Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
sagte Brunetti und blieb in einiger Entfernung von Patta stehen. »Rizzardi zufolge hatte der Mann Wasser in der Lunge. Aber bevor er ins Wasser fiel, wurde auf ihn eingestochen. Dreimal.«
»Also Mord?«, meinte Patta sachlich, aber vollkommen uninteressiert.
»Ja, Signore.«
»Setzen Sie sich doch, Brunetti«, sagte Patta, als bemerke er jetzt erst, dass der Mann vor ihm immer noch stand.
»Danke, Signore.« Brunetti nahm Platz und verhielt sich zunächst einmal ruhig, bis er herausgefunden hätte, in welcher Stimmung Patta war.
»Warum sollte jemand ihn erstechen und dann ins Wasser werfen?«, fragte Patta. Brunetti verkniff sich die Antwort, dass er, wenn er das wüsste, gleich losgehen und den Täter verhaften könnte, was ihnen allen viel Zeit und Mühe ersparen würde.
»Ist er bereits identifiziert?«, fragte Patta, bevor Brunetti die erste Frage beantworten konnte.
»Signorina Elettra arbeitet daran, Signore.«
»Aha«, sagte Patta nur, dann erhob er sich plötzlich und ging ans Fenster. Der Vice-Questore sah so lange hinaus, bis Brunetti überlegte, ob er ihn durch eine Frage wieder auf ihr Gespräch zurückbringen sollte, aber dann wartete er doch lieber. Patta öffnete das Fenster, ließ einen Schwall milder Luft ins Zimmer strömen, schloss es wieder und ging zu seinem Stuhl zurück. »Möchten Sie den Fall übernehmen?«, fragte er, indem er Platz nahm.
In Anbetracht der Alternativen fand Brunetti die Frage absurd. Zur Auswahl standen Pucettis Gepäckabfertiger, die Taschendiebe, die im Frühjahr und zu Ostern in die Stadt strömten, das unlösbare Problem des illegalen Muschelfangs oder ein Mord. Aber immer mit der Ruhe, ermahnte er sich. Lass Patta nicht wissen, was du denkst, und schon gar nicht, was du willst. »Wenn sonst niemand frei ist, der das machen kann, Signore. Den Fall Chioggia« – wie viel besser das klang als illegale Muschelernte – »könnte ich an die Uniformierten abgeben. Zwei von ihnen stammen aus Chioggia und könnten wahrscheinlich mit Hilfe ihrer Familien dahinterkommen, wer sich an den Muscheln vergreift.« Acht Jahre auf der Universität, um Muscheldiebe zu jagen.
»Na schön. Nehmen Sie Griffoni dazu: Ein Mord könnte ihr eine willkommene Abwechslung bieten.« Auch nach all diesen Jahren brachte Patta es noch fertig, ihn mit manchen Bemerkungen zu verblüffen.
Nicht verblüffen konnte er Brunetti mit seiner Ahnungslosigkeit. »Sie ist in Rom, Signore. Fortbildung in Sachen häusliche Gewalt.«
»Ah, natürlich, natürlich«, wimmelte Patta den Einwand ab.
»Vianello hat zur Zeit keinen bestimmten Auftrag.«
»Nehmen Sie, wen Sie wollen«, sagte Patta großzügig. »Wir können so etwas nicht durchgehen lassen.«
»Nein, Signore. Selbstverständlich nicht.«
»Es darf nicht sein, dass jemand in diese Stadt kommt und ermordet wird.« Patta gelang es zwar, Entrüstung in seine Stimme zu legen, aber es war unmöglich festzustellen, ob seine Gefühle dem aktuellen Mordfall galten oder der Sorge, wie sich das auf den Tourismus auswirken würde. Brunetti wollte es auch gar nicht wissen.
»Dann fange ich gleich an, Signore.«
»Ja, tun Sie das«, sagte Patta. »Und halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Selbstverständlich, Vice-Questore«, sagte Brunetti. Er sah Patta an, aber der hatte sich schon in die Papiere auf seinem Schreibtisch vertieft. Wortlos verließ Brunetti das Büro.
7
Er schloss die Tür hinter sich. Signorina Elettra sah ihn fragend an. »Er hat mich gebeten, den Fall zu übernehmen«, sagte er.
Sie lächelte. »Gebeten? Oder mussten Sie nachhelfen?«
»Nein, das kam von ihm. Er wollte sogar, dass ich Griffoni mit ins Boot nehme.« Ihr Lächeln erstarb. Brunetti ging über ihre Reaktion auf die Erwähnung der attraktiven blonden Kommissarin hinweg: »Er hatte natürlich vergessen, dass sie in Rom ist. Also habe ich um Vianello gebeten, und er hatte nichts dagegen.«
Nachdem der Friede wiederhergestellt war, beschloss er, das Thema ein für alle Mal abzuschließen – die Idee war ihm eben bei Patta gekommen –, und fragte: »Haben die Unis nicht neue Vorschriften zur Begrenzung der Studiendauer eingeführt?« Nicht einmal Patta hatte es verdient, Jahr für Jahr unter den Konsequenzen dieser Farce leiden zu müssen.
»Es gibt Überlegungen, die Studienzeit zu begrenzen«, antwortete sie, »aber ich glaube kaum, dass daraus etwas wird.«
Da ihr das Thema am Herzen zu liegen schien, fragte Brunetti aufmunternd: »Warum?«
Sie drehte sich
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