Tiffany Duo Band 0162
unzulässigen Eindringen in ihre Privatsphäre.
“Hey”, rief er schließlich mit einer Stimme, die in seinen Ohren heiser und abgehackt klang.
Sie erstarrte für einen Moment, dann drehte sie sich irgendwie resigniert wirkend zu ihm um. “Zack. Solltest du nicht schon längst im Bett sein?”
“Wahrscheinlich. Aber die Nacht ist einfach zu schön.” Und du auch, dachte er, während er seine langen Glieder entfaltete, um aufzustehen und zu ihr zu gehen. Dass sie einen Schritt beiseite trat, als er zu ihr auf die Veranda kam, machte ihm mächtig Mut.
Einen Moment lang betrachteten sie beide schweigend die Geheimnisse des Himmels, dann warf sie ihm einen Blick von der Seite zu. “Warum treffen wir uns eigentlich immer im Dunkeln?”, fragte sie leise.
Ihm lag eine flapsige Erwiderung auf der Zunge, aber er schluckte sie hinunter und dachte einen Augenblick über ihre Frage nach. “Vielleicht fällt es uns ja bei Nacht leichter, einander und uns selbst gegenüberzutreten, als bei hellem Tageslicht.”
Sie hob eine schmale dunkle Augenbraue. “Das ist sehr philosophisch, Slater. Und überraschend einsichtsvoll.”
Er zuckte die Schultern. “Ich stecke voller Überraschungen, Cassidy Jane.”
“Ja, das dämmert mir auch langsam”, murmelte sie.
Was meinte sie damit? Bevor er fragen konnte, sprach sie auch schon weiter: “Amy Carlson hat mir heute auf dem Heimritt einiges über dich erzählt. Die Carlsons kommen auch aus Denver, und sie hat offenbar alles über dich gelesen, was in Denver so über dich in den Tageszeitungen steht.”
“Oh, nein”, stöhnte Zack.
Ihr leises Lachen trieb zu ihm herüber wie im Wind flatternde Seide. “Ich muss gestehen, dass es sehr aufschlussreich war. Ich hätte dich nie und nimmer für so einen Menschenfreund gehalten.”
“Muss ich jetzt beleidigt sein?”, fragte er, während er insgeheim die Wirtschaftsredakteure der
Post
verfluchte, weil sie sein sorgsam gehütetes Geheimnis gelüftet hatten.
Sie lachte wieder. “Ich weiß nicht. Vielleicht. Entschuldige. Weißt du, ich wäre im ganzen Leben nicht auf die Idee gekommen, mir dich als Stütze der Gesellschaft vorzustellen, als eine Art moderner Robin Hood, der Unmengen Geld für karitative Zwecke weggibt.”
Gegen die Anspannung, von der er plötzlich erfasst wurde, kam er nicht an. Er hasste es, darüber zu sprechen. Was zum Teufel sollten anonyme Spenden, wenn sie am Ende doch nicht anonym blieben?
Und was besagte es schon, dass er ein paar Anliegen unterstützt hatte, die ihm etwas bedeuteten? Das machte ihn noch lange nicht zu einem Helden. Er war nur ein Mann, der in seinem Leben unglaubliches Glück gehabt hatte, aber dieses Glück erschien ihm unwichtig und hohl, wenn er es nicht mit jemandem teilen konnte.
Er atmete aus und versuchte, vom Thema abzulenken, bevor es ihm noch unangenehmer wurde. “Wie hast du dir mich denn vorgestellt?”
“Oh, ganz verschieden. Aber immer sehr fantasievoll, darauf kannst du wetten. Ich glaube, meine Lieblingsfantasie war es, mir dich splitternackt auf einem riesigen Ameisenhaufen vorzustellen, mit Geiern, die über deinem Kopf kreisen.”
Er hörte den Humor in ihrer Stimme mitschwingen. Aber er hörte auch den dünnen Faden von Schmerz, der damit verwoben war, wie eine unpassende Farbe in einem wunderschönen Wandteppich. Wieder wurde er von Reue überschwemmt, von bitteren Schuldgefühlen, weil er es war, der diesen Schmerz verursacht hatte.
Um sie anschauen zu können, verlagerte er sein Gewicht und lehnte sich mit einer Hüfte gegen die Brüstung. Eine wilde Sehnsucht, die Hand auszustrecken und dieses Gesicht zu berühren, stieg in ihm auf. Er hätte es fast getan, aber dann hielt er sich in letzter Sekunde zurück, weil er befürchtete, er könnte sie damit in die Flucht schlagen.
“Ich wollte dir nie wehtun, Cassie. Ich hätte schon viel früher aus Star Valley weggehen müssen, noch bevor sich zwischen uns alles so weit entwickelt hatte.”
Sie antwortete nicht, sondern beobachtete ihn nur aus diesen ernsten blauen Augen, die anscheinend schon immer bis auf den tiefsten Grund seiner Seele hatten schauen können.
“Ich hatte vorher schon hundert Mal daran gedacht wegzugehen, aber ich konnte es nicht. Weil mir zum ersten Mal in meinem gottverlassenen Leben genau das Richtige passiert war. Etwas Wirkliches und Wunderschönes. Und um das – um dich – aufzugeben, war ich zu egoistisch, obwohl ich wusste, dass ich dir am Ende noch mehr wehtun
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