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Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Titel: Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Kappel
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Beobachtungsposten, um Katzen »auszuspionieren«. Egal ob klein oder groß, Hauskatze oder Großkatze, alle Katzen sind gnadenlose Jäger. Zielorientiert verfolgen sie ihre Beute und beweisen, dass dieses Verhalten absolute Emotionslosigkeit voraussetzt. Ein winziges Zögern beim Schlagen, eine Sekunde des Nachdenkens über die Moral der Tat würde zum sicheren Hungertod führen.
    Geliebte Rabenmutter
    In all den Situationen, die wir Menschen gern mit Emotionen beladen, beobachte ich meine und andere Tiere bewusst und kritisch, um zu erkennen, ob meine Theorie in der Praxis standhalten kann. Im Laufe der Zeit kam da Erstaunliches zusammen, auch im Verhalten von Tiermüttern.
    Kleine, acht Wochen alte Hundewelpen verließen ihre Mutter, um ihr neues Zuhause zu erobern. Eine regelrechte Erleichterung war bei der »armen Mutter« zu erkennen. Nicht eine Sekunde trauerte die »allein gelassene« Hündin ihren Welpen nach. Sie hatte nach acht Wochen einfach, pardon, die Schnauze voll. Die Hundemutter wusste, dass die Kleinen nun selbstständig sind, dass ihre Aufgabe erledigt war und sie daher dafür sorgen konnte, selbst wieder zu Kräften zu kommen. Wir interpretieren es meist anders. Tatsächlich aber geht es einzig und allein um den Mutterinstinkt. Ein Urwissen, das über die Gene weitergegeben wurde und der Arterhaltung dient. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!
    Als vor vielen Jahren meine Kamelstute zwei Tage nach der Geburt ihr Fohlen verlor, hatte ich nichts Besseres zu tun, als das tote Kamelkind ganz schnell wegzubringen. Und so schrie die Kamelmutter tagelang nach ihrem Nachwuchs. Eigentlich
ein perfektes Beispiel dafür, dass sehr wohl Emotionen eine Rolle spielen. Allerdings nur eigentlich, denn als bei einer anderen Kamelstute, auch wieder kurz nach der Geburt, das Jungtier starb, habe ich das tote Tier vierundzwanzig Stunden bei der Mutter gelassen und es erst dann weggebracht. Diese Mutter hat kein einziges Mal geschrien, und ich habe keine Tränen in ihren wunderschönen Augen entdeckt.
    Nun wurde mir klar, dass das Verhalten der ersten Kamelstute nichts mit Emotionen zu tun hatte, sondern ein instinktives Verhalten war: Sie wollte dem Jungtier die höchstmögliche Überlebenschance bieten und damit das Überleben der Spezies gewährleisten. Durch die lange Tragezeit zwischen elf und dreizehn Monaten muss die Mutter viel intensivere Instinkte entwickeln, um das Überleben des Jungtieres zu sichern, als eine Tiermutter, die im Sechs-Wochen-Takt zehn bis fünfzehn Jungtiere auf die Welt bringt, wie das zum Beispiel bei Mäusen nicht unüblich ist. Es gibt unterschiedliche Strategien, die eine Genkombination entwickeln kann, um sich möglichst erfolgreich fortzupflanzen. Manche Lebewesen haben eine kürzere Lebenszeit und produzieren pro Geburt viele Nachkommen; ihre Strategie zielt nur darauf, dass einige überleben und diese sich wieder multiplizieren. Der lebendgebärende Zierfisch Guppy ist einer der beliebtesten Süßwasser-Aquarienfische, der sich sehr schnell vermehrt. Dann gibt es die Arten, die eine hohe Lebenserwartung haben und wenige Nachkommen pro Geburt. Hier sorgen die Elterntiere oder zumindest die Mütter mit aller Kraft dafür, dass die Jungen sicher in ein fortpflanzungsfähiges Alter kommen – Elefanten oder eben Kamele sind Beispiele dafür. Papagei und Adler haben die gleiche Strategie, sie werden alt und legen wenige Eier. Immer gibt es Ausnahmen : Schildkröten und Krokodile werden zwar steinalt, legen allerdings Unmengen von Eiern, jedoch folgen auch sie
der Logik der Natur, denn von einem Gelege erleben nur sehr wenige die Geschlechtsreife.
    Das tote Kamelfohlen, das ich sofort aus dem Stall gebracht hatte, war für die Mutter plötzlich verschwunden. Sie hatte den Tod des Jungtieres noch nicht wahrgenommen, deshalb schrie sie instinktiv nach ihrem verlorenen Kind. Die zweite Kamelstute, deren totes Fohlen ich zunächst im Stall liegen ließ, hatte genügend Zeit wahrzunehmen, dass es tot ist und sie dadurch von ihrer Aufgabe entbunden war, das Jungtier großzuziehen. Sie konnte sich wieder dem ganz normalen Tagesablauf widmen.
    Ob Kamele, Katzen, Kühe, Rentiere, Hunde oder Schafe, immer konnte ich dasselbe Verhalten beobachten: Sobald die Mutter die Zeit hat, den Tod ihres Jungtieres wahrzunehmen, kann sie die intensiven Bande zu ihrem Nachwuchs instinktiv ganz einfach lösen.
    Der König ist tot, es lebe der König
    Bei Dreharbeiten in Ungarn arbeitete ich mit einem

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