Tiffany Duo Band 0124
Flucht vor der Polizei.
Sie schaute ihn noch ein letztes Mal an, seinen Anblick auskostend, so wie man den Anblick eines schönen Sonnenuntergangs auskostet, dann schlug sie ihr Buch auf. Sie legte die Beine hoch, zog sich den grünblauen Schal um die Schultern und las. Leo kam herein, sprang auf ihren Schoß, um sich kraulen zu lassen, und als er genug hatte, wechselte er aufs Bett, kuschelte sich neben dem Fremden ein und leckte sich eine Pfote.
Molly überlegte, ihn wegzuscheuchen, aber irgendwie fand sie den Gedanken, dass der überängstliche Leo den Fremden als ungefährlich einstufte, tröstlich. Sie wandte sich wieder ihrem Buch zu, und nach einer Weile schlummerte sie ein. Es dauerte nicht lange, dann schlief sie tief und fest.
Irgendetwas weckte sie, ihr Buch rutschte ihr aus der Hand, und sie blinzelte verwirrt, als sie sich auf dem Stuhl wiederfand. Sofort fiel ihr ihr Patient ein, und gleich darauf sah sie, dass er es war, der sie geweckt hatte.
Er versuchte sich aufzusetzen, wobei er sich an ihrem Bein festhielt. “
Señora”
, sagte er mit krächzender Stimme, “entschuldigen Sie, aber …”
Sofort beugte sich Molly vor und legte ihm die Hand auf die Stirn. Seine Haut war heiß und feucht. Verdammt. “Warten Sie, ich helfe Ihnen. Was möchten Sie?”
Er wirkte verlegen und deutete mit der Hand nach draußen auf den Flur, wo immer noch das Licht brannte. “Ich kann nicht aufstehen.”
“Oh! Warten Sie.” Sie tätschelte ihm eine Schulter. “Ich hole Ihnen eine Bettflasche. Bleiben Sie ganz ruhig liegen.” Sie ging nach draußen und fand einen alten Kupferübertopf, der den Zweck erfüllen würde. Sie hielt ihn ihm hin, bereit, sofort das Zimmer zu verlassen, wenn er ihn nahm.
“Nein, nein”, protestierte er und schob sich hoch. “Helfen Sie mir.”
“Es ist in Ordnung. Ich bin Krankenschwester.” Sie wusste nicht, wie gut sein Englisch war. Doch da er ziemlich fließend sprach, nahm sie an, dass er alles verstand. “Sie müssen nicht aufstehen.”
Seine Wangen wurden dunkler, und er schaute weg. “Nein.” Mit etwas, das wie eine Herkulesanstrengung wirkte, schaffte er es, seine Beine über die Bettkante zu schwingen und sich aufzusetzen. “Bitte.” Er streckte eine Hand aus. “Helfen Sie mir.”
Molly nickte und beugte sich zu ihm hinunter, damit er seinen Arm um ihre Schulter legen konnte. Zusammen richteten sie sich auf, die Bettdecke glitt zu Boden und ließ ihn in einer sauberen weißen Unterhose zurück, nichts Ausgefallenes, aber vielleicht gerade deshalb irgendwie noch mehr sexy. Es ist nicht zu fassen, dachte sie und verkniff sich ein Lächeln. Seit wann machte sie sich Gedanken über die Unterwäsche eines Patienten? Weil sie glaubte, dass es ihm peinlich sein könnte, griff sie nach ihrem Schal auf dem Stuhl und schlang ihn ihm um die Taille. Er griff mit seiner freien Hand nach den Enden, und Molly hob den Kopf und lächelte ihn an.
Er schaute sie ernst an, und sie sah, dass seine Augen sehr groß und dunkel und feucht schimmernd waren. Die Lippen hatte er fest zusammengepresst, aber er bewerkstelligte dennoch ein schwaches Heben der Mundwinkel, das man als ein Lächeln deuten konnte. “Danke.”
“De nada
.” Sie half ihm über den Flur, und im Bad klammerte er sich zitternd am Waschbecken fest. “Sind Sie sicher, dass Sie zurechtkommen?”
Er stand mit hängendem Kopf da. Das Licht fiel auf die angespannten Muskelstränge auf seinem Rücken. Einen Augenblick später nickte er, und sie streckte die Hand aus, um die Tür hinter sich ins Schloss zu ziehen. “Ich bleibe in der Nähe. Rufen Sie, wenn Sie mich brauchen.”
Während sie sich draußen an die Wand lehnte, fragte sie sich ein weiteres Mal, ob sie den Verstand verloren hatte. Leonardo linste alarmiert um die Ecke, fast so, als ob er sich dasselbe fragte.
Die Frau, die müde aussah, half ihm wieder ins Bett und steckte die Decke unter seinen Armen fest. Er hatte geschwitzt, und jetzt war ihm eiskalt.
“Können Sie ein bisschen essen?”, fragte sie ihn.
Er konnte. In seinem Magen war ein Riesenloch, aber sie hatte schon so viel für ihn getan. “Gehen Sie ins Bett. Morgen ist früh genug.”
Ihr Lächeln war schnell und freundlich. Alejandro gefielen die Lachfältchen, die sich dabei in ihren Augenwinkeln bildeten.
“Sie sollten aber etwas essen, dann vertragen Sie die Medikamente besser. Vielleicht ein bisschen Brühe oder so?”
“Brühe?”
“Suppe.”
Und obwohl er wusste, dass
Weitere Kostenlose Bücher