Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
reden. In meinem Haus.« Sie hatte zwischen den beiden Männern hin und her gesehen, jetzt aber richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Hände in ihrem Schoß. »Ich habe ihm gesagt, er soll gehen.«
»Und hat er das getan, Signora?«, fragte Brunetti nach längerem Schweigen.
»Ja. Ich bin aufgestanden und aus dem Zimmer gegangen, und dann habe ich die Haustür gehört und sein Auto in der Einfahrt. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.«
Brunetti, der auf ihre Hände sah, erschrak beim ersten Tropfen. Er fiel auf ihren Handrücken und versickerte im Gewebe ihres Rocks, dann kam noch einer und noch einer, und schließlich stand sie auf und ging hastig aus dem Zimmer.
Nach einer Weile sagte Vianello: »Ein Jammer, dass sie ihm nicht zugehört hat.«
»Ihretwegen oder unsretwegen?«, fragte Brunetti.
Überrascht von der Frage, antwortete Vianello: »Ihretwegen.«
16
Sie konnten nur warten, bis sie zurückkam. Mit gedämpfter Stimme besprachen sie, was sie gesagt hatte und welche Möglichkeiten sich für sie daraus ergaben.
»Wir müssen diese Frau aufspüren und herausfinden, was da los war«, sagte Brunetti.
Vianello machte ein vielsagendes Gesicht.
»Nein, nicht das«, meinte Brunetti. »Sie hat recht: Es ist ein Klischee, eins der ältesten überhaupt. Mich interessiert, ob ihn noch etwas anderes als die Affäre beunruhigt hat.«
»Du meinst, das reicht noch nicht, einem verheirateten Mann Bauchschmerzen zu machen?«, fragte Vianello.
»Doch, sicher«, räumte Brunetti ein. »Aber nicht jeder verheiratete Mann, der eine Affäre hat, landet mit drei Messerstichen im Rücken in einem Kanal.«
»Stimmt«, sagte Vianello. Er wies auf die Tür, durch die Signora Doni verschwunden war, und meinte: »Ich glaube, wenn ich es mit ihr zu tun hätte, würde eine Affäre mich ganz schön nervös machen.«
»Wie würde Nadia reagieren?«, fragte Brunetti, der sich nicht sicher war, ob oder wie viel Kritik an Signora Doni in Vianellos Frage mitschwang.
»Meine Pistole nehmen und mich erschießen, vermute ich«, antwortete Vianello mit einem Grinsen, das nicht ohne Stolz war. »Und Paola?«
»Wir leben im vierten Stock«, sagte Brunetti. »Und wir haben eine Terrasse.«
»Raffiniert, deine Frau«, sagte Vianello. »Würde sie einen Abschiedsbrief im Computer hinterlassen, ohne Unterschrift?«
»Wohl kaum«, sagte Brunetti. »Zu durchsichtig.« Er dachte eine Weile darüber nach. »Wahrscheinlich würde sie den Leuten erzählen, ich hätte seit Monaten unter Depressionen gelitten und schon öfter davon gesprochen, allem ein Ende zu setzen.«
»Wen würde sie überreden, diese Aussage zu bestätigen?«
»Ihre Eltern.« Das kam so spontan, dass Brunetti sich eilig korrigierte: »Nein, nur ihren Vater. Ihre Mutter würde niemals lügen.« Ihm fiel etwas ein, und er sprach es aus, wobei die Freude darüber ihm deutlich anzumerken war. »Ich glaube nicht, dass sie etwas Falsches über mich sagen würde. Ich glaube, sie mag mich.«
»Ihr Vater nicht?«
»Doch, aber anders.« Brunetti konnte das unmöglich erklären, aber die plötzliche Gewissheit, dass die Contessa ihn sehr schätzte, stimmte ihn heiter.
Sie hörten Signora Donis Schritte im Flur und standen auf, als sie ins Zimmer zurückkam. »Ich musste nach Teo sehen«, sagte sie. »Er weiß, dass etwas Schlimmes passiert ist, und macht sich Sorgen.«
»Haben Sie ihm gesagt, dass wir von der Polizei sind?«, stellte Brunetti sich unwissend.
Sie sah ihm in die Augen. »Ja. Ich dachte, Sie kommen in Uniform, und wollte ihn darauf vorbereiten«, sagte sie so hastig, als hätte sie diese Antwort schon parat gehabt. Das Schweigen der beiden schien sie zu ermutigen, denn nun sprach sie es aus: »Und ich hatte Angst, als Sie sich nach Andrea erkundigten. Er rief normalerweise ein-, zweimal die Woche an. Aber seit er gegangen war, hatte ich nichts mehr von ihm gehört.« Sie legte die Hände auf ihre Oberschenkel und senkte den Blick darauf. »Offenbar habe ich geahnt, was Sie mir zu sagen hatten.«
Brunetti ging darüber hinweg. »Sie haben uns erzählt, nachdem er mit dem anderen Job angefangen habe, sei er anders geworden.« Er musste behutsam vorgehen, sich einen Weg durch das Gewirr ihrer Gefühle bahnen. »Sie sagten, Sie hätten sich alles anvertraut, Signora.« Er ließ das kurz wirken. »Erinnern Sie sich – hat diese Veränderung, seine Unruhe, sich bald nach Antritt dieser neuen Arbeit gezeigt?«
So, wie sie die Lippen zusammenpresste,
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