Tiffany Duo Band 0142
ihnen sagen können, dass sie sich nur zweimal geküsst hatten. Aufregende Küsse, musste er zugeben, aber das war alles. Vielleicht hatte er gehofft, sie wieder zu küssen – okay, er hatte
garantiert
daran gedacht –, hatte aber genug Willenskraft, es besser zu wissen. Zumindest hoffte er das.
Das Gospel-Quartett verließ die Bühne und wurde durch eine Gruppe Kinder ersetzt, deren Kostüme nach der amerikanischen Flagge entworfen waren und die einen Stepptanz vorführten. Es amüsierte Sam, denn nicht ein einziger der Tänzer schien auch nur ein Fünkchen Talent zu besitzen.
“Grässlich, nicht wahr?”, sagte ein schlaksiger Mann mit längerem braunen Haar und ungewöhnlich grauen Augen, als er zu der Gruppe trat.
“Unsere Tochter macht mit”, rief eine der Mütter entrüstet.
Der Neuankömmling antwortete mit einem Lächeln. “Niedlich sind sie ja. Aber tanzen?” Er schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf.
“Sie sind doch erst vier oder fünf”, protestierte die Mutter.
“Das rechte ist doch dein Kind, Claudia?”, fragte der Mann.
Sie lächelte. “Ja, das ist unsere Stephanie.”
“Scheint, als hätte sie die zwei linken Füße ihres Vaters geerbt. Stimmt’s, Joe?”
“Riley hat es mal wieder auf den Punkt getroffen. Ich dachte, dass ein paar Tanzstunden ihr helfen würden.” Der Vater lachte kläglich.
“Sieht nicht so aus”, meinte Riley und setzte sich neben Sam aufs Gras.
Noch ehe Claudia dazu kam, Protest zu erheben, hatte er sich an Sam gewandt. “Sie sind doch der Typ, von dem Lindsey erzählt hat?”
“Ja, und Sie sind wohl Riley, der Reporter.”
“Genau.” Riley studierte ihn unverhohlen. “Wie kommt es, dass Sie sich weigern, mit Lindsey zu reden? Haben Sie etwas zu verbergen? Ich könnte Sie auf die Titelseite bringen!”
“Riley, können wir den
Evening Star
nicht wenigstens heute mal in der Redaktion lassen?”, unterbrach Serena milde.
Er lachte. “Ein Reporter ist immer im Dienst.”
Die kleine Kinderschar war fertig mit der Vorführung, und Sam klatschte Beifall.
“Mögen Sie Kinder?”, fragte Lindsey mit einem Stück Wassermelone in der Hand.
Er zuckte die Achseln. “Klar.”
“Haben Sie selber welche?”
Das wäre fürchterlich, dachte Sam. Der Gedanke, Erwachsene zurückgelassen zu haben, war schlimm genug. Aber Kinder? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. In den letzten Tagen hatte er immer wieder bruchstückhafte Bilder gesehen. Noch nichts Konkretes, eher Puzzlestücke, die früher oder später ein Ganzes ergeben würden – so hoffte er. Und er war sich sicher: Wenn er Kinder hätte, würde er das spüren.
Er hatte nur noch zwei Tage, bis die drei Wochen, die er sich selbst zugestanden hatte, um seine Erinnerung wiederzuerlangen, vorüber waren. Dann müsste er es jemand sagen.
Vielleicht
.
“Sam? Ich habe Sie gefragt, ob Sie Kinder haben.”
“Äh. Hm. Nein, keine Kinder.” Wenn Lindsey die Wahrheit erfahren würde, dann stände es tatsächlich sofort auf der ersten Seite des
Evening Star
.
Um weiteren unangenehmen Fragen zu entgehen, nahm er seinen leeren Teller, Serviette und Plastikbesteck samt Pappbecher. Gegen Serenas Protest sammelte er ihren Abfall auf und dann auch noch Lindseys, um nicht den Anschein zu erwecken, dass er Serena bevorzugen würde.
Die Abfalleimer waren am Rand des Platzes verteilt. Er hatte gerade den letzten Teller weggeworfen, als ihm der Mann von vorhin wieder ins Blickfeld geriet. Er studierte die Menschenmenge unter einer Designersonnenbrille, obwohl die Sonne schon beinahe untergegangen war. Und er war immer noch allein.
“Der Kerl muss ja äußerst gesellig sein”, murmelte Sam.
Obwohl der Fremde ihn nicht hätte hören können, drehte er sich um. Vielleicht hatte er das Gefühl verspürt, dass ihn jemand beobachtete. Als er Sam erblickte, erstarrte er überrascht. Sam wusste, dass diese Überraschung ihm galt. Wer, zum Teufel …
“Entschuldigen Sie, Sam”, hörte er Joe, den Vater der niedlichen, aber hoffnungslosen Tänzerin, hinter sich, “könnten Sie kurz Platz machen?”
Sam drehte sich um und sah, wie Joe einen Berg von Abfall balancierte. “Natürlich, Entschuldigung. Sagen Sie, haben Sie den Typ da drüben schon mal gesehen?”
Sam drehte sich, um auf ihn zu deuten, aber er war verschwunden. Wer immer er auch war, er schien sich in nichts aufgelöst zu haben. “Hoppla, jetzt ist er verschwunden.”
“Nächstes Mal”, meinte Joe. “Ich kenne so ziemlich jeden
Weitere Kostenlose Bücher