Tiffany Duo Band 0124
nicht, dass sie hinter Gil her waren. Dass er mit Tess befreundet war, war bekannt. Aber die eiskalte Arroganz ihres Schritts jagte ihm eine Heidenangst ein. Wenn sie verzweifelt genug waren, jemand aus ihren eigenen Reihen direkt vor dem Revier zu überfahren, wozu waren sie sonst noch bereit? Und was wusste Gil, das sie zu diesem Schritt bewogen hatte?
Jack rannte zum Auto und fuhr mit quietschenden Reifen vom Parkplatz. Er wollte nicht daran denken, wie Tess die Nachricht aufnehmen würde. Er wusste bereits jetzt, dass sie sich die Schuld daran geben würde, und betete, dass sie in den nächsten vierundzwanzig Stunden keine Zeitung in die Finger bekam.
13. KAPITEL
Nachdem sich die Aufzugtüren hinter Jack geschlossen hatten, ging er den Krankenhausflur hinunter. Um ihn herum herrschte ein geschäftiges Treiben, während er die Türen nach der Zimmernummer von Gil absuchte. Sein Schritt verlangsamte sich, als er den Polizisten, der vor einer Tür Wache hielt, entdeckte. Das war zweifellos Gils Zimmer. Er hätte sich denken können, dass sie eine Wache postierten. Jedem, der auch nur einen Funken Verstand im Kopf hatte, musste klar sein, dass dieser Unfall kein Unfall gewesen und Gils Leben immer noch bedroht war.
Jack blieb neben dem öffentlichen Fernsprecher stehen und wandte sich von dem Polizisten ab, dessen Blick in seine Richtung geschweift war. Wie hoch war das Risiko, dass dieser Polizist etwas von dem gegen ihn erlassenen Haftbefehl wusste? Nicht sehr hoch, entschied er.
Einem Moment später erhaschte er in einer Glastür sein Spiegelbild. Verdammt. Er sah aus, als wäre er selbst erst vor kurzem unter ein Auto gekommen. Er schüttelte den Kopf und grinste sich grimmig an. Sein Gesicht würde fast zwangsläufig die Aufmerksamkeit des Polizisten erregen. Nein, hier ging nichts.
Jack drehte sich um und ging zur Schwesternstation, wo eine brünette Krankenschwester Papierkram erledigte. Nachdem sie eine Karteikarte zusammengeklappt und in einen Halter geschoben hatte, schaute sie auf und musterte sein ramponiertes Gesicht. “Kann ich Ihnen helfen?”
“Ich möchte zu Gil Castillano.”
“Tut mir leid, aber der Zutritt ist nur Familienmitgliedern …”
“Ich bin sein Bruder”, unterbrach er sie, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie stutzte.
“Sein Bruder? Er hat nichts von einem …”
“Wären Sie so nett, ihm auszurichten, dass ich hier bin? Sagen Sie ihm, Jack ist da.”
“Jack”, wiederholte sie. Sie unterzog ihn noch einer kurzen Musterung, dann lächelte sie flüchtig und stand auf. “In Ordnung.”
Die Minuten dehnten sich endlos, während Jack wartete. Die Geschäftigkeit auf dem Flur nahm noch zu, als ein neuer Patient, umringt von einem halben Dutzend Familienmitgliedern, aus dem Aufzug gerollt wurde.
“Mr Castillano?”
Jack zuckte leicht zusammen, als die Stimme der Krankenschwester an sein Ohr drang.
“Ihr Bruder möchte Sie jetzt sehen.”
Jack nickte knapp. “Danke.” Die Schwester schien den Wachposten vor der Tür informiert zu haben, da dieser umstandslos die Tür freigab.
Gil, dessen Gesicht fast ebenso weiß war wie sein Kopfverband, öffnete die Augen, als Jack hereinkam.
“Wo ist Tess,
Bruder
Jack?”, fragte er mit einem drohenden Unterton in der Stimme, ohne Jacks einleitende Worte abzuwarten.
“Sie ist in Sicherheit. Weit weg von hier.”
“Wo genau?”
“In einem kleinen Motel östlich von hier, dem Travelin’ Style Motel. Ein Freund von mir ist bei ihr. Er passt auf, dass ihr nichts zustößt.”
Gil schaute ihn finster an. “Dafür, dass Sie sie in diese Sache verwickelt haben, sollte ich Sie umbringen.”
“Vielleicht sollten Sie mich besser erst anhören, bevor Sie sich ein Urteil bilden. Obwohl es mir auch lieber wäre, wenn die Dinge anders gelaufen wären. Besonders für Tess.”
Gil lehnte sich mit einem gequälten Gesichtsausdruck in die Kissen zurück. “Ich nehme an, deshalb sind Sie hier.”
“Meine Gründe für mein Hiersein sind den Ihren sehr ähnlich. Weil wir nämlich beide etwas wissen, das wir eigentlich nicht wissen sollten. Und weil Tess mir versichert hat, dass ich Ihnen trauen kann.”
Gil lachte kurz auf. “Soso. Hat sie das.” Er machte eine kurze Pause und fuhr dann ungnädig fort: “Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Sie Tess in eine sehr hässliche Geschichte verwickelt haben.”
“Wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre alles anders gelaufen, leider wurde mir jedoch diese Entscheidung aus der
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