Tiffany Duo 40
er
weiterredete, um sich von dem Gedanken abzulenken, wie wunderschön Claire war.
»Ich teste Hotels und Restaurants und empfehle Routen und Aufenthalte und so
etwas.«
Sie hob ihren eigenen Reiseführer hoch. »Ist der von Ihnen?«
Oliver schüttelte den Kopf. »Der ist von einem anderen Verlag. Bisher habe ich noch
keinen von uns auf dieser Reise gesehen«, fügte er hinzu, um ihrer nächsten Frage
zuvorzu-
kommen. »Ich werde meinem Verleger empfehlen müssen, einmal mit dem Vertrieb
zu reden.«
Claire stützte ihr Kinn in die Hand. Oliver lächelte jetzt und blickte Claire warm und offen an. »Es muss Spaß machen, auf Kosten seines Chefs durch die ganze Welt zu
reisen«, meinte sie.
Oliver versuchte, den Gedanken an ihre Schönheit zu verdrängen, was ihm nicht
leichtfiel, und sie nüchtern zu betrachten. Vielleicht ist sie ja gar nicht in diese Wiamcyn-Geschichte verwickelt, dachte er, und ist es nie gewesen. Noch nicht
einmal vor ihrem Gedächtnisverlust, wenn sie tatsächlich unter einem leidet. Nun,
er wusste es nicht, und die Erfahrung hatte ihn gelehrt, Menschen gegenüber nicht
zu vertrauensselig zu sein. Aber ob sie etwas damit zu tun hatte oder nicht, sie war hinreißend, und er fühlte sich zu ihr hingezogen. Er würde diese Faszination unter
Kontrolle bekommen müssen, bevor sie die Gründe, aus denen er hier war,
beeinflußte.
Oliver stieß die Luft aus und sagte: »Es wird schnell eintönig, wenn Sie von Flughafen zu Flughafen, von Hotel zu Hotel, von Restaurant zu Restaurant gehen. Manchmal
wache ich morgens auf und kann mich eine Minute nicht daran erinnern, in
welchem Land ich bin.« Das war noch nicht einmal gelogen. Seitdem er für die »Welt
Presse« arbeitete, war er auf der Jagd nach Geschichten irgendwann fast in jede
Ecke der Welt gekommen.
Ihr Tee wurde gebracht, und sie tranken, wobei sich ihre Blicke über dem Rand der
Gläser trafen. Claire schaute als erste weg. »Köstlich«, sagte sie und setzte das Glas ab. »Sagen Sie mir, Sie erschöpfter Reisender, was ist Ihr Lieblingshotel in
Jerusalem?«
Oliver bemerkte, dass sie sich amüsierte, und ihre spöttische Stimme ließ ihn
lächeln. »Ich könnte Ihnen nicht eins nennen. Es gibt zu viele hervorragende. Auf
dieser Reise wohne ich im >American Colony' in der Nablus Road.«
Sie schaute ihn überrascht an. »Das ist ja aufregend. Meine
Wohnung ist ebenfalls in der Nablus Road. Es ist ein neues Gebäude, hoch und
cremefarben. An der Vorderseite ist ein grüner Baldachin.«
Oliver lachte kurz auf und trank einen Schluck. »Ich kenne es. Es ist ungefähr zwei
Häuserblocks von meinem Hotel entfernt.« Er hielt ihren Blick mit seinem fest. »Wie
hoch stehen wohl die Chancen, dass sich zwei Amerikaner zufällig in Jerusalem
treffen und dann auch noch praktisch Tür an Tür wohnen?«
Die Art, wie Oliver sie ansah, schien den Augenblick aus Zeit und Raum
herauszuheben. Claire spürte, dass er dasselbe dachte wie sie - dass nämlich das
Schicksal ihr Zusammentreffen vorherbestimmt hatte. Woher willst du wissen, was
er denkt? fragte sie sich verwirrt. Sind es nicht nur deine eigenen Gedanken, die du in ihn hineinlegst? Ein Schluck Eistee rann ihr kalt die Kehle hinunter, während sie versuchte, ihre Gedanken wieder zu ordnen. Du hast in letzter Zeit eine Menge
durchgemacht, sagte sie sich, und dein seelisches Gleichgewicht noch nicht
wiedergefunden. »Die Chancen sind sicher gar nicht so schlecht«, brachte sie
schließlich heraus. »Es müssen Hunderte amerikanischer Touristen in Jerusalem
sein.«
Oliver schaute sie an. Die verblüffende Nähe, die er zu ihr empfand, hatte er nicht
erwartet. »Das ist wahr. Vielleicht wollte ich Sie auch nur deswegen davon
überzeugen, dass das Schicksal uns zusammengeführt hat, weil ich Sie wiedersehen
möchte.«
Claire fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und senkte die schwarzen
Wimpern. Warum fühlte sie sich so benommen? War die Hitze daran schuld oder
der Mann ihr gegenüber? Sie holte tief Luft und öffnete die Augen wieder. Die
Strahlen der untergehenden Sonne fielen auf sein Gesicht und betonten seinen
sinnlichen Mund. Plötzlich fühlte Claire sich fast bedroht. »Das ließe sich
wahrscheinlich einrichten«, erwiderte sie leise.
Du willst ihn doch auch wiedersehen, stellte sie fest und fühlte, wie ihre Wangen
sich langsam erhitzten. Und wenn die Gelegenheit sich von selbst ergab, würde sie
die warnende Stimme in ihrem Innern
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