Tiffany Duo Band 0124
die Trauung zu vollziehen.
“Ich habe eine Idee”, sagte Molly plötzlich, nachdem sie erneut eine abschlägige Antwort erhalten hatten und wieder im Auto saßen. Sie wendete und fuhr zurück, bis sie an eine Abfahrt kam. Sie lächelte. “Ich wette, das, was wir jetzt gleich sehen werden, hast du noch nie gesehen.”
Sie fuhr einen unasphaltierten Weg hinauf bis zu der Stelle, wo zwei Bäume den Eingang markierten, und dann bogen sie in das ein, was die Einheimischen nicht ohne Sympathie “die Hippiekommune” nannten. In Wirklichkeit handelte es sich um eine lockere Gemeinschaft von Leuten mit alternativen Vorstellungen, die schon seit Jahrzehnten nur rein biologisch angebautes Gemüse züchteten und verkauften. Inzwischen war die Sunshine-Farm längst in den schwarzen Zahlen, und seit sie auch noch Fleisch aus natürlicher Aufzucht anboten, waren sie auf dem besten Weg, sich eine goldene Nase zu verdienen.
Ein paar dieser frei laufenden Hühner gackerten und schlugen aufgeregt mit den Flügeln, als Molly und Alejandro jetzt aus dem Auto stiegen. Alejandro schaute sich grinsend auf dem großen Hof um. “Das gefällt mir.”
Auf einem hellblauen Schulbus, der seit zwanzig Jahren an derselben Stelle stand, prangte eine leuchtend gelbe stilisierte Sonne, das Logo der Farm. Der Bus, aus dem jetzt eine Frau mit Pagenkopf und in Jeans ausstieg, diente als Büro. “Hallo. Was kann ich heute für Sie tun, Molly? Eier? Käse? Wir haben Sie in letzter Zeit nicht sehr oft gesehen.”
“Ich weiß.” Molly schüttelte entschuldigend den Kopf. “Wenn ich in Eile bin, werde ich immer wieder rückfällig und kaufe den Kram aus dem Supermarkt.”
“Ts, ts”, machte die Frau mit einem sonnigen Lächeln. Ihre Haut, die trotz ihres Alters — sie war Mollys Schätzung nach um die Fünfzig — klar und faltenlos war, war ein Gütesiegel für ihre Produkte. Sie wandte sich lächelnd an Alejandro. “Sie müssen der Verlobte sein, von dem wir schon gehört haben. Ich bin Katje Micklenburg.”
Alejandro machte eine kleine Verbeugung und griff nach ihrer ausgestreckten Hand. “Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.”
Molly sagte: “Ich wollte eigentlich zu Jonah. Wir möchten heiraten, und mein Bruder ist so wütend, dass er alle gegen mich aufgehetzt hat.”
“Na, so was.” Sie legte den Kopf zur Seite. “Das ist ja ein lustiger Besuch! Kommen Sie mit.”
Während sie zum Haus gingen, stellte Alejandro interessierte Fragen bezüglich der Farm, die Katje Micklenburg bereitwillig und ausführlich beantwortete.
Alejandro hatte seinen Arm um Mollys Schultern gelegt, und es fühlte sich gut an. Er roch nach der warmen Luft New Mexicos, ein Duft, der so sauber und frisch war wie zusammengelegte Wäsche. Wenn er sprach, spürte Molly, wie sein Brustkorb vibrierte, was sie irgendwie an den Kuss im Auto vor dem Haus ihres Bruders erinnerte. Ein schrecklich sinnlicher Kuss, der verheerende Auswirkungen auf sie gehabt hatte.
Ihre Reaktion war umso beunruhigender, weil der Kuss nur gespielt war. Es war nicht mehr gewesen als ein Filmkuss.
Kein Wunder, dass sich Schauspieler so oft verliebten.
Verliebten? Das Wort hallte in Mollys Kopf wider, und sie machte ein finsteres Gesicht. Nein, Liebe war es nicht. Sie liebte nur einen, und das war Tim. Auch wenn er schon seit vier Jahren tot war. Aber vielleicht war es ja Lust. Immerhin war sie schon lange mit keinem Mann mehr zusammen gewesen.
Lust könnte sie überleben.
Katje führte sie die Stufen zu dem kühlen Adobe-Farmhaus hinauf, dessen blau bemalte Fenster und Türen böse Geister fernhalten sollten. Die Inneneinrichtung ließ erkennen, dass es der Farm wirtschaftlich mittlerweile blendend ging. Beim Blick auf die seltenen spanischen Weberzeugnisse aus der Kolonialzeit und die noch selteneren antiken Navajodecken in Grau und Rot flüsterte Alejandro beeindruckt: “In meinem Land leben nur Reiche so.”
“In unserem auch”, sagte Katje trocken, dann rief sie: “Jonah!” Irgendwo aus der Tiefe des Raums ertönte ein lautes Rumpeln. Sie seufzte. “Machen Sie es sich bequem. Ich hole ihn.”
Sie eilte den Flur hinunter und ließ die beiden allein im Wohnzimmer zurück. Oder vielleicht sollte man es besser “Salon” nennen, dachte Molly schmunzelnd. Die Wand neben dem Kamin wurde von einem leuchtenden Gemälde geschmückt, das ein Künstler aus Taos gemalt hatte, und auf den niedrigen Tischen standen frische Blumen.
Alejandro stand vor einer
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