Tiffany Duo 40
etwas anderes suchen.«
Claire wurden mit jeder Minute die Augenlider schwerer. »Das klingt gut«, sagte sie
leise. Sie kämpfte gegen den Schlaf an, um nichts zu verpassen, aber es war ein
vergeblicher Kampf.
»Geben Sie sich geschlagen, und schlafen Sie«, empfahl Derrick ihr mit einer
Stimme, die weit entfernt zu sein schien. »Ich wecke Sie, wenn wir da sind.«
Das war das letzte, was Claire hörte, bevor er sie sanft an der Schulter rüttelte. »Wir sind da, Claire.«
Claire schaute sich benommen vom Schlaf um. »Es ist so dunkel. Was ist passiert?«
Derrick lachte leise. »Wir sind in der Tiefgarage. Ich habe Ihr Gepäck schon
hochbringen lassen. Kommen Sie mit, und schauen Sie sich die Wohnung an.«
In der Wohnung im zweiten Stock des hohen modernen Gebäudes empfing Claire
eine angenehme Kühle, die die Klimaanlage erzeugte. Die Zimmer waren zwar klein,
aber gut möbliert. Weiche Blau- und Brauntöne herrschten vor. Claire ging ans
Fenster und schaute auf die mit Steinen verkleideten Fassaden und rotgedeckten
Dächer der Häuser von Jerusalem. Die goldene Kuppel der moslemischen Moschee,
des Felsendoms, lenkte ihren Blick auf die Altstadt, die von steinernen Mauern
eingeschlossen war. Im Osten der Stadt erhob sich der Ölberg. Claire konnte es
immer noch nicht fassen, dass sie wirklich hier stand, inmitten der Plätze, von denen sie ihr ganzes Leben lang nur gehört hatte. Sie erinnerte sich daran, dass sie viel Zeit haben würde, sich das alles in der nächsten Woche anzusehen, und holte tief Luft.
Hellwach wandte sie sich vom Fenster ab und ging forsch in den Raum zurück. Im
Wohnzimmer wartete Derrick auf sie. Er lehnte an einem Türpfosten und hatte die
Arme vor der Brust verschränkt.
»Es ist wundervoll!« rief sie aus.
»Schön, dass es Ihnen gefällt.« Er straffte sich. »Ich will nur
ungern hetzen, aber ich muss leider. Der Name und die Nummer des Hausverwalters
stehen hier auf dem Telefon. Er scheint sehr hilfsbereit zu sein, und er wird alle
Fragen beantworten können, die Sie vielleicht noch haben. Werden Sie es
schaffen?«
»Mir geht es gut«, versicherte sie ihm und reichte ihm die Hand. »Und nochmals
vielen Dank, Derrick.«
»Nicht der Rede wert.« Er drückte ihre Hand freundlich, bevor er sie losließ. »Viel
Glück.« Damit ging er hinaus, und die Ruhe im Raum hüllte Claire ein.
Eine halbe Stunde später war sie geduscht und hatte ihr Haar getrocknet. Dann glitt
sie, nur mit Höschen und einem Seidentop bekleidet, zwischen die frischen Laken.
Sie schlief sofort ein.
Am späten Nachmittag wurde das Licht der Sonne schwächer. Ein leichter Wind
milderte die Hitze des Tages, die die steinernen Fassaden der Altstadt ausstrahlten.
Oliver lehnte sich an einen niedrigen Steinwall neben einer Treppe, die zu einem
ausgedehnten Park hinunterführte. Er hätte gern eine Zigarette angezündet, aber im
Tempelbezirk war Rauchen verboten. Die östliche Mauer des Gartens war die
berühmte Klagemauer, die westliche Mauer die des Tempels von Hero-des. Oliver
war schon häufiger in Israel gewesen und verzichtete darauf, sich durch die
Touristenmenge hindurch näher an die Mauer zu drängen. Von seinem Standort aus
konnte er Claire Westons rotes Kleid gut im Auge behalten. Da der einzige Weg aus
dem Garten die Treppe war, musste Claire an ihm vorbeikommen, wenn sie gehen
würde.
Oliver war Claire den ganzen Tag gefolgt. In Atlanta hatte er herausgefunden,
welchen Flug sie genommen hatte. Daraufhin hatte er selbst einen früheren
gebucht. Er war bereits auf dem BenGurion-Flughafen gewesen, als Claire
angekommen war, und war in einem Taxi dem Volvo gefolgt, der sie nach Jerusalem
gebracht hatte. Nachdem er herausgefunden hatte, wo sie wohnen würde, hatte er
den Portier des nahe gelegenen »Ameri-
can Colony Hotels« bestochen, der plötzlich in dem »vollkommen belegten« Hotel
doch noch ein gerade freigewordenes Zimmer entdeckt hatte. Oliver fragte sich
zweifelnd, ob Hank VerNoy Bestechungsgeld als Spesen anerkennen würde, sagte
sich dann aber, dass er es immer noch unter besondere Ausgaben abbuchen könnte.
Claire Weston bahnte sich ihren Weg durch eine Gruppe von Leuten, die an ihren
Hüten und Kameras unschwer als Touristen zu erkennen waren. Oliver richtete sich
auf, um sie nicht einen Moment lang aus den Augen zu verlieren. Sie stand an der
Klagemauer und legte gerade, als er zu ihr hinschaute, zögernd eine Hand auf die
unebene steinerne
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