Tiffany Duo Band 0124
vage spürte er, dass etwas nicht stimmte, dass er auf keinen Fall weitergehen durfte. Und da Verstand und Gefühl ihm Einhalt geboten, zwang sich Nick aufzuhören. Schwer atmend setzte er sich auf und rieb sich die Augen.
“Tut mir leid”, erklärte er seufzend, “aber es kommt mir einfach nicht richtig vor.”
“Du hast Recht”, stimmte sie kleinlaut zu. “Nick?”
“Ja?”
“Danke, dass du aufgehört hast. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es gekonnt hätte.”
Als Carly das sagte, klang es so, als hätte er etwas sehr Edles getan, aber so war es ganz und gar nicht. Er hatte aus reinem Selbstschutz gehandelt, um zu verhindern, dass sie sich noch weiter miteinander einließen. Heute Abend war Sex mit Carly mehr als nur ein Bedürfnis, das es zu befriedigen galt. Gerade eben war er im Begriff gewesen, sein Herz an sie zu verlieren. Carly aber behielt ihre Geheimnisse immer noch für sich, vertraute sich ihm nicht an. Und wenn kein Vertrauen bestand, wollte er auch nicht sein Herz verlieren. Genau deswegen hatte er aufgehört.
Deine Frau, hatte Dom gesagt.
Teufel nein. Sie war nicht seine Frau, würde nicht seine Frau sein, schon allein deswegen nicht, weil sie zu viel emotionales Gepäck mit sich herumschleppte.
Nick blickte hinaus in die Nacht und versuchte, sich zu entspannen. Jemand lachte auf einem benachbarten Balkon. Vom Bootshafen her erklang leise Jazzmusik.
“Nick?”
Carly hatte sich auf der Liege aufgesetzt, die Beine an die Brust gezogen und mit den Armen umschlungen. Sie sah ihn aufmerksam an. “Alles in Ordnung mit dir?”, fragte sie ihn besorgt.
Eine plötzliche kühle Brise vom Meer her ließ das Kerzenlicht flackern. “Es wird allmählich kühl”, sagte er brüsk, ohne auf ihre Frage zu antworten. “Warum gehst du nicht schon rein? Ich mach noch einen Spaziergang.”
“Allein?”
“Ja.” Er hatte es jetzt eilig, von ihr wegzukommen, ging schnell durch Küche und Wohnzimmer, holte sich die Windjacke aus dem Flurschrank und zog sie an. Carly war ihm gefolgt und stand jetzt etwas verwirrt und verloren im Flur.
“Warum gehst du nicht zu Bett?”, fragte er.
Sie wies auf die kleine Küche. “Ich … ich dachte, ich wasche zuerst das Geschirr ab.”
“Ich habe doch gesagt, dass ich das mache!”
“Aber das ist nicht richtig. Du warst so gut zu mir, du hast das Essen bezahlt, und ich finde einfach, ich sollte …”
“Glaubst du etwa, dass ich Dankbarkeit erwarte? Bezahlung dafür, dass ich dir Unterkunft gewähre? Hör auf, Carly. Geh schlafen, ich bin bald zurück.
“Ich habe eine Pistole … Ich habe eine Pistole auf Sie gerichtet, und ich werde sie benutzen …”
“Wo, zum Teufel, ist er? Er ist immer an Bord …”
“Geben Sie mir das Bleichmittel. Nicht das Shampoo, Sie Idiot, das Bleichmittel!”
Der Traum hatte keine Bilder, war nur schwarz, nur Ton. Windgeräusche, streitende Stimmen. Der Klang von klirrendem Glas. In ihrem Kopf war eine schwarze Schwindel erregende Leere, ganz so, als wären ihre Augen verbunden, und sie würde durch den leeren Raum stürzen.
“Jetzt sei ein braves Mädchen. Sitz still …”
Die Stimme eines Mannes, irritiert, verdrießlich und anklagend. Herablassend.
“Du bist ein hoffnungsloser Fall. Warum sind alle so dumm?”
“Jetzt sei ein braves Mädchen …”
“Ich habe eine Pistole … Ich habe eine Pistole … Ich habe eine …”
Um sich schlagend und schweißgebadet schreckte Carly aus ihrem Traum auf. Einen Augenblick lang wusste sie überhaupt nicht, wo sie war. Es war Nacht, aber Licht brannte. Es schien von der Küche ins Wohnzimmer, Nicks Wohnzimmer. Sie war immer noch bei Nick.
Sie hatte das Geschirr abgewaschen, obwohl er ihr gesagt hatte, sie solle es nicht tun. Und danach hatte sie sich erschöpft in den einladenden Sessel im Wohnzimmer fallen lassen, nur für eine Minute, um die Füße hochzulegen. Und da musste sie eingeschlafen sein und hatte einen Traum gehabt, eine Art Rückblende. Aber was genau war da passiert?
Die Stimme aus ihrem Traum fiel ihr wieder ein. “
Ich habe eine Pistole.”
Es war die Stimme eines Mannes gewesen, aber wessen? Sie bemühte sich verzweifelt, sie einzuordnen, doch es gelang ihr nicht. Sie hatte unangenehm geklungen, harsch und rau. Eine irritierte Stimme, wie die eines erwachsenen Kindes. Wie die eines widerlich unheimlich klingenden Kindes.
Zu vage, dachte sie. Was war sonst noch gewesen? Sie konzentrierte sich angestrengt. Was hatte die Stimme noch gesagt? Die
Weitere Kostenlose Bücher