die »gefährliche Bestie« bloß nicht zu reizen. In all den Jahren hat sich daran nichts geändert. Noch immer ist der Dobermann ein Hund, der größten Respekt hervorruft. Genauso wollte Herr Dobermann das auch: Der große Hund erhielt seinen Namen im 19. Jahrhundert nämlich von seinem ersten bekannten Züchter, Herrn Friedrich Louis Dobermann. Jener Herr war Steuereintreiber und paarte, zur Vereinfachung seiner beruflichen Pflichten, einige besonders scharfe Hunde. Die führte er dann mit sich, um möglichst schnell und unbürokratisch an das Geld der Bürger zu kommen. Da sage noch mal einer, wir würden in schlechten Zeiten leben! Oder wofür würden Sie sich entscheiden: für ein Einschreiben vom Finanzamt oder einen Herrn Dobermann vor Ihrer Haustür?
Um seine Begleiter stattlich und respekteinflößend zu gestalten, mixte Herr Dobermann einen bunten Cocktail an Rassen, wie Vorläufer unserer heutigen Schäferhunde und Rottweiler,
Bastarde aus Pinscher und Jagdhunden. Der schnelle Greyhound sollte dem Dobermann die schlanke, windschnittige Figur vererben und natürlich die Schnelligkeit. Die Arbeitsplatzbeschreibung »zusammen mit Herrchen Steuern eintreiben« verhalf dem Hund bald zu seinem schlechten Ruf, und noch immer ist der Dobermann ehrfurchtgebietend. Menschen machen gern einen Bogen um ihn.
Auch wenn nicht immer drin ist, was draufsteht, wird der Dobermann beim Casting stets dann bevorzugt, wenn es eine Angriffsszene zu drehen gibt. Erinnern Sie sich noch an die beiden Jungs, die in der amerikanischen Fernsehserie »Magnum« das Grundstück bewachten? Es liegt auf der Hand, für eine explosive Szene einen Hund zu casten, der auch eine aggressive Ausstrahlung hat. Zorro musste also immer den Bösen spielen: Zähnefletschen, lautes Bellen, tiefes Knurren, von diesen klassischen Attributen wurden seine Auftritte geprägt. Haben Sie Klaus Kinski jemals in einer liebevollen, sanften Rolle erlebt? Auf eine ähnliche Weise festgelegt wurde auch mein Zorro, der doch im Grunde seines Herzens ein herzallerliebster »kleiner« Schmuser ist.
Er musste oft mit Höchstgeschwindigkeit seine Opfer verfolgen, wie die arme Christiane Hörbiger, die als Alma Mitterteich in der gleichnamigen Krimireihe in letzter Sekunde in ein Auto flüchten konnte, an dem Zorro wild bellend und ziemlich schlecht gelaunt hochsprang. Seine Lefzen legten die Zähne bis zum Anschlag frei und seine Nackenhaare waren denen eines wild gewordenen Wildschweins nun nicht mehr unähnlich. Meine Kollegin Conny saß derweil hinter dem Beifahrersitz, für die Kamera nicht sichtbar, mit Christiane Hörbiger im Wagen. Ihre Aufgabe war es, dem Hund das Kommando zu geben, das Auto von außen zu attackieren. Frau Hörbiger verlangte sehr nach Beruhigung, Connys Einsatz
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