Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
Questura zu bringen. Der Fahrer ermahnte ihn, sich anzuschnallen; Brunetti gehorchte, obwohl er das für eine so kurze Strecke ziemlich albern fand. Es war schon nach vier, und auf den Straßen schien viel los zu sein.
Am Eingang zeigte Brunetti seinen Dienstausweis und sagte, er habe einen Termin mit Commissario Vezzani. Vor ein paar Jahren hatten sie wegen der Gepäckdiebstähle am Flughafen zusammengearbeitet – dieselben Ermittlungen, mit denen sich jetzt Pucetti herumschlagen musste –, eine gemeinsame Erfahrung, die sie um einiges klüger und pessimistischer gemacht und ihnen deutlich vor Augen geführt hatte, bis wohin ein cleverer Anwalt die Rechte von Beschuldigten auszudehnen vermochte.
Der Wachmann erklärte, der Commissario habe sein Büro im dritten Stock, und wies auf den Aufzug. Vezzani kam ursprünglich aus Livorno, lebte aber schon so lange im Veneto, dass er den singenden Tonfall dieser Gegend angenommen hatte; und seine Kinder sprachen mit ihren Freunden das Veneziano von Mestre, wie er Brunetti damals in einer Pause zwischen endlosen Verhören zweier Männer erzählt hatte, denen bewaffneter Raubüberfall vorgeworfen wurde.
Als Brunetti und Vianello eintraten, erhob sich Vezzani. Groß und schlank und mit vorzeitig ergrautem Haar, kurzgeschoren in dem vergeblichen Versuch, dies zu kaschieren. Er begrüßte Brunetti mit Handschlag, tätschelte ihm den Arm und gab dann auch Vianello die Hand, den er ebenfalls schon kannte.
»Habt ihr herausgefunden, wer er ist?«, fragte er, als sie sich gesetzt hatten.
»Nein. Wir haben mit den Frauen im Schuhgeschäft gesprochen, aber die wussten auch nichts. Nur, dass er Hunde mochte und sich mit Tieren auskannte.«
Falls Vezzani es befremdlich fand, dass jemand beim Schuhkauf über solche Dinge sprach, ging er darüber hinweg und fragte: »Und seine Krankheit, von der du mir erzählt hast?«
»Madelung. Kommt bei Alkoholikern und Drogensüchtigen vor, aber Rizzardi sagt, es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass der Tote getrunken oder Drogen genommen habe.«
»Also purer Zufall?«
Brunetti nickte und sah wieder den dicken Hals und den mächtigen Brustkorb des Toten vor sich.
»Kann ich das Foto sehen?«, fragte Vezzani.
Brunetti gab es ihm.
»Das hat Pucetti gemacht, sagst du?«, fragte Vezzani, während er das Foto eingehend betrachtete.
»Ja.«
»Ich habe von ihm gehört«, sagte Vezzani und fuhr in anderem Tonfall fort: »Gott, solche wie ihn hätte ich auch gern hier.«
»So schlimm?«
Vezzani zuckte die Achseln.
»Du willst nicht darüber reden?«, fragte Brunetti.
Vezzani lachte trocken. »Falls ich mal ein Stellenangebot für einen Streifenpolizisten in Caltanissetta sehe, könnte ich in Versuchung geraten, das sag ich dir.«
»Warum?«
Vezzani rieb sich die Wange; er hatte einen so starken Bartwuchs, dass es schon um diese Tageszeit vernehmlich raspelte. »Weil hier so wenig geschieht und weil wir, wenn doch mal etwas passiert, so wenig tun können.« Als sei ihm das Thema zu unerfreulich, sprang er auf und nahm das Foto. »Ich geh damit mal nach unten und zeig es den anderen. Vielleicht kennt ihn ja einer.« Brunetti nickte, und schon war Vezzani aus dem Zimmer.
Brunetti stand auf und ging zu einer Pinnwand, an der Bekanntmachungen mit dem Siegel des Innenministeriums hingen. Er las ein paar und stellte fest, dass es dieselben Hinweise und Berichte waren, die auch sein Büro überfluteten. Vielleicht sollte er das Zeug einfach in Koffer packen und irgendwo abstellen, bis sie gestohlen wurden. Anders schien es kaum möglich, das alles jemals loszuwerden. Ob er das Patta mal vorschlagen sollte?, fragte er sich und spielte in Gedanken die Debatte mit Patta durch.
Vezzani stürmte ins Zimmer. »Er ist Tierarzt«, sagte er.
Brunetti murmelte die Aussage der jungen Frau im Laden vor sich hin: »Mag Tiere und kennt sich mit Hunden aus.« Dann fragte er: »Von wem hast du das?«
»Von einem unserer Männer. Er hat ihn in der Schule seines Sohnes gesehen.« Vezzani kam ein paar Schritte näher. »Auf einer besonderen Veranstaltung, wo die Eltern eingeladen waren, um den Kindern von ihren Berufen zu erzählen. Er sagt, das findet jährlich statt, und letztes Jahr hat dieser Mann von seiner Tätigkeit als Tierarzt berichtet.«
»Ganz sicher?«, fragte Brunetti.
Vezzani nickte.
»Und sein Name?«
»Den wusste er nicht mehr, er hat auch nur den Schluss seines Vortrags gehört. Aber da nur Eltern eingeladen waren, müssen die in der
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