Tiffany Duo Band 0124
Nummer.
“Was ist?”, wollte Gil wissen.
Seth nahm nach dem ersten Klingeln ab. “Ian?”
“Ist sie da, Seth?”
“Himmel, nein, ist sie nicht. Als ich ankam, war sie nicht da. Der Kerl in der Anmeldung sagte, dass sie gegen Mittag mit einem Mietwagen weggefahren ist. Ich habe zwei Stunden auf deinen Anruf gewartet, dann bin ich allein weg. Ich bin jetzt auf der I-10. Wo zum Teufel steckst du?”
Jack fluchte.
“Ian?”
“Sie haben sie, Seth.” Er haute mit der Faust gegen die Wand.
“Sie haben
was
?”, brüllte Gil dazwischen.
“Wo bist du?” In Seth’ Stimme schwang Panik mit. “Ich komme mit.”
“Ich muss es allein machen. Sie haben gedroht, dass sie sie umbringen, wenn ich nicht allein komme.”
“Was
?”, brüllte Gil wieder und warf die Decke ab.
“Sie ist sowieso tot”, sagte Seth. “Das weißt du, Ian. Sie können keinen von euch laufen lassen.”
Kalte Angst ballte sich in Jacks Eingeweiden zusammen. Natürlich hatte Seth Recht. Sie hatten nicht die Absicht, sie freizulassen. Und er hatte nicht einen einzigen verdammten Grund anzunehmen, dass er überleben würde. “Mag sein”, sagte er, “aber ich muss es trotzdem versuchen.”
“Wer ist das?”, fragte Gil. “Mit wem sprechen Sie? Um Himmels willen, Jack, reden Sie!”
Sein Blick schweifte zu Gil, der sich mühsam aus dem Bett kämpfte. “Was zum Teufel machen Sie da?”
“Was glauben Sie?”, fragte Gil und riss sich die Kanüle aus dem Arm. “Ich komme mit.”
Jack streckte den Arm aus und drückte ihn wieder aufs Bett. “Nein. Niemand kommt mit mir mit.”
“Ian?”, schrie Seth ins Telefon. “Wer ist da bei dir?”
“Ein anderer Grund für diesen Schlamassel”, gab Jack, Gil einen warnenden Blick zuwerfend, zurück und fügte eine kurze Erklärung hinzu.
Ein kurzer hitziger Disput folgte, und schließlich sah Jack sich gezwungen, Seth zu sagen, wo er hinfuhr. Kaum hatte er aufgelegt, schnappte sich Gil den Hörer und wählte eine Nummer.
“Was machen Sie da?”
“Ich bin Polizist, Jack. Ich rufe Verstärkung.”
Tess zerrte an ihren Fesseln und versuchte die steifen Schultern zu rollen. Der durchdringende Gestank nach Desinfektions- und Reinigungsmitteln stieg ihr in die Nase und bewirkte Übelkeit. Es kam ihr vor, als läge sie schon seit Tagen zusammengeschnürt in diesem dunklen Loch. Dabei waren es wahrscheinlich nicht mehr als ein paar Stunden, aber wie lange genau ließ sich unmöglich sagen. Bestimmt war inzwischen die Sonne längst untergegangen.
Ein Angstschauer kroch ihr über den Rücken. Sie bezweifelte nicht, dass man sie töten würde. Genauso wenig wie es einen Zweifel daran geben konnte, warum man sie hierher gebracht hatte. Sie war eine Geisel. Man würde sie benutzen, um an Jack und die Diskette heranzukommen. Sie war in die Falle gegangen. Wie ein Idiot.
Jack hatte ihr eingeschärft, dass sie sich nicht aus dem Motelzimmer wegrühren sollte. Hätte sie doch nur auf ihn gehört.
Aber das war unnütze Spekulation. Sie hatten sie im Krankenhaus mit einer Pistole zum Mitkommen gezwungen. Wenn sie sich gewehrt hätte, wären womöglich Unschuldige mit hineingezogen worden. Die beiden Detectives hatten wenig zu verlieren. Sie waren wie tollwütige Füchse, die sich bemühten, ihre Spuren zu verwischen, während ihnen die Hunde dicht auf den Fersen waren. Jetzt musste sie sich etwas einfallen lassen, bevor Jack ihnen in die Hände fiel.
Eddie Rodriguez machte die Tür zur Putzkammer auf und wedelte den beißenden Gestank nach Desinfektionsmitteln weg. Es war so dunkel, dass er kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Die Frau war nicht mehr dort, wo er sie zurückgelassen hatte, deshalb tastete er nach einem Lichtschalter. Gleich darauf wurde es hell, und Eddie entdeckte sie zusammengerollt auf dem Boden an der Rückseite des kleinen Raums.
“He,
chiquita”
, rief er von der Tür aus. “Aufwachen!”
Die Frau rührte sich nicht. Es überraschte ihn, dass sie eingeschlafen war, nachdem sie vorhin wie eine Irre getobt hatte. Doch jetzt lag sie bewegungslos auf der Seite, wobei ihr das blonde Haar über die Wange fiel.
Er trat näher. “He, Lady, aufwachen.” Er stieß sie mit der Schuhspitze an, aber sie reagierte nicht. Jetzt, wo er näher dran war, fiel ihm auf, dass sie gar nicht gut aussah. Vielleicht war sie ja von den Dämpfen in dem Raum …
Erschrocken kauerte er sich neben ihr nieder und hob ihr Gesicht. Er stieß einen Fluch aus, drehte den Kopf zur Tür und
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