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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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gewesen wäre, fragte er stattdessen: »Wann war das?«
    »Vor drei Monaten. Wir haben beide mit Anwälten gesprochen und Papiere unterschrieben.«
    »Und wie sollte es weitergehen?«
    »Sie meinen, ob ich mich scheiden lassen wollte?«
    »Ja.«
    »Selbstverständlich.« Sie kam immer mehr in Fahrt: »Nicht wegen der Affäre, bitte verstehen Sie mich richtig. Sondern weil er nicht den Mut hatte, dazu zu stehen; weil er das Opfer spielen musste.« Wie um ihren Zorn zu bändigen, umklammerte sie mit einer Hand ihre Schulter und fauchte: »Ich hasse dieses Opfergetue. Ich hasse Leute, die nicht den Mut haben, zu ihren Verfehlungen zu stehen, und sie anderen oder den Umständen in die Schuhe schieben.« Jetzt war sie nicht mehr zu bremsen. »Ich hasse die Feigheit dieser Leute. Affären sind nichts Besonderes. Die gibt es immer wieder. Aber dann soll man wenigstens dazu stehen, Herrgott noch mal. Und nicht andere dafür verantwortlich machen. Einfach sagen, ja, ich hab’s getan, und wenn es einem leidtut, sagen, es tut mir leid, aber nicht irgendeinem anderen die Schuld an der eigenen Schwäche oder Dummheit geben.«
    Sie verstummte erschöpft, vielleicht nicht so sehr von dem, was sie gesagt hatte, als von den Umständen, unter denen sie es gesagt hatte: vor zwei vollkommen Fremden, obendrein noch Polizisten, die ihr die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbracht hatten.
    »Angenommen, Sie sind nicht die Schuldige, Signora«, sagte Brunetti mit dem Anflug eines Lächelns und hoffte, seine Ironie werde sie von dem Kurs ablenken, den das Gespräch genommen hatte, »fällt Ihnen irgendjemand ein, der Ihrem Mann besonders feindlich gesinnt gewesen sein könnte?«
    Sie dachte darüber nach und wurde sichtlich ruhiger. »Bevor ich darauf antworte, möchte ich eins klarstellen«, sagte sie.
    Brunetti nickte.
    »In der Zeitung stand, der Mann in Venedig – Andrea – wurde am Montagmorgen gefunden«, sagte sie, aber es war eine Frage.
    Brunetti beantwortete sie. »Ja.«
    »Ich war in der Nacht hier, mit meiner Schwester. Sie hatte ihre beiden Kinder mitgebracht, wir haben gemeinsam zu Abend gegessen, und dann haben sie hier übernachtet.«
    Brunetti gestattete sich einen Blick in Vianellos Richtung und sah, dass der freundliche Polizist nickte. Dann wandte er sich wieder Signora Doni zu, die bereits weitererzählte. »Was Ihre andere Frage betrifft, wüsste ich niemanden. Andrea war ein…« Sie unterbrach sich, vielleicht war ihr bewusst, dass dies ein Nachruf war. »Er war ein guter Mann.« Sie holte dreimal tief Luft und fuhr fort. »Ich weiß, er hatte Schwierigkeiten auf der Arbeit oder wegen der Arbeit. In den letzten Monaten, die wir zusammen waren, ist mir das aufgefallen; da hat er…« Sie brach ab, und Brunetti ließ sie in Ruhe nachdenken. Dann ging es weiter: »Vielleicht waren es Schuldgefühle wegen dem, was er tat. Was sie taten. Vielleicht war es aber auch etwas anderes.« Wieder eine lange Pause. »Wir haben nicht mehr viel miteinander geredet in den Monaten vor seinem Geständnis.«
    »Wo arbeitet er, Signora?«, fragte Brunetti und erschrak, weil er in der Gegenwartsform gesprochen hatte. Wenn er sich jetzt korrigierte, würde es nur noch schlimmer.
    »Seine Kleintierklinik ist nicht weit von hier. Aber zwei Tage die Woche arbeitet er noch woanders.« Unbewusst – vielleicht weil Brunetti damit angefangen hatte – fiel auch sie ins Präsens zurück.
    Brunetti erschien die Arbeit eines Tierarztes als ziemlich spezialisiert; er fragte sich, was Dottor Nava neben seiner Privatklinik noch getan haben mochte. »War er in diesem anderen Job auch als Tierarzt tätig?«
    Sie nickte. »Das wurde ihm vor etwa sechs Monaten angeboten. Wegen der Finanzkrise hatte er in seiner Klinik immer weniger zu tun. Eigentlich seltsam, weil die Leute normalerweise alles tun und jeden Preis bezahlen, wenn es um ihre Haustiere geht.« Sie rang die Hände – ein typisches Zeichen von Hilflosigkeit –, und Brunetti fragte sich, ob auch sie arbeiten ging oder ob sie sich als Hausfrau um ihren Sohn kümmerte. Was würde nun im letzteren Fall aus ihr werden?
    »Deswegen hat er den Job übernommen, als er ihm angeboten wurde«, sagte sie. »Schließlich hatten wir die Hypothek auf das Haus und die Kosten für die Klinik, und dazu kamen noch die Arztrechnungen.« Da die beiden Polizisten sie erstaunt ansahen, erklärte sie: »Andrea musste alles privat bezahlen. Die Wartezeit für eine Tomographie im Krankenhaus war über sechs

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