Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
Ihrem Kind, Ihrem Hund, Ihrer Katze, Ihrem Partner, Kunden oder Freund hinterherzurennen, sondern unbeirrt Ihren Weg fortsetzen, werden Sie Respekt ernten oder noch besser: auf Ihrem Weg begleitet werden. Die anderen sind plötzlich bei Ihnen, sie sind da und das gern.
Sie kennen es aus Liebesbeziehungen, aber auch von Aufgaben, die Ihnen gestellt werden, und von Verantwortung, die Sie tragen. Je mehr man sich in ein Thema verbeißt, desto sicherer fängt man sich den Tunnelblick ein. Man sieht vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr, man hält krampfhaft das fest, was vielleicht gar nicht bleiben möchte. Manchmal bedeutet Verantwortung abzugeben, sie wirklich zu übernehmen. In den Beziehungen zu meinen Tieren wurde mir das immer wieder deutlich. Kein Mensch kann ein ganzes Leben lang auf ein anderes Lebewesen aufpassen, ohne dass beide dadurch in einen Konflikt miteinander geraten. Den Zeitpunkt, an dem man abwägen sollte, den Beschützten loszulassen, erkennt man selbst nur sehr schwer. Meist merken wir erst, wenn er Hals über Kopf das Weite sucht, dass der Zeitpunkt zum Loslassen überschritten war. Das Haltbarkeitsdatum der Festhaltetaktik ist schwer erkennbar und manches Mal schmerzhaft erfühlbar.
Fuchs sucht Familienanschluss
An einem sonnigen Frühlingstag übergab mir eine Jägerin einen jungen Fuchs. Sie hatte die überfahrene Mutter des Kleinen am Straßenrand gefunden und sich die Mühe gemacht,
den Fuchsbau zu finden, in dem vermutlich die Jungtiere mit hungrigen Mägen auf ihre Mutter warteten. Füchse sind für Jäger eher Störenfriede im Revier. Sie dezimieren den Wildbestand, die Rehkitze, Hasen und Kaninchen, Fasane, Wildenten und Gänse. Im Frühjahr plündern sie die Gelege der brütenden Vögel. Für Jäger keine Freude, und viele haben dem Fuchs regelrecht den Kampf angesagt. Schon aus diesem Grund ist besagte Frau eine ungewöhnliche Jägerin, sie hat ihr Revier und die althergebrachten Traditionen ihres Vaters übernommen und verwaltet sie mit viel Tierliebe und großem Verantwortungsgefühl. Ihre Vermutung stimmte: Ein kleines Füchslein saß allein im Bau, es hatte bereits die Augen offen und war daher nicht mehr mit allen Konsequenzen auf Menschen zu prägen. Wenn Jungtiere einmal ihre Mutter und Geschwister gesehen haben, ist es »um sie geschehen«. Sie sind für immer auf das Aussehen und Verhalten ihrer Artgenossen geprägt. Da kann ich als Mensch so lange mit Hühnchenfleisch locken, bis ich es dem mittlerweile knurrenden Magen zuliebe selbst verspeise, nie mehr wird mir das uneingeschränkte Vertrauen dieses Tieres zuteil werden. Auch wenn Fox, wie ich die kleine pfiffige Fähe nannte, mit meinem aktuellen Wurf Hunde aufwuchs und jede Menge Spielkameraden hatte, war ihr Drang davonzulaufen, wann immer es möglich war, groß. Was sollte ich tun? Mit der Hoffnung und zum Glück schon jeder Menge Erfahrung in der Tasche, dass das Fuchsmädchen wieder zurückkommen würde, ließ ich die kleine Jägerin Reineke laufen. Und siehe da, pünktlich zur nächsten Fütterung stand sie wieder vor der Tür! Das ist es, was ich mit Loslassen meine. Dieses Loslassen ist nicht gleichbedeutend mit einem Verlust oder damit, jemanden oder etwas einfach fallenzulassen. Den kleinen Fuchs habe ich laufen lassen, weil es seine Natur ist, die Freiheit zu suchen. Immer und immer wieder, jeden Abend kam er zu seinem frei gewählten Zuhause zurück. Er tut es bis heute.
Aus Beispielen wie diesen habe ich persönlich auch sehr viel für meinen Umgang mit anderen Menschen und in Beziehungen gelernt. Eigentlich liegt es ja auf der Hand: Dort wo geklammert, gefordert und festgehalten wird, wollen wir nicht bleiben. Wir spüren den Druck, die ständig in der Luft liegenden Forderungen schnüren uns den Hals zu. Und irgendwann suchen wir das Weite. Sind wir jedoch frei, um immer wieder neu selbst zu entscheiden, wie tief wir uns in das Miteinander einbringen können und wollen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel größer, dass die Beziehung funktioniert, dass wir bleiben, und das gern. So etwas erlebte ich auch mit einem Hund, der ein schweres Schicksal hinter sich hatte.
Nummer 41 will leben
Ich konnte nicht anders, ich musste einfach in dieses staatliche Tierheim in Lissabon, während ich für Filmaufnahmen in Portugal war. Wenn ich Tiere wie dort eingesperrt, an kurzen Ketten angebunden und ihrer Freiheit beraubt sehe, könnte ich selbst zum Tier werden, und mein Gewissen bezüglich Recht und
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