Tiffany Duo 40
bewies, wie unnachgiebig er
seinen Standpunkt vertrat.
Wie sollte sie ihm beibringen, was sie getan hatte. Sie könnte einfach sagen: »Heute war ich in Billings, um mir einen Termin bei einem Gynäkologen geben zu lassen,
weil ich schwanger bin. Übrigens, bei dieser Gelegenheit habe ich auch deinen
Kredit zurückgezahlt.« Auf diese Weise würde sie zwei Riegen mit einer Klappe
schlagen.
Um halb sechs traf sie zu Hause ein, immer noch mit ihrem Problem beschäftigt. Der
Lieferwagen parkte nicht im Hof, also hatte sie es vielleicht geschafft, von Ray
unbemerkt wegzufahren und wiederzukommen. Andererseits bestand die
Möglichkeit, dass er inzwischen hier gewesen war. In diesem Fall würde er bei einer
Heimkehr Fragen stellen. Und sie konnte ihn nicht belügen. Aber sie wollte ihr
Geständnis noch ein wenig hinauszögern.
Seltsam, wie müde sie sich fühlte - und trotzdem so glücklich...
Ende Oktober oder Anfang November würde sie das Baby auf die Welt bringen,
wenn sie den Termin richtig berechnet hatte. Dieses Wissen erfüllte sie mit einer
heißen Freude, die sie möglichst bald mit Ray zu teilen wünschte. Nur seine Angst
um die Ranch hatte sie bisher davon abgehalten, ihm von seiner künftigen
Vaterschaft zu erzählen. Es widerstrebte ihr, ihm einen weiteren Anlass zur Sorge zu geben. Mit jedem Tag vertieften sich die strengen Linien in seinem Gesicht, während
er Gefahr lief, alles zu verlieren, wofür er so lange und so hart gearbeitet hatte. Wie konnte sie ihm da auch noch das
Problem aufbürden, für ein Kind aufzukommen?
Und wie konnte sie es ihm verschweigen?
Während sie sich umzog, wurde ihre Erschöpfung fast unerträglich. Sie kämpfte
dagegen an, weil sie das Abendessen vorbereiten musste. Doch bei diesem
Gedanken wuchs ihre Müdigkeit noch. Und plötzlich drehte sich ihr Magen um.
Schweigend sank sie auf das Bett.
Ausgerechnet an diesem Tag wurde sie nicht morgens, sondern am frühen Abend
von der gewohnten Übelkeit befallen - gerade jetzt, wo sie ihre ganze Kraft und
einen klaren Verstand brauchte.
Eine Minute lang blieb sie auf dem Bett sitzen, und die Übelkeit ließ allmählich nach
- aber die Müdigkeit nicht. Sie konnte sich einfach nicht dazu aufraffen, in die Küche hinabzugehen. Seufzend streckte sie sich auf dem Bett aus, die Augen fielen ihr zu.
Nur ein kurzes Schläfchen . Danach würde sie sich besser fühlen.
Ray fand seine Frau auf dem Bett. Als er nach Hause gekommen war, hatte er sofort
bemerkt, dass kein Licht in der Küche brannte, aber erst einmal seine Pflichten im
Stall erledigt. Dann hatte er in der Küche verwundert festgestellt, dass keine
Vorbereitungen für das Dinner getroffen wurden. Eine sonderbare Stille erfüllte das
Haus.
»Madelyn?« Der Ruf blieb unbeantwortet. Nachdem er das Erdgeschoss abgesucht
hatte, lief er bestürzt die Stufen hinauf und knipste die Deckenleuchte im
Schlafzimmer an.
Zusammengerollt lag Madelyn auf der Seite und rührte sich nicht einmal, als das
Licht aufflammte. Tagsüber hatte sie doch noch nie geschlafen. Ist sie krank, fragte Ray sich erschrocken. Am Morgen hatte sie einen völlig gesunden Eindruck gemacht.
Obwohl er schmutzig von der Arbeit war, setzte er sich auf den Bettrand und
schüttelte sie. »Wach doch auf!« Kalte Angst gab seiner Stimme einen scharfen
Klang.
Er drehte Madelyn auf den Rücken, und da hob sie langsam
die Lider. »Ray«, flüsterte sie, und die Augen fielen ihr wieder zu.
»Bist du okay?« Er schüttelte sie noch einmal. »So wach doch endlich auf!«
Widerstrebend strich sie über ihre Stirn. »Wie spät ist es denn?« Sie öffnete die
Augen, schaute ihn an, und ihr stockte der Atem. »O Gott, das Dinner!«
»Das kann warten. Geht es dir nicht gut?«
Sie starrte ihn an. Sein Gesicht war fahl vor Müdigkeit, und in seinem Blick lag nur Sorge, kein Ärger. Automatisch berührte sie seine Wange. Sie liebte alles an diesem
Mann, sogar seinen Eigensinn. Lächelnd ergriff sie seine Hand und legte sie auf ihren Bauch.
»Ich bin schwanger. Wir bekommen ein Baby.«
Ray sah auf seine Finger hinab, auf Madelyns schlanken Körper. Seit sie die Pille
nicht mehr nahm, dachte er jedes Mal, wenn er mit ihr schlief, an die Möglichkeit,
ein Kind zu zeugen. Jetzt traf ihn die Realität ihrer Schwangerschaft beinahe wie ein Schock. In ihrem flachen Bauch unter seiner Hand wuchs ein Baby.
Er glitt von der Bettkante, sank auf die Knie, fühlte sich wie betäubt.
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