Tiffany Duo Band 0162
zu, so als wüsste sie nicht, was plötzlich in den Polizeichef von Salt River gefahren war, dass er sich als Kindermädchen aufspielte. “Nein, ich sage doch, dass es mir gut geht. Das passiert heute nicht zum ersten Mal. Wenn ich ein paar Minuten stillsitze, geht es normalerweise vorbei.”
Er zuckte die Schultern und ließ sich in dem zweiten Schaukelstuhl ihr gegenüber nieder. “Schön, dann werde ich wenigstens so lange hier bei Ihnen sitzen bleiben, bis Sie wieder auf den Beinen sind. Nur um sicherzugehen, dass Sie nicht vielleicht doch einen Arzt oder sonst etwas brauchen.”
“Das ist nicht nötig. Ich sage Ihnen doch, dass es mir gut geht.”
“Erzählen Sie nichts. Es ist meine Pflicht. Ich kann doch eine Bürgerin von Salt River in der Stunde ihrer Not nicht einfach allein lassen. So, wo waren wir stehen geblieben?” Er kratzte sich an der Wange. “Ach ja, richtig. Ich habe Ihnen erzählt, was beim Bürgermeister passiert ist.”
“Sie meinen, Sie haben mir erzählt, was beim Bürgermeister nicht passiert ist”, brummte sie. Zu seiner Zufriedenheit sah er, dass die Röte in ihrem Gesicht langsam anfing zu verblassen, bis es nur noch ein zartes Rosa war, das dem Rosa der Heckenrosen glich, die sich um ihre Veranda rankten und ihren süßen Duft in der kühlen Abendluft verströmten.
“Das hatten wir schon. Aber ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihnen zu erzählen, dass ich glaube, dass Sie recht haben. Irgendetwas stimmt definitiv nicht mit dem Jungen.”
Sarahs grüne Augen weiteten sich. “Sie stimmen mir zu?”
“Irgendjemand hat Schuld an all diesen kleinen ‘Unfällen’, aber ich bin noch längst nicht davon überzeugt, dass es der Bürgermeister ist.”
“Wer dann? Doch bestimmt nicht seine Mutter?”
Er schnaubte. “Ginny? Zum Teufel …”, er hielt inne, “… zum Kuckuck, nein.”
“Sie brauchen Ihre Zunge in meiner Anwesenheit nicht im Zaum zu halten, Chief Harte. Ich habe in meinem Leben schon eine Menge Attribute gehört, und bei einigen davon würden wahrscheinlich sogar Sie rot werden.”
“Das bezweifle ich. Jemand, der das Wort ‘Attribute’ benutzt, kann noch nicht allzu viele unflätige gehört haben.”
“Sie wären überrascht, was man auf einem Schulhof alles zu hören bekommt.”
“Sie unterrichten Viertklässler!”, rief er entsetzt aus. “Was können die schon für üble Schimpfwörter kennen?”
Ihre Mundwinkel bogen sich ganz leicht nach oben, aber sie rief sie ganz schnell wieder zur Ordnung, bevor sie etwas so Verrücktes tun konnten wie lächeln, vermutete er. “Ich rede nicht von meinen Schülern hier, obwohl ich da auch gelegentlich das eine oder andere zu hören bekomme.”
“Wo dann?”
“Wo was?” Sie schaute wieder auf den Boden und zupfte an einem losen Faden an ihrer Jeans herum.
Warum wich sie bloß ständig aus? Der Frau irgendeine Information zu entlocken war so schwer, wie diese Heckenrosen hier im Januar zum Blühen zu bringen.
“Wo haben Sie diese Schimpfwörter gehört, die Ihrer Meinung nach sogar einen hartgesottenen Cop wie mich zum Erröten bringen?”
Sie schwieg einen Moment, dann atmete sie tief durch und suchte seinen Blick. “Bevor ich nach Wyoming kam, habe ich fünf Jahre an einer Schule im Süden von Chicago unterrichtet.”
Er konnte sie nur anstarren. Er hätte nicht schockierter sein können, wenn sie ihm erzählt hätte, dass sie als Nackttänzerin gearbeitet hatte.
Die zierliche schüchterne Lehrerin, die schon zusammenzuckte, wenn man sie nur falsch anschaute, war früher durch die verwahrlosten Flure einer in einem sozialen Brennpunkt gelegenen Großstadtschule gelaufen? Bestimmt machte sie nur einen Spaß, oder? Doch ein Blick auf ihren fest zusammengepressten Mund sagte Jesse, dass es nicht so war. Bevor er weiter nachbohren konnte, wechselte sie das Thema.
“Wenn Sie nicht glauben, dass Corey misshandelt wird, was glauben Sie dann, worin er verwickelt ist?”
Er hörte es kaum, weil er in Gedanken immer noch mit ihrer überraschenden Enthüllung beschäftigt war. Warum war Sarah aus Chicago weggegangen? Hatte es irgendetwas mit ihrer Panikreaktion von vorhin zu tun? Oder mit ihrem Knie, das ihr immer noch Probleme machte, wenn sie nicht aufpasste?
Zu seiner Frustration wurde ihm klar, dass seine brennende Neugier nicht gestillt werden würde – noch nicht zumindest. Das konnte er ihrem abweisenden Gesichtsausdruck zweifelsfrei entnehmen.
Er zuckte in Gedanken die Schultern. Früher
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