Tiere
nicht tun konnte, sagte ich nur, es solle den Mund halten, und ging weiter zum nächsten Abteil. Das hatte eine richtige Matratze und war schon seit ein paar Wochen leer. Das Rothaarige schaute sich um und gab ein paar unverständliche Laute von sich, als ich das Metallgitter aufmachte und es gegen die Wand schlug. Das Rothaarige versuchte, sich von mir loszureißen, aber ich gab ihm einen kleinen Stoß, da stürzte es ins Abteil und fiel auf die Matratze. Es sackte einfach in sich zusammen, sodass ich mich nicht einmal beeilen musste, um das Gitter zu schließen. Ich vergewisserte mich, dass alle Riegel anständig verschlossen waren, und holte dann einen Eimer mit Wasser. Ich habe unten immer zwei oder drei volle Eimer stehen, nur für den Fall. Ich drehte mich zum Abteil des Dicken um und tat so, als würde ich mit dem Eimer ausholen. Da duckte es sich weg und rief: «Nein, nicht! Es tut mir leid!» Es verharrte so, wartend, dann stellte ich den Eimer ab, ohne das Wasser über ihm auszukippen.
Manchmal ist es besser, wenn man sie einfach im Glauben lässt, man würde etwas tun. Auf diese Weise wissen sie nie, wann man es ernst meint.
Wir sind in den Pub gezogen, nachdem mein Papa im Stahlwerk entlassen wurde. Er war Elektriker in der Schmelzerei. Dort stehen die großen Öfen und Maschinen. Einmal hat er mich mitgenommen. An viel kann ich mich nicht erinnern, außer dass es heiß und dunkel und unglaublich laut war. Es gefiel mir nicht. Ich hatte Angst, dass ich mich verlaufen könnte oder dass mich die ganzen Funken verbrennen, die dort rumfliegen.
Dann haben sie ihn entlassen und ihm jede Menge Geldgegeben, mit dem meine Mama und er den Pub kaufen konnten. Der war nicht an eine Brauerei gebunden und hieß früher
The Saddle
, mein Papa taufte ihn aber in
The Brown Bear
um. So hieß sein Lieblingspub, als er jünger war. Er hatte extra ein neues Schild anfertigen lassen, doch als es geliefert wurde, war der Bär eher weiß als braun. Meine Mama bekam einen Anfall, weil wir es schon bezahlt hatten. Mein Papa versuchte, den Schildmaler dazu zu kriegen, ein neues zu machen, aber er weigerte sich. Deshalb hatten wir schließlich einen Eisbären draußen hängen. Mein Papa machte immer einen Witz draus und erzählte jedem, der fragte, dass es ein Braunbär ist, dem es nicht besonders gutgeht. Aber meine Mama fand das nie lustig. Ich fand immer, dass der Bär, unabhängig davon, welche Farbe er eigentlich haben sollte, ein bisschen bösartig aussieht.
Die erste Zeit nach unserem Einzug war furchtbar aufregend. Ich lag nachts im Bett und lauschte den Leuten, die unten lachten und redeten. Es war, als würden meine Mama und mein Papa jeden Abend eine Party feiern. Manchmal schlich ich mich runter und spähte durch die Tür in die Küche. Von dort konnte man ein bisschen vom Gesellschaftsraum und von der Schankstube sehen. Der Gesellschaftsraum war fast immer leer, die Schankstube aber jedes Mal zum Bersten voll, sowohl nachmittags als auch abends, denn ständig kamen neue Schichtarbeiter aus den Fabriken. Alle Männer trugen Overalls und Arbeitsklamotten. Unter dem Zigarettenqualm und Bierdunst lag immer ein öliger Maschinengeruch. Ich lauschte gerne ihren Stimmen und dem Klirren der Gläser. Das gab mir ein warmes, behagliches Gefühl.
Aber das ist jetzt alles vorbei.
Kapitel 3
A m nächsten Tag luden mich Cheryl und Karen ein. Ich hatte sie den ganzen Morgen nicht gesehen. So ist es manchmal. Wenn man nichts in ihrer Abteilung zu tun hat, kann man ihnen tagelang nicht über den Weg laufen. Ich arbeite in diesem großen Bürogebäude vom Arbeitsamt. Da geht es überall um Arbeitsvermittlung und so weiter, und es ist echt riesig. Es hat zwölf Stockwerke, und man kann sich leicht darin verlaufen. Ich kenne mich aber ziemlich gut dort aus.
Meine Mama war unglaublich froh, als ich den Job bekam, denn so konnte sie den Leuten sagen, dass ich für die Regierung arbeite. Dabei musste ich mich nicht einmal bewerben. Das Arbeitsamt hatte mich gefragt, ob ich an ein paar Förderprogrammen teilnehmen wollte, und ich sagte, in Ordnung, und füllte ein paar Formulare aus. Als Nächstes sagten sie mir, ich würde hier anfangen. Das Gehalt ist nicht gerade gut, eigentlich kaum höher, als wenn ich Arbeitslosengeld bekommen würde. Aber meine Mama meinte, darum geht es nicht. «Es ist besser für dich, wenn du eine anständige Arbeit hast», sagte sie immer. «Ich will nicht, dass mein Sohn zum Schnorrer wird.»
Ich
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