Tiffany Duo Band 0147 (German Edition)
anrufen, aber ich weiß nicht, ob sie in diesem Fall jemanden herschicken werden. Keine Anzeichen für einen Einbruch, keine Geschädigten, nichts, außer der Schachtel Gift. Die nehme ich natürlich mit und bringe sie ins Labor.”
“Tun Sie das. Und nehmen Sie ins Protokoll auf, dass Sie die Spurensicherung informiert haben. Wir wollen doch nicht, dass man Ihnen später ein Versäumnis vorwirft.”
“Nein!” Sharps sah Molly an. “Ich werde tun, was ich kann, Ma’am.” Er notierte alles gewissenhaft und hielt ihr das Klemmbrett mit dem Formular hin, damit sie es unterschreiben konnte. Danach zog er Latexhandschuhe an und steckte die Giftschachtel in einen durchsichtigen Plastikbeutel.
Damien wusste, dass sie unbeachtet in irgendeinem Regal landen würde, aber das machte nichts. Wichtig war, dass dieser Vorfall polizeilich registriert war und ein vor Gericht verwertbarer Beweis dafür existierte. Je mehr in der Akte stand, desto schlechtere Karten hatte Jensen, wenn es zu einem Prozess kam.
“Rufen Sie uns sofort an, wenn wieder etwas passiert, Ma’am”, sagte Sharps, bevor er seine Mütze aufsetzte und zurück zum Streifenwagen ging.
Molly schloss die Haustür hinter ihm und lehnte sich seufzend dagegen. “Bisher haben die mir nie geglaubt. Danke, Damien.”
6. KAPITEL
Sie hatte die Bullen gerufen. Jack trommelte aufs Lenkrad und fluchte laut. “Die dämliche Kuh!” Für wie dumm hielt sie ihn eigentlich? Glaubte sie etwa, er hätte Spuren hinterlassen?
Er hatte gehofft, dass sie in Panik geraten und fluchtartig das Haus verlassen würde. Jetzt, da sie wusste, dass er jederzeit hineingelangen und sie umbringen konnte.
Wohin waren die beiden gestern Abend gefahren? Er war ihnen in sicherem Abstand gefolgt, aber der verdammte Peilsender hatte irgendwann versagt, und er hatte sie verloren. Er hatte die Gelegenheit genutzt und das Gift in ihrem Küchenschrank deponiert, damit sie es bei ihrer Rückkehr fand.
Jetzt wollte er keinen Tag länger warten. Jetzt kam sein Meisterstück. Mollys schlimmster Albtraum würde wahr werden. Es war nicht ganz ohne Risiko, aber das war es ihm wert.
Sein Magen knurrte. Jack überlegte. Warum sollte er nicht rasch frühstücken und hinterher zurückkommen? Wie es aussah, würde Molly heute zu Hause bleiben. Und solange sie das tat, konnte er ohnehin nicht viel unternehmen.
Aber heute Abend …
So dankbar Molly Damien auch war, sie machte sich keine falschen Hoffnungen. Er hatte einen Streifenbeamten auf ihre Seite gebracht, aber das bedeutete nicht, dass die gesamte Polizei von Nashville ihre Ängste von nun an ernst nahm.
Sie seufzte. “Manchmal wünschte ich, ich wäre in New York. Hier kennt jeder jeden.”
Langsam schüttelte Damien den Kopf. “Nashville ist großartig. Überschaubar, aber mit allen Vorteilen einer Großstadt.”
“Wo bist du aufgewachsen?”, fragte sie.
“Im Internat.”
Molly lachte. “Du musst doch ein Zuhause gehabt haben.”
“Nur zu Weihnachten und ein, zwei Wochen im Sommer. Haysleigh Hall. Ein altes englisches Schloss, einsam gelegen, etwas unheimlich und kalt wie die Arktis. Außer meinem Onkel gab es nur Dienstboten.”
“Und was war mit deinen Eltern?”
“Sie starben, als ich klein war. Ich kann mich gar nicht an sie erinnern. Meine Mutter war Engländerin. Ihr Bruder nahm mich bei sich auf. Nach dem Internat kehrte ich in die USA zurück, um aufs College zu gehen und dann Jura zu studieren.”
“War dein Onkel traurig?”
“Er starb kurz vor meinem Schulabschluss. Nach seiner Beisetzung verkaufte ich das Haus, um mein Studium zu finanzieren. Also bindet mich nichts mehr an England.”
Er schien das nicht zu bedauern. Aber sie bedauerte es und ging zu ihm, um die Arme um ihn zu legen. Unter seinem Jackett fühlte sie seine Waffe.
Lachend strich er ihr eine Locke aus der Stirn. “Findest du meine Lebensgeschichte traurig? So schlimm war das alles gar nicht. Ich kann mich nicht beklagen.” Er drückte ihre Schulter und schob sie behutsam von sich. “Ich bin hungrig, du auch?”
“Ich brauche dringend einen Kaffee”, gestand sie und machte den abrupten Themenwechsel mit.
“Gib mir zehn Minuten”, sagte er, schon auf dem Weg zum Gästezimmer. “Und geh nicht in die Küche. Ich helfe dir gleich, alles auszusortieren, was vergiftet sein könnte.”
Offenbar sprach er nur ungern über seine Herkunft, also bedrängte sie ihn nicht weiter. Er musste ein stiller, einsamer Junge gewesen sein, der sich ganz
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