Tiffany Duo Band 0142
grüßte sie der stämmige Mann hinter der Theke.
“Hey, Chuck. Ich habe einen Freund dabei, der deinen Gumbo probieren möchte.”
Sein Gesicht erhellte sich. “Das hör ich gerne. Setzt euch doch.”
Sam ging hinter Serena her, die einen Tisch in der äußersten Ecke anpeilte.
“Hier ist es am wenigsten verraucht”, meinte sie und nahm Platz.
Die Atmosphäre – oder vielmehr der Geruch – löste etwas in Sam aus. Er hatte in einem Artikel in der Bibliothek gelesen, dass Gerüche gute Anstöße geben konnten, wenn es um Erinnerungen ging. Dazu der Geschmack des Bieres, das er inzwischen in der Hand hatte. Plötzlich sah er sich in einem Sessel sitzen, Bier aus der Dose trinken und auf den Fernseher glotzen. Ein nicht gerade erheiterndes Bild. Erschrocken ließ er fast die Flasche fallen.
“Sam, ist etwas mit dem Bier los?”
Er schaute Serena an. Sie sah besorgt aus. Wie lange hatte er wohl dagesessen, ohne ein Sterbenswörtchen zu sagen? “Nein, nein. Aber ich bin wohl kein großer Biertrinker.”
“Ich auch nicht, aber ich dachte, alle Männer mögen Bier.”
“Dann scheine ich wohl eine Ausnahme zu sein”, antwortete er und verdrängte die unangenehme Erinnerung wieder. “Was war das doch, das ich probieren sollte? Gumbo?”
“Ja. Das ist eine Art Eintopf. Höllenscharf. Auch die Flusskrebs-Tarte und Po’boy-Sandwiches sind exzellent. Chuck ist aus Louisiana, er kocht echtes Cajun. Sie wissen schon, Südstaatenküche.”
Sam wusste nicht, ob er je Cajun gegessen hatte, aber es klang lecker. “Warum bestellen Sie nicht für uns beide? Sie kennen sich hier aus.”
Während Serena bestellte, musterte Sam die anderen Gäste. Alle trugen Jeans und T-Shirts, manche auch noch ihre Baseballkappen; viele der Männer hier waren tätowiert. Aber es schien friedlich zuzugehen. Vielleicht ist es noch zu früh, dachte er, als eine laute Gruppe von drei Frauen und zwei Männern die Kneipe betrat und sich am Stammtisch niederließ.
Plötzlich schlug ihm jemand kräftig auf die Schulter. Es war Bill, ein Gast aus dem
Rainbow Café
. “Hey, Sam. Serena zeigt dir wohl ein bisschen die Stadt.”
“Hallo, Bill”, mischte sich Serena ein. “Er hat mich gefragt, was hier abends los ist. Also dachte ich mir, zeige ich es ihm.”
“Tja, viel mehr ist in Edstown an einem Samstagabend auch nicht geboten”, meinte Bill und grinste Sam an. “Es sei denn, du magst Wrestling.”
“Ich habe gehört, dass am See einiges los ist”, sagte Sam.
Bill lachte und schlug ihm erneut auf die Schulter. “Ja, das stimmt. Aber das letzte Mal, als ich dort war, war ich noch auf der Highschool. Hatte die kleinen Lucy dabei, meine erste Freundin. Junge, Junge, kann dir gar nicht sagen, wie oft der alte Chief Ferrell ans Autofenster geklopft hat.”
“Eine Tradition in Edstown, die Sam wohl nicht erleben wird. Zumindest nicht heute Nacht”, sagte Serena steif.
Bill lachte laut. “Na ja, ich würde es an deiner Stelle versuchen, Sam. Vor allen Dingen, wenn du mit so einer schönen Frau wie Serena unterwegs bist.”
Noch ehe Sam den Mund aufmachen konnte, mischte sich Serena wieder ein: “Bill, ich glaube, deine Frau langweilt sich. Vielleicht solltest du ihr wieder Gesellschaft leisten.”
“Ja, hab schon verstanden. Genießt das Essen, und wir sehen uns im
Rainbow Café
, Sam.”
“Okay”, stimmte der zu und rieb sich die Schulter. Bill ging zu einem anderen Tisch, um weiter zu plaudern. Es schien ihn nicht zu stören, seine Frau noch länger warten zu lassen. “Netter Kerl, aber sein Schulterschlag hat’s in sich”, beklagte sich Sam.
Serena lächelte ihn an. “Ein neuer blauer Fleck?”
“Wahrscheinlich. Aber wenigstens war er dieses Mal freundlich gemeint.”
Ihre Miene wurde wieder ernst. “Glauben Sie, dass man die Männer finden wird?”
Wieder machten sich Schuldgefühle in ihm breit. “Sieht nicht so aus.” Er hatte die Lügerei plötzlich mehr als satt, aber hier war weder der Ort noch die Zeit, Serena die Wahrheit zu gestehen.
Zu seiner Erleichterung erschien die Bedienung und servierte ihnen den Gumbo. Er duftete nach Meeresfrüchten und Gemüse. Nachdem Sam einen Löffel probiert hatte, meinte er: “Mann, ist das lecker”, und leckte sich die Lippen.
Serena beobachtete ihn neugierig. “Ist es Ihnen nicht zu scharf? Die meisten Leute beschweren sich, wenn sie den Gumbo das erste Mal essen.”
“Scharf? Meine Liebe, ich habe Sachen gegessen, neben denen diese Suppe wie …, wie
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