Tiffany Duo Band 0133
Mal seit dem letzten Jahr wünschte sie sich, dass Krisen mit einer Gebrauchsanweisung kamen.
Sie machte ihren Gürtel zu, während sie hinunterging.
Ihre Mutter stand in einem Hauskleid und Slippern an der Spüle und wusch eine blau-weiß gemusterte Keramikschüssel aus. Das von ein paar grauen Strähnen durchzogene blonde Haar war makellos frisiert, die Lippen hatte sie blassrosa geschminkt. Anders als ihre große, sportliche Tochter würde Myra Jordan nie ohne Make-up oder BH aus dem Haus gehen. Debbie wurde plötzlich von einer unerwarteten Welle der Zuneigung für ihre Mutter überschwemmt.
Myras dunkelhaariger Gast saß mit dem Rücken zu ihr am Küchentisch, unter dem Tisch lugte ein nackter Fuß hervor. Er drehte seinen Kopf zur Seite. Mit seinem goldenen Ohrring und den morgendlichen Bartstoppeln sah er gefährlich, verwegen und sehr, sehr attraktiv aus.
Debbie blieb auf der Schwelle stehen. Allerdings war dieses Zuhause nach dem Tod ihres Vaters keine besonders sichere Zuflucht mehr gewesen.
Sean hielt einen geblümten Kaffeebecher in seinen großen Händen. “Ich will Ihre Freundlichkeit nicht über Gebühr beanspruchen, Mrs Jordan. Ich muss sowieso in einer Stunde auf der Baustelle sein.”
“Oh, das ist doch kein Problem. Und dieses Blätterteiggebäck ist in einer Minute fertig.”
Debbie holte tief Luft. “Guten Morgen, Mama.”
“Debbie!” Ihre Mutter ließ die Schüssel in den Seifenschaum gleiten, eilte auf sie zu und zog sie in eine nach Spülmittel mit Zitronenduft riechende Umarmung.
Debbie schloss für einen kurzen Augenblick die Augen, um die Illusion des Nachhausekommens festzuhalten.
“Warum hast du mich denn heute Nacht nicht geweckt?”, schalt Myra.
Debbie lehnte sich ein bisschen zurück, um das sanfte, von Falten durchzogene Gesicht ihrer Mutter zu mustern. Sie ist älter geworden, dachte Debbie besorgt. Was war, wenn die Kinder eine zu große Belastung für sie waren? Oder was, wenn sich die Bilottis mit dem Geld, das sie ihnen geschickt hatte, nicht zufriedengaben und ihr nachkamen? Sie würde es sich nie verzeihen, wenn sie ihre Mutter in Gefahr brachte. Aber was für eine Alternative hatte sie?
“Na ja …, ich wollte dich nicht stören.”
“Sean hast du schon kennengelernt?”
Dunkle Augen, in denen spöttische Fünkchen tanzten, beobachteten sie über den Rand des Kaffeebechers hinweg. “Ich habe sie empfangen”, erklärte er würdevoll. “Und dann habe ich das Zimmer geräumt, damit sie die Kinder ins Bett bringen konnte.”
Debbie wurde unter seinem Blick ganz warm, fast so, als ob sie bereits ihre übliche Morgenrunde gelaufen wäre. Als sie spürte, dass sie rot wurde, wandte sie sich schnell ab und schenkte sich Kaffee ein. “Ja, das hat er. Noch mal danke. Dass Sie das Zimmer geräumt haben”, fügte sie hinzu, nur für den Fall, dass er denken könnte, sie könnte das andere meinen. Diesen Kuss.
Er wirkte amüsiert. “Gern geschehen.”
“Sie haben sich gar kein Kissen mehr geholt”, sagte sie törichterweise, dann biss sie sich auf die Zunge.
“Es gab genug Kissen auf der Couch. Ich dachte mir, die aus dem Schrank könnten Sie und Ihre Kinder brauchen.”
“Ihr hattet es hoffentlich bequem”, sagte Myra, aber Debbie war sich nicht sicher, wen sie mit
ihr
meinte.
“Sehr bequem, Mama, wirklich. Aber natürlich hoffe ich, dass ich jetzt, wo wir hier sind, das Gästezimmer für die Kinder einrichten kann.”
“Oh ja. Ja, natürlich. Ich wollte noch aufräumen, bevor ihr kommt. Aber ihr seid früher gekommen, Liebes.”
Debbie spülte mit einen Schluck Kaffee die Schuldgefühle hinunter, die angesichts des leisen Vorwurfs, der in den Worten ihrer Mutter mitschwang, in ihr aufstiegen. Sie hatte nie vorgehabt, wieder nach Hause zurückzugehen. Aber sie hatte ja auch nicht mit den Bilottis gerechnet. Wenn da nicht die Drohungen gegen die Kinder gewesen wären … Es war unmöglich, die Schulden abzubezahlen und zusätzlich noch die Hypothek für das Haus aufzubringen, in dem sie mit Doug gelebt hatte. Derzeit bekam sie ja nicht einmal die Kaution für eine Mietwohnung zusammen.
“Ja, tut mir leid, Mama. Aber jetzt, wo wir hier sind, kann ich dir ja helfen. Wir können vorerst einige der Kisten aus dem Gästezimmer in mein Zimmer räumen.”
“Oh, aber …” Myra drehte sich zu Sean um. Debbie hatte das Gefühl, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen.
“Ihre Tochter sollte ihr Zimmer haben, Mrs Jordan. Ich habe
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