Tiffany Duo Band 0124
den Korb aufs Fußende des Betts und holte eine Tüte mit Hamburgern heraus. “Na, dann wollen wir doch mal sehen, was er jetzt sagt.” Sie reichte Alejandro die Tüte und eine Cola, dann begann sie die Sachen auszupacken, die sie für Josefina mitgebracht hatte. Die Kleine war selig, vor allem über das Plüschhündchen, aber sie machte einen so erschöpften Eindruck, dass Molly zutiefst beunruhigt war. “Willst du vielleicht ein bisschen fernsehen?”
Josefina nickte. Molly machte den Fernseher an, fand einen Zeichentrickfilm und deckte das Mädchen sorgfältig zu. Sie deutete mit dem Kopf zur Tür und schaute Alejandro an, der aufstand. “Wir sind in ein paar Minuten wieder da, okay?”
Das Kind nickte benommen.
Auf dem Flur sagte er: “Erzähl es mir.”
Molly wusste, dass es keinen Sinn hatte, etwas zu beschönigen. “Es ist tatsächlich TB. Und es sieht aus, als wäre noch eine Lungenentzündung dazugekommen. Sie braucht viel Ruhe und Schlaf. Wenn du das Krankenhaus nicht verlassen willst, kann ich das gut verstehen, aber du musst auch an dich selbst denken. Du darfst dich keinesfalls überanstrengen.”
Unglücklicherweise verschlechterte sich Josefinas Zustand in den nächsten zwei Stunden dramatisch. Noch vor dem Abendessen wurde sie auf die Intensivstation verlegt und mit Sauerstoff versorgt.
Alejandro ging jede Stunde für zehn Minuten zu ihr, mehr war nicht erlaubt. Meistens schlief sie, und er konnte nur ihre Hand halten und beten. Er lauschte den Geräuschen der medizinischen Geräte mit einer Atemlosigkeit, als ob er selbst daran angeschlossen wäre. Er wünschte, er wäre es. Er nahm das Amulett, das er um den Hals trug, ab und legte es Josefina um, wobei er noch mehr betete.
Die Zeit dazwischen verbrachte er dösend im Wartezimmer. Molly blieb bei ihm und griff ab und zu tröstend nach seiner Hand. Irgendwann ließ sie ihn für eine Weile allein und kam mit Essen zurück, das er mechanisch aß. Er wollte sie wegschicken, wünschte sich, sie bald nicht mehr zu brauchen. Bestimmt hielt sie ihn für einen Schwächling, und das war er nicht.
Endlich, kurz nach Mitternacht, sank das Fieber, und Josefina schien zumindest fürs Erste außer Gefahr zu sein. Die Ärztin sagte Alejandro, dass er die Gelegenheit nutzen solle, um auch ein bisschen zu schlafen. “Erlauben Sie Ihrer Frau, Sie nach Hause zu fahren.”
Seine Frau. Er hatte es vergessen. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und nickte.
Auf dem Nachhauseweg sah Alejandro, dass Molly ebenfalls erschöpft war. Unter ihren Augen lagen blaue Schatten. Impulsiv streckte er die Hand nach ihr aus. “Danke, dass du bei mir geblieben bist. Es war gut, nicht allein zu sein.”
Sie bewerkstelligte ein Lächeln, das ihre Augen nicht ganz erreichte.
Zu Hause warf Molly ihre Schlüssel auf den Tisch und schlüpfte aus ihren Schuhen, dann ging sie in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Alejandro folgte ihr etwas langsamer, während sein Körper ihn mit Nachdruck daran erinnerte, dass er noch immer nicht geheilt war. Hinzu kam, dass er eine merkwürdige Leere in seiner Brust verspürte, von der er nicht wusste, woher sie rührte. Er holte sich ebenfalls ein Glas Wasser, und dann schauten sie gemeinsam auf den vom Mond beschienenen Garten hinaus.
Plötzlich traf ihn die Erkenntnis mit voller Wucht, und er streckte mit einem erstickten Laut die Hand nach dem Tresen aus. “Wenn sie noch einen Tag länger im Freien verbracht hätte, wäre sie jetzt vielleicht schon tot”, sagte er heiser.
“Ja”, flüsterte Molly.
Etwas in ihrer Haltung in Verbindung mit seinem eigenen Bedürfnis nach Nähe veranlasste ihn, sie an sich zu ziehen. Und da war nicht einmal ein Hauch von Widerstreben. Sie glitt in seine Umarmung und legte seufzend ihren Kopf an seine Schulter.
“Jetzt ist es Gott sei Dank vorüber”, sagte sie leise, “und sie ist außer Lebensgefahr.” Sie hielt einen Moment inne. “Aber sie wäre heute Nacht fast gestorben. Ich habe noch nie so gebetet in meinem Leben.”
Er rieb seine Wange an ihrem Haar. “Ich auch nicht.”
Und dann waren keine Worte mehr erforderlich. Sie lehnten sich einfach nur aneinander, wobei sie Trost und Unterstützung beim anderen fanden. Vage fragte er sich, warum Menschen das brauchten, warum sie zur Versicherung, dass das Leben weiterging, den Atem und die Wärme eines anderen Menschen spüren mussten.
Das Bedürfnis nach Schlaf sickerte in sein Gehirn ein und raubte ihm das letzte Bisschen
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