Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
Diplomatie in Beziehungen zukunftsorientierter als Trennungen, und auch bei der Tiererziehung ist diplomatisches Geschick der richtige Weg zum Erfolg.
Druck lässt sich nicht vermeiden, er gehört zum Leben. Begegnen Sie Druck am besten, bevor er unangenehm werden könnte, indem Sie aktiv die Interaktion steuern. Manchmal durch Nachgeben und Rechtgeben, manchmal durch Vorgeben und sogar Vorpreschen. Wenn Ihnen bewusst ist, dass Sie immer wieder Druck ausüben, nur um nicht selbst unter Druck zu geraten, werden Sie bald neue Strategien probieren. Da wir
ein Teil der Natur sind, gelten auch für uns die Gesetze der Natur, die letztlich so einfach anzuwenden sind.
Loslassen ist Festhalten
Dieses Naturgesetz ist eng verwandt mit dem vom Druck, der Gegendruck erzeugt. Lassen Sie mich das zunächst am Beispiel Pferd verdeutlichen. Stolze Pferdebesitzer stellen die »Macken« ihrer neu erworbenen, scheckheftgepflegten Vierbeiner erst durch eigene Erfahrungen fest. Ein abgestumpfter »Gaul« ist oft bereits durch verschiedene harte und unnachgiebige Hände gegangen, die das Tier sicher nicht sensibler gemacht haben. Eiserne Härte führt nie zum Erfolg, schon dreimal nicht beim Fluchttier Pferd.
So macht das Pferd nun dem nächsten Besitzer das Leben schwer, da es keine Alternative hat, es wurde ihm bisher nichts anderes beigebracht, als auf Druck mit Gegendruck zu reagieren. Das allerletzte Mittel eines Fluchttieres ist der Angriff. Aber auch ein Davonlaufen setzt uns gewaltig unter Druck, denn nun sind wir aufgefordert, das Tier wieder einzufangen. Eine Lawine von Druck und Gegendruck nimmt ihren Lauf. Ein Fluchttier überlebt in der freien Wildbahn, weil es flieht. Der Name ist Programm. Ein häufiger Umgebungswechsel ist für ein Pferd eine Überlebensstrategie und tatsächlich nicht als unangenehm einzustufen, da er ein instinktives Verhalten ist. Von Stall zu Stall ist es befördert worden, immer wieder weiterverkauft, keiner hat über die Macken gesprochen, nur um das Tier wieder ohne Verlust loszuwerden. Jetzt haben Sie ihn am Hals, den störrischen Vierbeiner, sitzen auf und stellen fest, dass das Pferd so gar nichts mit Ihnen zu tun haben will, im Gegenteil, es macht es Ihnen auf jede erdenkliche Weise schwer, solange Sie auf ihm sitzen. Die ablehnende Haltung
des Tieres Ihnen gegenüber ist nicht zu übersehen. Sie reagieren, indem Sie sich durchsetzen, also mit Druck, das Pferd zahlt es Ihnen zurück mit Gegendruck, möglicherweise versucht es sogar Sie abzuwerfen.
Das Spiel kann beginnen
Nichts da! So weit lassen wir es nicht kommen, schon vorher wird die neue Errungenschaft Augen machen, weil Sie nämlich die Taktik ändern: Sie sitzen gar nicht auf, Sie offerieren dem Tier anstelle eines Befehls eine Option, nämlich die, sich aus freien Stücken entscheiden zu können. Sie lassen es los und durchbrechen damit eingefahrene Strukturen. Indem Sie nicht auf dem Tier sitzen, sondern auf gleicher Augenhöhe, von Angesicht zu Angesicht in die schönen Pferdeaugen blicken, können Sie seine Angstsignale erkennen. Pferde lassen sich schnell in Angst versetzen und sind deshalb immer bereit zu fliehen. Die schlechten Erfahrungen, die das Tier bereits sammeln musste, haben das noch verstärkt. Ihre Aufgabe ist es nun, die Angst des Tieres auszuschalten und sein Interesse einzuschalten. Das gelingt Ihnen, indem Sie auf sein Verhalten eingehen. Wie wäre es, Ihr Pferd auf der Weide zu besuchen und sich, ohne Kontakt mit ihm aufzunehmen, ein Stündchen in die Sonne zu legen? Vorausgesetzt, Petrus meint es gut mit Ihnen, machen Sie das so lange, bis Ihr Pferd unaufgefordert zu Ihnen kommt. Das Interesse ist geweckt, die Angst ist ausgeschaltet. So hat das Tier die Chance, Vertrauen zu Ihnen aufzubauen. Der für sein Wohl zuständige Mensch ist nicht länger Gegner, sondern wird zum Partner. Haben Sie erst einmal das Vertrauen Ihres Pferdes gewonnen, wird es mit Ihnen durch dick und dünn gehen. Sie können getrost und gelassen mit der Ausbildung beginnen, denn der Teamgeist ist wachgeküsst. Das Spiel kann beginnen! Nur wer davonlaufen darf, kann auch wieder zurückkommen.
Das gilt für Pferde ebenso wie für Menschen. Sie laufen Ihrem Kind hinterher, aber das Kind lässt sich nicht fangen. Sie laufen Ihrem Hund hinterher, aber der macht genau dasselbe wie das Kind. Auch Ihre Katze rennt davon, wenn Sie sie fangen möchten. Der Partner, der Kunde, die Freunde, keiner will gefangen werden. Sobald Sie aber aufhören,
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