Tiffany Duo Band 0124
mitreißen zu lassen. Er zuckte wieder zusammen, während er sich erinnerte. Er hoffte zu Gott, dass er niemand getötet hatte.
Am nächsten Morgen bewegte sich Molly leise durchs Haus. Sie war nicht wie sonst um fünf aufgewacht, sondern hatte bis halb sieben geschlafen, und das Licht flutete bereits hell durch die Küchenfenster über die Spüle und die Terrakottafliesen und ließ die Scheiben der Küchenschränke blitzen.
Das Haus, das in den Zwanzigern erbaut worden war, hatte zu dem Land gehört, das sie mit Tim gekauft hatte, aber das war in den ersten zwei Jahren auch das einzig Gute, was Molly darüber sagen konnte. Es war seit seiner Erbauung offensichtlich nicht ein einziges Mal — weder innen noch außen — renoviert worden, und ihr Mann hatte es sich Zimmer für Zimmer vorgenommen.
Den größten Teil seiner Zeit hatte Tim jedoch in seinen Job — er arbeitete als Zimmermann — und das Land selbst gesteckt, das seine Leidenschaft gewesen war, sodass die Arbeit im Haus nur langsam vorangegangen war. Als er vom Blitz erschlagen wurde, war die Küche immer noch ein Albtraum gewesen … verbeulte Blechschränke, ausgelegt mit vergilbtem Papier im Kiefernholzdesign, rissiges Linoleum, ein uralter Herd mit nur zwei Kochplatten.
Ein paar Wochen nach Tims Beerdigung hatte der Herd seinen Geist aufgegeben. Das war ein als Fluch verkleideter Segen gewesen. Von da an hatte Molly Abend für Abend, Wochenende für Wochenende ihre Trauer und Einsamkeit in Energie umgewandelt, die sie in die Küche gesteckt hatte.
Während sie Kaffee in den Filter tat, bewunderte sie die Usambaraveilchen, die in dem großen Treibhausfenster blühten, und ihren Kräuter- und Rosengarten dahinter — das Projekt, das sie nach der Küche in Angriff genommen hatte.
Nun brauchte sie wohl ein neues Projekt. Aber in einem so alten Haus gab es schließlich immer irgendetwas zu tun.
Nachdem sie lange genug herumgetrödelt hatte, ging sie auf Zehenspitzen den kurzen Flur hinunter zum Gästezimmer und warf einen Blick auf ihren Patienten. Durch die weißen Vorhänge sickerte Morgenlicht ins Zimmer und über den Mann, der noch immer schlief.
Sie hatte gehofft, dass er bei Tageslicht ein bisschen weniger … umwerfend wäre. Doch dieses Glück hatte sie nicht. Sie blieb auf der Schwelle stehen, ergötzte sich an seinem muskulösen Arm, seinem kräftigen Handgelenk und der schönen, großen Hand, die entspannt über seiner Taille lag. Neben seinem Kissen hatte sich Leo mit dem Schwanz über den Augen zusammengerollt.
Als ob ihr Blick ihn geweckt hätte, regte sich der Mann und bewegte die Beine unter der Decke, bis ihn die Erinnerung an den Schmerz oder der Schmerz selbst innehalten ließ. Er lag wieder still und wandte nur den Kopf, wobei er sich die Haare aus dem Gesicht schüttelte. Er schlug die Augen auf.
Molly hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Atemberaubende dunkle Augen, gegen die sich das Weiße klar und rein abhob. Für einen Moment starrte er sie verblüfft an, dann hob er diese große, langgliedrige Hand und schob sich das Haar ganz aus der Stirn. “Ich dachte, ich hätte Sie nur geträumt”, sagte er.
Oje. Seine Stimme war bis jetzt immer heiser vor Schmerz gewesen. Nun verglich sie sie unwillkürlich mit starkem mexikanischen Kaffee, durch den sein Akzent wie Zimt durchschimmerte, eine köstliche und überraschende Note. “Ich bin wirklich”, sagte sie, die Arme verschränkend. “Wie fühlen Sie sich?”
Er neigte den Kopf, als ob er auf seinen Körper lauschte. “Nicht schlecht.
Sie lächelte. “Nicht schlecht oder nur besser als gestern?”
Seine Mundwinkel zuckten. “Nicht übermäßig toll.”
“Ich werde Ihnen zum Frühstück ein paar Rühreier machen. Und hier ist Kaffee. Können Sie etwas essen?”
“Oh, ja.” Es kam von Herzen.
Er setzte sich auf, und Molly eilte an seine Seite, als ihn ein stechender Schmerz veranlasste, mit einem Aufstöhnen beide Hände gegen die Rippen zu pressen. “Ganz langsam”, sagte sie.
Der verstörte Leonardo schrak hoch und gab ein beleidigtes Miauen von sich, aber er rannte nicht weg. Interessant, dachte Molly.
Der Mann keuchte, und als er wieder Luft bekam, hob er den Kopf. “Haben Sie meine Nichte gefunden?”
“Noch nicht.”
Verzweiflung huschte über sein Gesicht, und er schloss die Augen. “Ich muss sie suchen.”
“Señor
, dazu sind Sie nicht in der Lage. Keine Angst, ich kümmere mich weiter darum.” Sie legte ihm eine Hand auf seinen Arm. “Wir
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