Tiffany Duo Band 0124
herrschte eine gedrückte Stimmung, und als Molly und Alejandro zu Hause anlangten, gingen sie sich aus dem Weg, um dem anderen Gelegenheit zu geben, sich mit der neuen Situation anzufreunden.
Molly, die sich nach einer wie auch immer gearteten Normalität sehnte, rief vom Telefon im Schlafzimmer aus Lynette an. “Hi”, sagte sie leichthin, als die Freundin sich meldete.
“Molly! Ich bin ja so froh, dass du anrufst. Josh ist eben kurz für mich zum Einkaufen gegangen, deshalb kann ich reden.”
Molly verließ der Mut. “Das heißt vermutlich, dass er noch immer sehr böse auf mich ist.”
“Oh, mach dir keine Sorgen, Liebes. Du kennst ihn ja. Er sieht die Welt eben nur in Schwarzweiß.” Sie kicherte. “Und du bist auf der schwarzen Seite gelandet.”
Molly lachte leise.
“Oje, das klingt schlimm, was?”, fragte Lynette beunruhigt. “Ich hab’s nicht so gemeint.”
“Ich weiß schon, wie du es gemeint hast.” Molly runzelte die Stirn. “Bei mir musst du kein Blatt vor den Mund nehmen, Lynette.”
“Ich weiß. Oder ich meine, ich denke, dass ich es weiß.” Lynette seufzte. “Mach dir nichts draus. Josh ist zwar momentan noch stinksauer auf dich, aber irgendwann wird er dich vermissen, und dann beschließt er wahrscheinlich, dir deine Sünden zu vergeben.”
Sünden. Molly fragte sich, ob Lynette auch so dachte. “Nun, das wird er wohl oder übel müssen, weil wir nämlich heute geheiratet haben.”
“Was? Wie …?”
“Wie ich es gemacht habe, nachdem Josh es geschafft hat, alle gegen mich aufzuhetzen? Ich bin zu Jonah Micklenburg gegangen.” Der Gedanke an die liebevoll durchgeführte Zeremonie erwärmte die Leere in ihr. “Es war wunderschön. Ich wünschte, du wärst dabei gewesen.”
“Moll, bist du dir auch ganz sicher? Ich meine, er ist ja wirklich süß, und es hat mir gefallen, wie lieb er zu den Kindern war, aber jetzt mal ganz ehrlich … was kann er dir bieten?”
“Er bringt mich zum Lachen, Lynette, und er weiß alles Mögliche, was ich nicht weiß. Er kann mir Spanisch beibringen, und vielleicht mache ich ja endlich etwas mit meinem Land. Das hat Tim sich immer gewünscht.”
“Nun, ich hoffe nur, dass es für dich kein böses Erwachen gibt. Ich hasse den Gedanken, dass er dich nur benutzen könnte, um eine Green Card zu bekommen.”
Molly spürte Wut in sich aufsteigen. “Also wirklich, Lynette, du redest daher, als ob ich fünfzehn wäre und mir überlegen würde, mit dem bösen Buben der Stadt ins Bett zu steigen.” Sie schüttelte den Kopf. “Alejandro ist nicht so. Er hat … Ehre.”
“Mm.” Es klang skeptisch.
“Du wirst schon sehen”, gab Molly verletzt zurück.
“Hoffentlich, Molly. Ich will doch nur, dass du glücklich bist.” Dann fuhr sie in drängendem Tonfall fort: “Josh ist zurück. Ich muss Schluss machen.”
Molly legte nachdenklich auf.
Ich will doch nur, dass du glücklich bist
, hatte Lynette gesagt. Aber hätte sie sich nicht für sie gefreut, wenn es wirklich so wäre? Hätte sie dann nicht für sie Partei ergriffen, statt nur Joshs Worte nachzubeten?
Nach zwei Stunden, die sie lesend verbracht hatte, ging Molly in die Küche, wo Alejandro am Küchentisch vor einer Skizze saß, die er auf ein großes Blatt Papier geworfen hatte. Er war Linkshänder, was ihr bis jetzt noch nicht aufgefallen war.
Er schaute auf und schob sich die Haare aus der Stirn. “Ah. Da bist du ja. Fühlst du dich besser?”
Molly nickte. “Und du?”
“Ja. Davon wird mir immer besser. Komm her und schau.”
“Was ist das denn?” Molly trat neben ihn und blickte ihm über die Schulter. “Es sieht aus wie eine Landkarte.”
“In gewisser Weise.” Er drehte es so, dass sie es sehen konnte. “Es ist eine Idee, was man mit deinem Land machen könnte, damit es dir mit nur ganz wenig Arbeit etwas zurückgibt.”
Unbehaglich ließ sich Molly auf dem Stuhl am Kopfende des Tisches nieder und zog sich die Skizze heran. “Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dem Land wirklich etwas machen will. Ich liebe es so, wie es ist.”
Diesen Einwand wischte er mit einer Handbewegung vom Tisch. “Wenn du die Salbeibüsche und Kakteen behalten willst … kein Problem. Man kann es auch anders machen.” Er zog sich den Block wieder heran und warf eine neue Skizze aufs Papier, die diesmal eine eingezäunte Fläche mit einem Hühnerstall zeigte. Auf einem Zaunpfahl saß ein Hahn.
“Du kannst sehr gut zeichnen”, sagte sie überrascht. “Hast du das beruflich
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