Tiffany Duo Band 0162
Jesse Hartes weißgekachelten Badezimmerfußboden gesunken war, stand Sarah unter Jesses Dusche, die Haut ganz rot von dem heißen Wasserstrahl, der da auf sie niederprasselte. Sie war froh, dass sie Jesses Drängen nachgeben hatte und mit zu ihm gefahren war. Heute Nacht hätte sie es nicht geschafft, allein in ihrem Haus zu sein. Sie zitterte ja jetzt noch am ganzen Körper.
Und schien einfach nicht aufhören zu können.
Er hatte sie gefunden. Eine andere Erklärung gab es nicht.
Irgendwie war es Tommy DeSilva gelungen, aus dem Gefängnis zu fliehen und sie zu finden.
Wer außer ihm hätte einen Grund, sie derart zu hassen? Sarah konnte sich keine Menschenseele vorstellen. In Star Valley würde ganz bestimmt niemand so etwas tun.
Sie fühlte sich, als ob sie in den letzten achtzehn Monaten versucht hätte, aus einem schrecklichen Albtraum aufzuwachen, der sich ihrer gerade in dem Moment, in dem sie es am wenigsten erwartete, wieder bemächtigte.
Allein die Vorstellung, dass sie im gleichen Bundesstaat leben könnte wie Tommy DeSilva, versetzte sie in blinde Panik.
Als ihr klar geworden war, wer ihr Haus verwüstet haben musste, war ihr erster Gedanke Flucht gewesen, sich in ihr Auto zu setzen und Star Valley so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Aber wenn sie erst einmal angefangen hatte wegzulaufen, würde sie ihr ganzes Leben lang auf der Flucht sein. Sie würde sich ständig über die Schulter schauen, in der sicheren Erwartung, ihn zu sehen. Nein, das wollte sie nicht.
Immer noch zitternd wickelte sie sich in das flauschige Badelaken ein, das Jesse ihr hingelegt hatte, dann griff sie nach dem Morgenrock, den ihr diese nette Polizistin – Chris Hernandez hieß sie doch, oder? – auf Jesses Anweisung hin zusammen mit ein paar anderen Sachen eingepackt hatte.
Sie würde es ihm erzählen müssen.
Alles. Die ganze Sache in all ihren scheußlichen Einzelheiten. Er musste es erfahren, damit er sich ein Bild machen und anfangen konnte, nach Tommy DeSilva zu suchen.
Großer Gott, sie wollte es ihm nicht erzählen. Während sie auf ihr Spiegelbild starrte, spürte sie in ihrer Kehle ein Brennen aufsteigen. Wenn sie es ihm erzählte, würde er sie mit ganz neuen Augen betrachten. Er würde dieselbe Fremde sehen, die ihr jetzt aus dem Spiegel entgegenblickte.
Ein Opfer.
Aber so brennend sie sich auch wünschte, schweigen zu können, wusste sie doch, dass Schweigen nach den Ereignissen des heutigen Abends keine Option mehr war. Ihr blieb keine andere Möglichkeit, als es ihm zu erzählen. Er musste es wissen.
Sie verknotete fest den Gürtel ihres Morgenrocks, dann machte sie sich auf die Suche nach ihm.
Als sie aus dem Badezimmer ging, entdeckte sie den Golden Retriever, den Jesse ihr als Daisy vorgestellt hatte. Die Hündin lag, den Kopf auf die Pfoten gebettet, im Flur, als ob sie auf Sarah gewartet hätte. Sarah fühlte sich durch ihre Anwesenheit seltsam getröstet.
Als Daisy auf sie aufmerksam wurde, wedelte sie mit dem langen Schwanz und erhob sich dann würdevoll, um Sarah voran den Flur hinunterzutrotten.
Jesse war in der Küche, die mit Schränken aus Kiefernholz und einem Holzfußboden eingerichtet war und sich zu einem großen, mit Teppichboden ausgelegten Wohnraum hin öffnete. Sarah sah, dass er barfuß war, und konnte sich um nichts in der Welt erklären, warum sie das so reizvoll fand.
“Wie war’s unter der Dusche? Hattest du genug warmes Wasser?”
Damit ihr wieder warm wurde, würde wahrscheinlich nicht einmal das Wasser der ganzen Stadt ausreichen. “Ja”, log sie. “Jede Menge.”
“Gut. Ich habe gerade Tee gemacht. Meine Schwester Cassie schwört, dass man mit Tee alles kurieren kann. Setz dich, dann bringe ich dir eine Tasse.”
Sie nickte und ging, gefolgt von dem Retriever, zu der Sitzecke neben der Küche.
Obwohl die Nacht mild war, hatte Jesse in dem gemauerten Kamin ein kleines Feuer gemacht, und Sarah spürte, dass ihr vor Rührung über seine Fürsorglichkeit die Tränen in die Augen traten.
Als sie gleich darauf auf der in dunklen Grün- und Blautönen gehaltenen Couch saß, spürte sie, dass sich die Wärme wie eine mollige Decke um sie legte und sie einhüllte.
Daisy machte es sich umgehend auf einem ovalen Teppich vor dem Kamin bequem, ihrem Lieblingsplatz, wie es schien.
“So, da bin ich und hier ist dein Tee.” Jesse reichte ihr einen Becher. “Kann ich dir sonst noch etwas anbieten? Wenn du willst, mache ich dir auch ein Sandwich.”
Bei dem
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